Medien-Information

IHK-Konjunkturumfrage: Aufschwung lässt auf sich warten

Geschäftslage in den Unternehmen verschlechtert sich

Politik braucht Willen und Mut zu durchgreifender Wirtschaftspolitik

45/2024 vom 12. Juli 2024
„Die Wirtschaft im Oldenburger Land kommt nicht voran – der Aufschwung lässt weiter auf sich warten“, kommentiert Björn Schaeper, Geschäftsführer für Wirtschaftspolitik bei der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer (IHK) das Ergebnis der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage bei rund 230 Unternehmen. Der Konjunkturklimaindex ist um 0,9 Zähler auf 85,7 Punkte gefallen. „Der Index hat sich damit gegenüber dem Stand vom Sommer 2023 kaum verändert, das heißt, es herrscht seit einem Jahr konjunktureller Stillstand“, so der IHK-Geschäftsführer.
Die Beurteilung der aktuellen Lage fällt schlechter aus als im Vorquartal, gegenüber dem Vorjahresquartal sogar merklich schlechter. „Hintergrund dieser Bewertung dürfte die schwache Inlandsnachfrage sein“, sagt Schaeper. Zwar habe der Preisdruck bei vielen Rohstoffen und Energieträgern nachgelassen, dennoch seien die Preise vielfach auf einem hohen Niveau. „Hinzu kommen viele Vorschriften, die das unternehmerische Handeln behindern. Gleichzeitig herrscht Fachkräftemangel. Diese Gemengelage sei für die mittelständischen Unternehmen sehr herausfordernd.“
„Was die Stimmung in den Unternehmen trübt, ist vor allem die fehlende Aussicht, dass es wieder mit der Wirtschaft aufwärts geht“, merkt Schaeper an. „Hier fehlen die Impulse.“ Die Bundesregierung habe zwar ein Wachstumspaket verabschiedet, das allerdings wegen leerer Kassen nur halbherzig ausgefallen sei. Zudem wurden Vorschriften vereinfacht. Ein echter Durchbruch sei das aber nicht, so der IHK-Geschäftsführer.
Ebenfalls schwach bleibt die Nachfrage aus dem Ausland. Zwar verläuft die wirtschaftliche Entwicklung in vielen europäischen Nachbarländern besser als in Deutschland. Das sorgt hierzulande aber nicht für einen spürbaren Auftrieb. Die Exporterwartungen steigen zwar leicht an, aber von einem niedrigen Niveau aus. Das gilt auch für die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate. Sie haben sich gegenüber dem Vorquartal leicht und seit Corona kontinuierlich verbessert. Allerdings liegt der Saldo mit derzeit - 22 Prozent (günstiger: 9,3 Prozent; ungünstiger: 31,4 Prozent) auf einem niedrigen Stand, der keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Aufschwung erwarten lasse, sagt Schaeper.
Das bestätigen die Investitions- und Beschäftigungsabsichten der Unternehmen: Es wird mit geringeren Investitionsausgaben und weniger Personal geplant als im Vorquartal.
„Die Politik ist in der Pflicht, die Rahmenbedingungen grundlegend zu verbessern“, mahnt Schaeper an. Vor allem beim Bürokratieabbau könne mit wenigen Schritten viel erreicht werden. Mehr unternehmerische Freiheit bedeute mehr Innovationen und damit mehr Wachstum. Zudem sollten die Steuersätze auf ein international tragfähiges Niveau gebracht werden. Hierzu brauche es Willen und Mut, dies umzusetzen. Das Warten auf einen Weltwirtschaftsaufschwung, der über Exporte die heimische Wirtschaft antreibt, sei keine Option.
Branchenergebnisse
Die Stimmung in den Industrieunternehmen ist mau. Zwar beurteilt die Industrie insgesamt die aktuelle Geschäftslage etwas besser als im Vorquartal – der Saldo aus Gut- und Schlecht-Meldungen hat sich halbiert –, er bleibt aber im negativen Bereich bei minus 7 Prozent. Vor allem die energieintensive Industrie und der Maschinenbau sind sehr unzufrieden. Die Kunststoffindustrie und das Ernährungsgewerbe sind hingegen positiv gestimmt. Die Erwartungen der Industrie an die künftige Entwicklung haben sich verschlechtert. 30 Prozent gehen von einem eher ungünstigen Verlauf aus, nur zehn Prozent erwarten eine Besserung. Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, Fachkräftemangel und Arbeitskosten werden von 65 Prozent der Industrieunternehmen als gleich hohe Risiken bewertet. Das zeigt, mit welchen Schwierigkeiten dieser Wirtschaftszweig zu kämpfen hat.
