Ist China bald nicht mehr Deutschlands größter Handelspartner?
Die dominante Stellung Chinas im Außenhandel mit Deutschland bröckelt. War das Land seit 2016 der bedeutendste Handelspartner für die Bundesrepublik, deutet sich für 2024 ein Wechsel an der Spitze an. Seit 2022 ist China nur noch die Nummer vier bei deutschen Exporten, die sehr hohen Importe aus dem Reich der Mitte haben aber weiterhin zum 1. Platz im Gesamthandel geführt. Im Jahr 2023 sind sowohl die Importe aus China um rund 19 Prozent eingebrochen als auch die deutschen Exporte nach China um etwa 9 Prozent gesunken, zeigen Hochrechnungen von Germany Trade & Invest (GTAI).
China bleibt 2023 knapp Deutschlands größter Handelspartner
Der schlechten Entwicklung im Handel mit China steht eine überdurchschnittliche Performance mit den USA gegenüber. Laut GTAI-Berechnungen summierten sich die deutschen Ex- und Importe mit China 2023 auf rund 254 Milliarden Euro. Je nach Berechnungsmethode ist der Vorsprung von China gegenüber den USA damit auf nur 1 Milliarde bis 2 Milliarden Euro geschmolzen. Noch im Jahr 2022 wurden zwischen Deutschland und China Waren im Wert von nahezu 300 Milliarden Euro gehandelt. Zu den zweitplatzierten USA bestand mit satten 50 Milliarden Euro ein riesiger Vorsprung.
Die Prognose beruht auf vorläufigen Exportdaten des Statistischen Bundesamtes, Importdaten lagen zu Redaktionsschluss noch nicht vor und fußen daher auf einer Hochrechnung. Bei nachträglichen Revisionen der Handelsdaten durch das Statistische Bundesamt könnte es ein noch knapperes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen China und den Vereinigten Staaten werden, sodass die USA möglicherweise schon 2023 vorne landen.
Gründe liegen vor allem im Reich der Mitte
Derzeit entwickeln sich die Wirtschaften in den USA und China praktisch gegenläufig: Während im Reich der Mitte die Erholung ausbleibt, entwickeln sich die USA besser als erwartet. Die Investitionsprogramme und Ausgaben im Vorlauf der Präsidentschaftswahlen im November 2024 dürften weiter für Nachfrage in Nordamerika sorgen. Laut der Business Confidence Survey der AHK Greater China ist die Stimmung der deutschen Wirtschaft in China für dieses Jahr dagegen verhalten.
Dazu tragen die Immobilienkrise, geopolitische Verstimmungen im Verhältnis zu den USA und der EU sowie schwächelnde Industrieinvestitionen bei. Darüber hinaus ändern sich die Strategien deutscher Unternehmen in Bezug auf den chinesischen Markt. Während in der Beschaffung die Suche nach Alternativen in vollem Gange ist, setzen immer mehr Firmen auf Lokalisierung "in China für China". Beide Trends sorgen für einen geringeren bilateralen Handel. Zuletzt sinken die Produzentenpreise in China und sorgen für geringere Warenwerte im Export.
Sollten sich diese Trends 2024 fortsetzen, lösen die USA China an der Spitze des Rankings der bedeutendsten Außenhandelspartner Deutschlands ab. Insgesamt bleibt das Umfeld für deutsche Im- und Exporteure 2024 aber angespannt. Zu den Kriegen in der Ukraine und in Nahost gesellen sich Übergriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer, dadurch steigen Transport- und Frachtkosten. Dies beklagt unter anderem der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen. Für die USA besteht zudem eine gewisse Unsicherheit über den Ausgang der Präsidentschaftswahlen und die daraus folgende Handelspolitik.
Dickes Minus bei Importen aus China – nur nicht bei Autos und Elektrotechnik
Besonders kräftig nahmen bei den Top-Ten-Importländern 2023 laut GTAI-Hochrechnung deutsche Importe aus China ab. Dadurch ist die deutsche Importabhängigkeit, also der Anteil der Einfuhren aus der Volksrepublik am deutschen Gesamtimport, mit 11,4 Prozent auf das Niveau des ersten Coronajahres 2020 gesunken.
Quelle: GTAI