"Es braucht vor allem regionale Initiativen“
Dr. Annemarie und Dr. Peter Brinkmann sind seit 10 Jahren Gesellschafter der TKT Kunststoff-Technik GmbH in Bad Laer. Sie kamen mit vier Kindern aus München in ihre Heimat zurück, um den Industriebetrieb zu übernehmen. Wir sprachen mit ihnen über aktuelle Herausforderungen.
Herr Dr. Brinkmann, Sie hatten immer den Wunsch selbstständig zu sein, sind seit 10 Jahren Geschäftsführer bei TKT. Was war der Grund, zu investieren?
Wir haben in ganz Deutschland ein innovatives Unternehmen mit Wachstumspotenzial im Bereich Kunststoff oder Maschinenbau gesucht. TKT war 2013 zehn Jahre alt, hatte 45 Mitarbeiter und ein echter Glücksfall für uns.
Das klingt spannend. Was bedeutet das konkret?
TKT hat vier Aspekte erfüllt: unser vertrauensvolles Verhältnis zum Vor-Gesellschafter und zur Belegschaft, schon vor Vertragszeichnung, die solide Kundenbasis mit internationalen Industriebetrieben, die moderne Infrastruktur mit Potenzial vor Ort. Und: ein innovativer, wachsender Zielmarkt für unsere Produkte. Inzwischen ist unsere Mitarbeiterzahl auf rund 60 Mitarbeiter gewachsen, Tendenz steigend.
Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Ganz klar Schnelligkeit und Flexibilität. Das gilt für die drei Sparten technisches Design, Spritzguss und Montage von Baugruppen. Entscheidend sind für uns die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb qualifizieren und stärken wir die Teams. Es braucht hohes technisches Interesse und gutes Gespür für Innovationen. Gerade investieren wir siebenstellig in die Automatisierung und Flexibilisierung, um so z. B. die Lieferzeiten auf unter 24 Stunden zu verkürzen. Die Produktionsfläche haben wir 2020 auf 5 000 m2 erweitert.
Der Industriestandort Deutschland hat sich sehr verändert. Was fordert am meisten heraus?
Der internationale Wettbewerb hat deutlich zugenommen – angespannte Lieferketten und enorm gestiegene Rohstoff- und Energiepreise. Aus der Industrie spüren wir einen innovativen Wandel und Handlungsdruck. Das ist eine andere Erwartung an Serienreife und Lieferzeiten. Das fordert uns bei höherer Fertigungsflexibilität und Produktkomplexität enorm. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Nachhaltigkeit.
Innovation und Inflation – Widerspruch oder Ansporn?
Die hohe Inflation führt zu drastischen Veränderungen der Wertschöpfungsketten. Kundenseitig werden Preisanpassungen und neue Produkte stärker nachgefragt. Der Innovationsdruck steigt dadurch. Für uns ist das eine Chance, noch schneller und besser zu werden. So gesehen: Ansporn!
Frau Dr. Brinkmann, Sie waren u. a. als Anwältin in der Industrie tätig, arbeiten jetzt als Notarin in Osnabrück. Ein Blick in die Region: Was braucht es für wirtschaftlichen Erfolg?
Für die Industrie sind Investitionen in neueste Technologien immer wichtiger. Dafür qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, wird zunehmend schwieriger. Es braucht vor allem regionale Initiativen, um Fachkräfte gemeinsam für die Industrie zu begeistern.
Mit Blick in die Zukunft, was sind da aus Ihrer Sicht die großen Themen?
Ohne Zweifel ist das die Digitalisierung inklusive Künstlicher Intelligenz bei Planung, Produktion und Lagerung. Sicherlich müssen wir uns auf flexiblere, atmende Wertschöpfungsketten einstellen. Das alles mit Blick auf CO2-arme Prozesse.
Auf dem Pfad zur Klimaneutralität wird viel Strom gebraucht. Wie kann das funktionieren, wenn die Preise durch die Decke gehen, Herr Dr. Brinkmann?
Eine wichtige Frage! Mit 2 Mio. kWh/Jahr haben wir einen hohen Stromverbrauch. Wir brauchen dringend wettbewerbsfähige und sichere Preise. Die sind im Vergleich zu Wettbewerbern deutlich zu hoch. Und es braucht mehr Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort. Erschließung und Genehmigung sind zu langsam: bei PV, Wind und BHKW für lokale Wärmenetze.
Welche politischen Impulse werden benötigt?
Deutschland verliert international den Anschluss. In Osteuropa sind die Energie- und Lohnkosten niedriger, Genehmigungszeiten kürzer. Da muss die Politik ran! Wir benötigen keine Verbote von Heizungen, Autos oder Strohhalmen. Sinnvoller sind eine international stärkere CO2-Bepreisung und andere marktwirtschaftliche Instrumente mit Anreizwirkung.
Wo steht TKT in zehn Jahren?
Unsere drei Sparten bieten enorme Marktchancen und Wachstumspotenzial. Wir wollen erweitern und das Unternehmen insgesamt nach vorne bringen. Mit unserer Mannschaft, Partnern und den geplanten Investitionen haben wir dafür sehr gute Voraussetzungen. Insofern: Frisch nach vorn!