Green Deal: EU gießt verschärfte Klimaziele für 2030 und 2050 in Gesetz

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben sich am 21. April 2021 auf ein Klimagesetz geeinigt und das Treibhausgasreduktionsziel der EU für das Jahr 2030 signifikant angehoben. Zugleich wird das im Zentrum des Green Deal stehende Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 erstmals auf EU-Ebene gesetzlich verankert.
Die Einigung der Ko-Gesetzgeber sieht vor, dass die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 1990 gesenkt werden. Dies bedeutet eine deutliche Verschärfung des Klimaziels für 2030, zuvor hatte die Vorgabe bei einer Reduktion um 40 Prozent gelegen. Das Europäische Parlament konnte sich mit seiner Forderung nach einem 60-Prozent-Ziel nicht durchsetzen.
Zur Erreichung des Ziels kann auch die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre beitragen. Allerdings ist die Anrechnung auf bis zu 225 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente begrenzt, sodass die eigentlichen CO2-Einsparungen mindestens 52,8 Prozent betragen müssen.
Das 2030-Klimaziel wird vornehmlich über den Europäischen Emissionshandel, nationale CO2-Budgets für die nicht vom EU ETS erfassten Sektoren (Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft) und sektorale Gesetzgebung für letztere Sektoren (CO2-Flottengrenzwerte, Erneuerbaren-Richtlinie etc.) umgesetzt. Es hat damit unmittelbare und mittelbare Auswirkungen auf viele Unternehmen in Deutschland, die der DIHK im September 2020 in einer Analyse dargestellt hat.
Neben einer Verschärfung des Ziels für 2030 wird in dem nun vereinbarten Klimagesetz für die EU Klimaneutralität bis 2050 festgeschrieben. Das bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt nicht mehr CO2-Emissionen ausgestoßen werden dürfen als über natürliche oder technische Verfahren wieder aus der Atmosphäre entnommen werden. Die Europäische Kommission rechnet in ihren Szenarien damit, dass die Reduktion bis zum Jahr 2050 bei etwa 95 Prozent liegt und nur unvermeidbare Emissionen durch CO2-Entnahmen ausgeglichen werden. Bislang plante die EU, ihre Emissionen bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent zu senken.
Das Ziel der Treibhausgasneutralität gilt für die EU insgesamt. Das Parlament hatte gefordert, jeden einzelnen Mitgliedstaat hierzu zu verpflichten. Insbesondere Staaten aus Osteuropa lehnten dies jedoch strikt ab. Die Festlegung eines gesamteuropäischen Ziels ermöglicht es, dass einige Länder das Ziel erst nach 2050 erreichen. Zugleich würden dann andere Länder vor 2050 treibhausgasneutral werden und anschließend mehr CO2 aus der Atmosphäre entnehmen als emittieren (Negativemissionen erzeugen), um die Einhaltung des gesamteuropäischen Ziels sicherzustellen.
Geeinigt haben sich die Gesetzgeber auch auf die Schaffung eines fünfzehnköpfigen wissenschaftlichen Beirats („European Scientific Advisory Board“), der die Fortschritte der EU-Klimapolitik aus Sicht der Wissenschaft bewerten soll. Die Mitgliedstaaten werden zudem dazu angehalten, Subventionen für fossile Energieträger abzuschaffen. Dass diese Regelung rechtliche Bindewirkung entfaltet, ist eher unwahrscheinlich.
Schließlich sieht das EU-Klimagesetz die Festlegung eines CO2-Budgets für die EU vor. Für das Jahr 2030 besteht bereits ein Emissionsbudget über die festen Emissionsmengen im Europäischen Emissionshandel und die in der Lastenteilungsverordnung festgelegten jährlichen nationalen CO2-Budgets (sog. Emissionszuweisungen). Neu ist nun, dass das Budget für die Jahrzehnte danach definiert werden soll. Dies könnte Einfluss auf die Festlegung des Klimaziels für das Jahr 2040 haben, das laut Klimagesetz spätestens im Jahr 2024 fixiert werden soll.
Die informelle Einigung im Trilogverfahren muss noch formell durch den Rat und das Europäische Parlament verabschiedet werden, bevor das Gesetz in Kraft treten kann. Die Verabschiedung gilt als sicher.
Im Juni 2021 wird die Europäische Kommission erste Teile eines umfassenden Gesetzgebungspakets vorlegen, das unter dem Stichwort „Fit for 55“ die Erreichung der höheren Klimaziele sicherstellen soll. Im Fokus stehen u.a. die erneute Anpassung des EU ETS, die Schaffung eines zusätzlichen EU-Emissionshandels für die Sektoren Gebäude und Verkehr, die Reduktion der CO2-Budgets für die Mitgliedstaaten, die Verschärfung der CO2-Flottengrenzwerte für PKW, die Einführung eines CO2-Grenzausgleichs sowie die Anpassung zahlreicher energierechtlicher Vorgaben (Erneuerbare-Energien-Richtlinie, Energieeffizienz-Richtlinie, u.v.m.). Ende des Jahres 2021 folgen dann u.a. Vorschläge zur Dekarbonisierung des Gasmarkts, die auch die Nutzung von CO2-armem Wasserstoff in der Wirtschaft voranbringen sollen.
Quelle: DIHK Brüssel