Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) verabschiedet
Der Bundesrat hat dem Gesetz zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht zugestimmt. Dazu werden neben dem BImSchG auch die 9. BImSchV (Verordnung über das Genehmigungsverfahren) angepasst werden. Die Änderungen werden am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.
Die Länder stimmten auch einer vom Umweltausschuss eingebrachten Entschließung zu. Darin fordern sie vom Bund 500 Millionen Euro für zusätzliches Personal in Umweltverwaltungen und loben die für Windenergiemaßnahmen umgesetzten Beschleunigungsmaßnahmen. Dagegen befürchten die Länder, dass „es im Zuge der praktischen Umsetzung der Regelungen zu Auslegungsfragen, Rechtsunsicherheiten, Klageverfahren und damit zumindest zwischenzeitlich verlängerten Genehmigungs- und Umsetzungszeiträumen kommen könnte. Auch Investitionsrisiken und nachträgliche Anordnungen für die Antragsteller sind denkbar.“ Außerdem soll die Novelle bis Herbst 2026 evaluiert werden.
Zahlreiche Bestimmungen zu Genehmigungsverfahren werden erweitert oder konkretisiert. Zentrale Erleichterungen wie die Entscheidungsfrist für Genehmigungsbehörden, ein fakultativer Erörterungstermin oder die Einschränkung der aufschiebenden Wirkung bleiben allerdings auf bestimmte Anlagen beschränkt.
Die wichtigsten Inhalte der Novelle zusammengefasst sind:
Genehmigungsverfahren für alle Anlagenarten
Schutzgut Klima
Das Schutzgut Klimaschutz wird in den Gesetzeszweck (§ 1 BImSchG) aufgenommen werden. Laut Gesetzesbegründung sollen dadurch „auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassene Verordnungen auch Regelungen zum Schutz des Klimas enthalten können“.
Vorzeitiger Baubeginn(§ 8a BImSchG)
Bei Änderungsgenehmigungen und Anlagen auf bereits bestehenden Standorten kann die sog. Prognoseentscheidung nach Absatz 1 Satz 1 entfallen. Der Satz drei stellt allerdings wiederum materielle Anforderungen an die beantragte Maßnahme, mit der vorzeitig begonnen werden soll. Da sich die Prognose auf das gesamte Vorhaben bezieht, kann das vorzeitige Maßnahmen erleichtern.
Genehmigungsverfahren (§ 10 BImSchG)
Künftig kann die Behörde einen elektronischen Antrag (Absatz 1) verlangen und das zu verwendende Format vorgeben. Ist ein Zugang für die elektronische Antragstellung eröffnet, ist dieser zu nutzen. Weiterhin kann die Behörde allerdings Unterlagen in Papierform verlangen. Dies allerdings künftig nur, „soweit eine Bearbeitung anders nicht möglich ist.“
Das Auslegen des Antrags und von Antragsunterlagen (Absatz 3) erfolgt künftig „auf einer Internetseite der zuständigen Behörde“. Dem kann jedoch widersprochen werden, wenn der Antragsteller „die Gefährdung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen oder wichtiger Sicherheitsbelange befürchtet“.
Bei der Behördenbeteiligung (Absatz 5) müssen eingegangene Stellungnahmen beteiligter Behörde (bspw. Naturschutz-, Bau- oder Gesundheitsämter) künftig unverzüglich an den Antragssteller weitegegeben werden (Satz 2 neu). Beabsichtigt eine beteiligte Behörde keine Zustimmung, hat sie dem Antragssteller die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben (Satz 7). Wie schon bisher muss die Genehmigungsbehörde davon ausgehen, dass sich eine Behörde nicht äußern will, wenn sie innerhalb von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben hat (Satz 3). Außer bei Erneuerbarer-Energien-Anlagen oder Elektrolyseuren mit erneuerbaren Energien können beteiligte Behörden künftig einmalig um Verlängerung dieser Frist um bis zu einem Monat bitten. Für Genehmigungsanträge zu allen Anlagenarten kann die Genehmigungsbehörde stattdessen künftig Sachverständigengutachten auf Kosten der zu beteiligenden Behörde erstellen lassen oder selbst Stellung nehmen (Satz 5). Diese Stellungnahmen sollen als Grundlage die geltende Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Endes der Behördenbeteiligung annehmen. Genehmigungsbehörden müssen zudem ihre Aufsichtsbehörde über jede Überschreitung von Fristen informieren.
Der Erörterungstermin (Absatz 6) kann künftig in Form einer Onlinekonsultation oder durch eine Video- oder Telefonkonferenz erfolgen.