Alle drei Sparten des Baugewerbes – Hochbau, Tiefbau und Ausbaugewerbe – sind mit der aktuellen Geschäftslage zufrieden, obwohl die Auftragseingänge zuletzt gesunken sind. Grund für die Zufriedenheit sind die Auftragsreichweiten, die im Tiefbau bei 70 Prozent, im Hochbau und Ausbaugewerbe bei 90 Prozent der Befragten mit mindestens vier Monaten beziffert wird. Der Blick auf die nächsten Monate ist getrübt. Lange Genehmigungsphasen, weniger öffentliche Ausschreibungen sowie zu hohe Standards, die höhere Kosten verursachen und die private Nachfrage deutlich verringert haben, werden von den Bauunternehmen als Ursachen genannt. Chancen werden im Bereich der erneuerbaren Energien gesehen.
Nach einer leichten Aufhellung im ersten Quartal des Jahres hat sich die Stimmung im Einzelhandel wieder leicht eingetrübt. Die Handelsunternehmen registrieren nach wie vor eine Zurückhaltung der Verbraucher, insbesondere bei höherpreisigen Produkten und solchen, die nicht zum täglichen Bedarf gehören. Trotzdem zeigt sich ein etwas optimistischerer Ausblick auf die erwartete Geschäftslage im Vergleich zum Vorquartal. Eine große Herausforderung stellen nach wie vor die hohen Arbeitskosten dar. Aber auch der Fachkräftemangel und die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bereiten den Händlerinnen und Händlern Sorgen.
Nach einer Verbesserung im Vorquartal hat sich die Geschäftslage der Großhändler wieder verschlechtert: Der Anteil der Unternehmen, die von guten Geschäften berichtet, hat sich auf fünf Prozent halbiert. Der Anteil der negativen Stimmen steigt gleichzeitig um 13 Punkte auf 36 Prozent. Der Binnengroßhandel meldet hierbei schlechtere Zahlen als die im Im- und Export tätigen Firmen. Als Probleme werden genannt: die neue Maut für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen, die Inlandsnachfrage, die politischen Rahmenbedingungen und die Arbeitskosten.
Im zweiten Quartal 2024 hat sich die Stimmung im Transport- und Logistikgewerbe weiter eingetrübt. Von den befragten Unternehmen bezeichneten 40 Prozent ihre gegenwärtige Geschäftslage als schlecht, lediglich 9 Prozent als gut. Mehrheitlich skeptisch sind auch die Erwartungen für das nächste Quartal. Nur 20 Prozent erwarten eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, was sich negativ auf die zukünftige Beschäftigung und geplante Investitionen auswirken wird. Neben dem Fachkräftemangel und der Konkurrenz osteuropäischer Wettbewerber sieht sich das Verkehrsgewerbe mit einem erheblichen Kostendruck durch die Mauterhöhung, steigenden Arbeitskosten und anhaltend hohen Rohstoffpreisen konfrontiert.
Die Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche melden zum Ende des zweiten Quartals eine stabile Geschäftslage. Die Stimmung verschlechtert sich nur geringfügig. Die weitere Konjunkturentwicklung beurteilen die Betriebe optimistischer als im Vorquartal: Der Anteil der positiven Rückmeldungen steigt auf 20 Prozent, der Anteil der negativen Rückmeldungen sinkt auf 13 Prozent. Bei den Risiken für die weitere Unternehmensentwicklung hat der Faktor Rahmenbedingungen den Fachkräftemangel fast überholt, es folgen Arbeitskosten und Inlandsnachfrage.
Weitere Informationen und Grafiken unter ihk.de/oldenburg/konjunktur