Russland und China bauen strategische Zusammenarbeit aus
(16.09.2019) Russland und China rücken enger zusammen - politisch, aber vor allem wirtschaftlich. Chinas "Belt and Road Initiative" ist eines der Schlüsselelemente für die Kooperation beider Länder.
Das Reich der Mitte ist Russlands wichtigster Handelspartner. Wie eng die Bande zwischen den beiden eurasischen Großmächten mittlerweile sind, belegen folgende Zahlen eindrucksvoll: Der bilaterale Handel hat 2018 erstmals die Marke von 100 Milliarden US-Dollar (US$) durchbrochen. Russlands Wirtschaftsminister Maxim Oreschkin rechnet mittelfristig mit einer Verdopplung des Handelsvolumens auf 200 Milliarden US$. Die Präsenz Chinas auf dem russischen Markt ist mit 5.000 Firmen inzwischen stärker als die Deutschlands mit etwa 4.600 Unternehmen. Die chinesische Delegation auf dem Sankt Petersburger Wirtschaftsforum (SPIEF) umfasste 2019 erstmals mehr als 1.000 Teilnehmer.
Transportkorridore zu Wasser und zu Land geplant
Im Rahmen der milliardenschweren "Belt and Road Initiative" (BRI) der chinesischen Regierung wollen beide Länder ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit weiter ausbauen. Doch damit die Warenströme auf der neuen Seidenstraße fließen können, müssen zunächst Transportkorridore entwickelt werden.
China möchte den Nördlichen Seeweg Russlands mit der maritimen Seidenstraße verbinden. Die Route entlang der russischen Nordmeerküste verkürzt den Lieferweg von Asien nach Europa um 40 Prozent im Vergleich zur Route durch den Suezkanal. Da die Strecke nur noch 14.280 statt 23.200 Kilometer beträgt, verringert sich die Fahrtzeit von 34 auf 23 Tage. Zudem kann der Nördliche Seeweg, der ab 2040 ganzjährig eisfrei sein könnte, von Schiffen mit größerem Tiefgang befahren werden.
Präsident Wladimir Putin hat in seinen Mai-Dekreten das Ziel vorgegeben, den Güterverkehr auf dieser arktischen Schifffahrtsroute bis 2024 auf 80 Millionen Tonnen zu vervierfachen. Zudem zeigte sich das Staatsoberhaupt offen für eine Anbindung des Nördlichen Seewegs, der von China als polare Seidenstraße bezeichnet wird, an die maritime Seidenstraße.
Die Gesamtinvestitionen in die Entwicklung des Nördlichen Seewegs belaufen sich auf etwa 10 Milliarden Euro. Der Hafen Murmansk auf der Halbinsel Kola wird zum wichtigsten Transportknotenpunkt und größten Logistikhub an Russlands Nordmeerküste ausgebaut. Beispielsweise investiert die chinesische Poly Group in Murmansk 275 Millionen Euro in den Bau eines Kohleterminals mit einer Kapazität von 18 Millionen Tonnen pro Jahr.
Zu Land wird der Transportkorridor Europa-Westchina via Straße und Schiene ausgebaut. Wichtigste Projekte sind die Mautautobahn "Meridian" und die Hochgeschwindigkeitszugstrecke Moskau-Kasan (deren Realisierung von Präsident Putin aber zurzeit zurückgestellt wird, während die Russische Eisenbahn RZD zumindest den Bau der Teilstrecke Moskau-Wladimir vorschlägt, Stand: 10. September 2019). Um das steigende Frachtaufkommen zu bewältigen, sind zahlreiche neue Logistik-Hubs geplant.
Der wachsende Güterverkehr zwischen Europa und China bietet auch deutschen Unternehmen Geschäftschancen. Der Logistikdienstleister Hellmann und die Vereinigte Transportlogistikfirma der Eurasischen Eisenbahnallianz arbeiten beim Warentransport zwischen China und Europa zusammen. Seit April 2019 liefern Hellmann und UTLC täglich Fahrzeuge aus Bremerhaven in die chinesische Metropole Chongqing. Die Firma Rhenus hat im Mai 2019 ein Logistikzentrum im Gebiet Woronesch eröffnet. Von dort werden künftig Agrarerzeugnisse auf der neuen Seidenstraße nach China und Europa transportiert.
China investiert in Filetstücke der russischen Wirtschaft
Russland und China realisieren zurzeit 70 Vorhaben im Wert von 20 Milliarden US$, berichtet die Russisch-Chinesische Regierungskommission zur Zusammenarbeit bei Investitionen. Chinesisches Geld fließt dabei meist über staatliche Fonds oder Staatsholdings in russische Projekte. Allerdings strömen chinesische Investitionen nur in bestimmte, strategisch wichtige Bereiche der russischen Wirtschaft wie Energie, Transport, Infrastruktur, Luftfahrtindustrie oder Landwirtschaft.
Gemeinsame Projekte bei Forschung und Entwicklung
Darüber hinaus intensivieren Russland und China ihre Forschungszusammenarbeit. Gemeinsam planen sie die Gründung eines "Tals des Intellekts", das vom Verband der technischen Hochschulen Russlands und Chinas und Huawei realisiert werden soll. Dort sollen Wissenschaftler aus beiden Ländern gemeinsam forschen. Zudem investieren der Russische Fonds für Direktinvestitionen (RDIF) und die China Investment Corporation (CIC) 1 Milliarde US$ in die Schaffung eines russisch-chinesischen wissenschaftlich-technischen Innovationsfonds zur Erforschung von künstlicher Intelligenz, neuen Materialien und Raumfahrttechnologien.
Russland und China wollen Fakturierung in Dollar zurückdrängen
Angesichts der geopolitischen Konflikte der USA mit China (Zölle) und Russland (Sanktionen) wollen die beiden Länder künftig enger kooperieren. Um sich vor weiteren US-Sanktionen zu schützen, treiben Russland und China die Entdollarisierung ihrer Handelsbeziehungen voran. Im Juni 2019 haben die Staatschefs Wladimir Putin und Xi Jinping vereinbart, künftig verstärkt auf Basis der nationalen Währungen Rubel und Yuan zu fakturieren. Dazu soll ab 2020 ein Abrechnungssystem analog zu SWIFT zwischen der VTB-Bank und der Industrial and Commercial Bank of China eingerichtet werden. Auch das Clearing soll künftig auf Basis der nationalen Währungen erfolgen.
Quelle: GTAI