Die Frist zur Entscheidung über einen Genehmigungsantrag (7 Monate für förmliche Verfahren; § 10 Absatz 6a BImSchG) soll künftig nur „einmalig um bis zu“ 3 Monate verlängert werden können. Weitere Verlängerungen sollen nur bei Zustimmung des Antragsstellers zulässig sein. Außerdem muss ihm dies begründet werden. Auch hier ist die Aufsichtsbehörde über jede Fristüberschreitung zu informieren.
Nebenbestimmungen (§ 12 BImSchG)
Nebenbestimmungen sollen künftig leichter geändert werden, wenn der Anlagenbetreiber „andere gleichwertige Maßnahmen vorschlägt, die keiner Genehmigungspflicht“ unterliegen.
Projektmanager (§ 2b 9. BImSchV)
Die bereits heute häufig genutzte Möglichkeit zur Beauftragung eines Projektmanagers soll nun auch gesetzlich festgehalten werden. Dies soll nur auf Antrag oder mit Zustimmung des Vorhabenträgers und auf dessen Kosten möglich sein. Die Verordnung nennt nun eine Reihe von Aufgaben der Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten, die dem Projektmanager erlaubt sind.
Prüfung der Vollständigkeit (§ 7 9. BImSchV)
Künftig wird gesetzlich klargestellt, dass die Genehmigungsfrist (7 bzw. 3 Monate) mit Eingang der vollständigen Antragsunterlagen oder mit nach Eingang der erstmal nachgeforderten Unterlagen beginnt. Auch die Vollständigkeit der Unterlagen wird konkretisiert: Sie sind vollständig, wenn sie „in einer Weise prüffähig sind, dass sie sich zu allen rechtlich relevanten Aspekten des Vorhabens verhalten, und die Behörde in die Lage versetzen, den Antrag unter Berücksichtigung dieser Vorgaben näher zu prüfen. Fachliche Einwände und Nachfragen stehen der Vollständigkeit nicht entgegen, sofern die betreffende Unterlage eine fachliche Prüfung überhaupt ermöglicht.“ Künftig soll die Genehmigungsbehörde den Antragssteller über die Vollständigkeit der Unterlagen mit Datum der Vollständigkeit informieren. Das war bisher nicht die Regel.
Wegfall des Erörterungstermins (§ 16 9. BImSchV)
Die Gründe, weshalb ein Erörterungstermin entfällt, werden um einen weiteren Punkt ergänzt, wenn: „der Vorhabenträger die Durchführung eines Erörterungstermins nicht beantragt und die Genehmigungsbehörde nicht im Einzelfall die Durchführung für geboten hält.“ Der Termin soll spätestens vier Wochen nach Ablauf der Einwendungsfrist stattfinden.
Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Anlagen und grüne Wasserstoff-Elektrolyseure
Genehmigungsverfahren § 10 Absatz 5 BImSchG
Nur für Erneuerbare-Energien-Anlagen oder grüne Wasserstoff-Elektrolyseure müssen Genehmigungsbehörde im Fall des Ausbleibens von Stellungnahmen beteiligter Behörden selbst entschieden (Satz 4). Diese Entscheidung muss auf Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Fristablaufs der Behördenbeteiligung erfolgen. Bisher war diese Regelung auf Erneuerbare-Energien-Anlagen beschränkt, sie wird nun auf Verfahren für Wasserstoffelektrolyseure mit erneuerbaren Energien ausgeweitet.
Repowering (§ 16b BImSchG)
Der Anwendungsbereich der Regelungen zur Erleichterung des Repowerings (§ 16b BImSchG) wird vom 2- auf die 5-fache Gesamthöhe der Neuanlage erhöht. Hier wird u.a. nur eine Deltaprüfung zu den bestehenden Anlagen durchgeführt. In Absatz 7 und 8 werden Typenänderungen stark erleichtert. Zudem können Anträge auch ohne Zustimmung des bisherigen Betreibers gestellt werden.
Erörterungstermin (§ 16 Absatz 1 9. BImSchV)
Der Erörterungstermin soll bei bestimmten Genehmigungsverfahren künftig nur noch auf Antrag des Antragsstellers durchgeführt werden. Dies gilt für: Errichtung oder Änderung von Windenergieanlagen an Land, von Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien und von Anlagen zur Speicherung, die im unmittelbar räumlichen Zusammenhang mit Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien stehen.
In § 63 Absatz 2 BImSchG wird der Eilrechtsschutz gestärkt. Für Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gilt eine einheitliche Frist von einem Monat ab Zustellung der Zulassung.