Chinas 14. Fünfjahresplan setzt auf eigene Kraft

Ende Oktober 2020 beriet das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas (5. Plenum) über den 14. Fünfjahresplan des Landes, der von 2021 bis 2025 gelten wird. Im März 2021 soll er vom Nationalen Volkskongress verabschiedet werden. Für die politische und wirtschaftliche Zukunft wird er richtungsweisend sein. Denn auf Basis der darin allgemein formulierten makroökonomischen Entwicklungsziele werden anschließend Detailpläne und Durchführungsbestimmungen für einzelne Bereiche ausgearbeitet.
Über das Jahr 2025 hinaus hat der 14. Fünfjahresplan zudem eine strategische Bedeutung, da er das Land den 2012 formulierten Jahrhundertzielen näherbringen soll. Dazu zählen der Sieg über die Armut (ursprünglich für 2021 anvisiert) und die Hinführung zu einem modernen sozialistischen Staat bis zum 100. Geburtstag der Volksrepublik im Jahr 2049.
Im Vorfeld wurde spekuliert, ob China aus diesem Grund zur Vorgabe von Wachstumszielen zurückkehren würde. Im Zuge der "neuen Realität" wurde erwartet, dass mögliche Vorgaben abgesehen vom aufholenden Wachstum nach Corona im Jahr 2021, weniger repräsentabel ausfallen würden als in der Vergangenheit. Als realistisch erachtet wurden unter 5 Prozent per anno, da der Fokus möglicherweise mehr in Richtung qualitatives Wachstum gelenkt werden könnte.
Letztlich hat das 5. Plenum zwar auf ein Wachstumsziel verzichtet, aber erklärt, China solle im Zuge einer grundlegenden Modernisierung bis 2035 ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in Höhe eines "mittleren Industrielandes" erreichen. Erforderlich seien Durchbrüche in Schlüsseltechnologien sowie die Reduktion von Kohlendioxidemissionen, die ihren Höchststand vor 2035 erreichen dürften.
China soll bis 2060 CO2-neutral werden
In diesem Sinne ist das von Staatspräsident Xi Jinping im September 2020 auf der UN-Vollversammlung ausgesprochene Klimaziel, China bis 2060 CO2-neutral zu machen, von höchster Brisanz. Nach Informationen des World Economic Forum entfielen 2019 mehr als 27 Prozent aller weltweit ausgestoßenen Kohlendioxidemissionen auf die Volksrepublik.
Die neue Marschrichtung wird zu einem forcierten Ausbau erneuerbarer Energieträger führen sowie zu einer stärkeren Nutzung der Kernenergie, aber allenfalls zu einem Stopp der in Planung oder Bau befindlichen zahlreichen Kohlekraftwerke. Die Global Energy Interconnection Development and Cooperation Organization (GEIDCO) in Beijing rechnet mit einem jährlichen Ausbau der Windkraftkapazitäten um etwa 50 Gigawatt auf 540 Gigawatt im Jahr 2025 und der Solarenergiekapazitäten von jährlich 60 Gigawatt auf 560 Gigawatt.
Für das Verhältnis zur Europäischen Union (EU) könnte dieser Politikwechsel ein Gamechanger sein, so die EU-Delegation in China. Denn die EU wirbt schon länger damit, mit der Volksrepublik klimapolitisch zusammenarbeiten zu wollen. Für deutsche Institutionen und Firmen aus dem Umweltschutzbereich könnten sich neue Formen der Kooperation sowie Geschäftsmöglichkeiten ergeben.
Auch das sich in der Einführung befindende Social Credit System, das für Unternehmen unter anderem die Messung ihrer Emissionen in Echtzeit mit Konsequenzen für den Punktestand vorsieht, könnte die Umsetzung vorantreiben.
Wachstumsziele bleiben aktuell im Vordergrund
Kurzfristig setzt China jedoch auf altbewährte, klimaschädliche Wachstumsziele zur Bewältigung der Coronakrise. Überdies ist nicht erkennbar, dass sich die Volksrepublik für die Verbesserung des Weltklimas jenseits seiner Grenzen interessiert. Bislang ist keine Rede davon, etwa Kohlekraftwerkprojekte, die im Zuge von Vorhaben der Neue-Seidenstraße-Initiative ins Leben gerufen wurden, einzustellen.
Generell kann die Regierung in Bezug auf die Zielerreichung des 13. Fünfjahresplanes (2016 bis 2020) in vielen Bereichen zufrieden sein. Das betrifft sowohl Wachstums- als auch Umweltziele sowie bestimmte soziale Vorgaben. Im Jahr 2019 überschritt das chinesische BIP pro Kopf erstmals die Schwelle von 10.000 US-Dollar (US$). Allerdings legten die Einkommen der wohlhabenden Bevölkerungsschichten insbesondere während der Coronapandemie stärker zu als die der anderen Bevölkerungsgruppen.
Neue Richtlinien machen "Made in China 2025" schlagkräftiger
Wichtiger Impulsgeber für die Zukunft wird außerdem der am 23. September 2020 von der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform NDRC (National Development and Reform Commission) veröffentlichte neue Industrieplan sein. Die Guiding Opinions on Expanding Investment in Strategic Emerging Industries and Cultivating Strengthened New Growth Points and Growth Poles konkretisieren die "Made in China 2025"-Strategie. Sie definieren dabei acht Bereiche, die künftig stärker unterstützt werden sollen. Dazu zählen: Ausbau von 5G-Anwendungen (künstliche Intelligenz, autonomes Fahren, Medizintechnik), Biotechnologie und Impfstoffentwicklung, High-End-Fertigung, neue Materialien für Flugzeuge und Chips, neue Energietechnologien, "grüne" Technologie, smarte Fahrzeuge sowie kreative Digitalprodukte.
China startet in puncto Digitalisierung durch
Aktuell liegt China laut dem IMD World Digital Competitiveness Ranking 2020 auf Rang 16 und hat damit Deutschland auf dem 18. Platz hinter sich gelassen. Angeführt wird die Liste von den USA, Singapur und Dänemark. Noch vor fünf Jahren hatte China Rang 35 belegt und bewegt sich seither zielgerichtet nach oben.
Ein weiterer wichtiger Punkt wird die Schaffung von Wachstums-Clustern sein, etwa durch verstärkte regionale Verknüpfung oder in Form von Pilot-Freihandelszonen oder -häfen. So wurde kürzlich die Gründung von drei Pilotfreihandelszonen in Beijing, Hubei und Anhui verkündet. Letztere sollen außerdem dem Austausch zwischen "innerem" und "äußerem Wirtschaftskreislauf" dienen. Mithilfe dieses Wirtschaftskonzepts will die Regierung das Land gegenüber globalen Imponderabilien widerstandsfähiger machen. (13.11.2020)
Quelle: GTAI