Haftungsfalle betriebliche Altersvorsorge
Betriebl. Altersversorgung: Haftungsrisiken prüfen
Jedes Unternehmen muss Mitarbeitern betriebliche Altersversorgung (bAV) anbieten. Für kleinere und mittlere Unternehmen bietet sich da häufig die Direktversicherung durch Entgeltumwandlung an. Entweder kommt der Mitarbeiter schon mit einem Versicherungsangebot oder einer bestehenden Versicherung vom vorherigen Arbeitgeber oder das Unternehmen lässt sich von einem Versicherungsvermittler ein Rahmenangebot für alle Mitarbeiter machen. Auf den ersten Blick sieht das für den Betrieb einfach und klar aus. Nach der langen Niedrigzinsphase offenbaren sich jedoch immer mehr Fälle, in denen Arbeitgeber für die entstehenden Rentenlücken haften müssen.
Wir haben mit Siegfried Schulte, Schulte Unternehmensberatung in Nordhorn, gesprochen. Als zertifizierter Sachverständiger sowohl für betriebliche Altersvorsorge und betriebliches Vorsorgemanagement als auch für Krisenfrüherkennung nach StaRUG sieht er auf viele Unternehmen große Haftungsrisiken zukommen.
Herr Schulte, als Unternehmer denke ich doch, mit der Direktversicherung bin ich aus allem raus. Schließlich schließt der Mitarbeiter doch direkt mit dem Versicherer seinen Vertrag, oder?
Dem ist nicht so. Der Vertrag wird zwischen Arbeitgeber und Versicherung geschlossen. Der Arbeitgeber steht seinem Mitarbeiter arbeitsrechtlich für die Erfüllung der zugesagten Leistungen ein. Sollte also der Versicherungsvertrag unterfinanziert oder falsch ausgestaltet sein, so führt das zur Nachschussverpflichtung durch den Arbeitgeber. Ein typisches Beispiel ist eine Versorgung mit der Zusageart BZML- dies ist eine Beitragszusage mit Mindestleistung. Wenn der Versicherer zum Vertragsende nicht mindestens die eingezahlten Beiträge auszahlt, muss der Arbeitgeber diese Differenz ausgleichen.
Löst sich das Problem von selbst, nachdem die Zinsen wieder gestiegen sind?
Steigende Zinsen haben nur bedingt Einfluss auf bestehenden Zusagen. Ein steigender Zinssatz hat hauptsächlich Auswirkungen auf die Überschüsse aber nicht auf die garantierten Leistungen.
Was kann ich jetzt tun?
Jeder Arbeitgeber sollte in seinem Unternehmen das Regelwerk zur betrieblichen Altersvorsorge überprüfen und an die aktuellen Gegebenheiten anpassen. Dies bedeutet u.a. die Prüfung der Versorgungsordnung, Entgeltumwandlungsvereinbarungen, evtl. vorhandene Gruppenverträge und die bereits bestehenden Versorgungen. Aus meiner Erfahrung aus den letzten 20 Jahren weiß ich, dass es bei einem Großteil dieser Unterlagen leider Fehler gibt, die durch einen Experten überprüft werden sollten.
Seit 2019 bzw. für Altverträge seit 2022 muss ich als Arbeitgeber 15 Prozent Zuschuss zur Entgeltumwandlung geben. Gibt es da auch Fehlerquellen?
Dieser Zuschuss bezieht sich auf das Betriebsrentenstärkungsgesetz und dient der Leistungserhöhung bestehender Versorgungszusagen und als Basis bei neuen Versorgungen. Leider kommt es immer wieder vor, dass dieser Zuschuss von der vorhandenen Entgeltumwandlung abgezogen wird, statt dass eine Erhöhung oder Ergänzung des bestehenden Versicherungsvertrags vorgenommen wird. Somit kommt es nicht zur Verbesserung zugesagter Versorgungsleistungen, sondern nur zur Verringerung der aktuellen Beitragslast des Arbeitnehmers. Um hier Haftungsrisiken zu vermeiden, sollte der Arbeitnehmer über das Reduktionsmodell zumindest transparent aufgeklärt werden und sein Einverständnis erklären.
Worauf kann ich bei neuen Mitarbeitern achten?
Wenn ein neuer Mitarbeiter einen bereits bestehenden Vertrag mitbringt, gilt es zu prüfen, ob dieser zur bestehenden Versorgungsordnung passt und ob ein Haftungsrisiko für den Arbeitgeber besteht, durch zum Beispiel eine bereits bestehende Unterfinanzierung. Grundsätzlich sollte der Arbeitgeber nicht pauschal eine Übernahme ablehnen, sondern, vor allem im aktuellen Arbeitnehmermarkt, Wert auf eine einvernehmliche Lösung legen. Dies bedeutet, dass die Überprüfung durch einen Experten durchgeführt werden sollte, der bei dieser Lösung hilft und eine Handlungsempfehlung gibt.
Gibt es bei den anderen Durchführungswegen der bAV auch Fallstricke?
Hier gibt es seit einiger Zeit ein zunehmendes Problem bei den Pensionskassen. Diese sind häufig nicht mehr ausfinanziert und senken mit Genehmigung der BaFin zum Teil die zugesagten Leistungen. Auch hier drohen Nachschussverpflichtungen seitens der Arbeitgeber, die diese Lücke ausfüllen müssen.
Ihr Fazit zur betrieblichen Altersversorgung?
Betriebliche Altersversorgung ist für Arbeitgeber ein gutes Instrument zur Mitarbeiterbindung, das auch noch staatlich gefördert wird. Wichtig ist aber, dass das Unternehmen die bAV gesetzeskonform umsetzt und Haftungsrisiken für den Arbeitgeber verhindert.