Wettbewerbsrecht

Abgemahnt - was nun?

Was ist eine Abmahnung und welche Abmahngründe gibt es?

Abmahnungen sind meist schriftliche Aufforderungen, einen Rechtsverstoß für die Zukunft zu unterlassen. Sie können auf einer Vielzahl von Rechtsverstößen beruhen. Diese finden Ihren Ursprung oftmals in Verstößen gegen das Marken-, Urheber-, Wettbewerbs-, Datenschutz- oder Verbraucherschutzrecht. So finden sich besonders auf den geschäftlichen Internetauftritten häufig Abmahngründe wie beispielsweise die unerlaubte Nutzung von Fotos, Marken oder Texten, mangelnde Pflichtangaben auf Websites (beispielsweise ein fehlerhaftes Impressum) oder eine mangelhafte Widerrufsbelehrung. Zudem sind Wettbewerbsverstöße durch fehlerhafte Werbung oder die Verletzung von geistigem Eigentum, wie beispielsweise Patenten und Gebrauchsmuster, ein häufiger Abmahngrund.

Form und Inhalt der Abmahnung

Mahnungen unterliegen grundsätzlich keiner bestimmten Form. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen Abmahnmissbrauch im Dezember 2020 müssen sie aber bestimmten neuen inhaltlichen Anforderungen entsprechen. Klar und verständlich angegeben sein müssen folgende Inhalte:
  • Name oder Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters,
  • die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung,
  • ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet,
  • die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände,
  • und falls einschlägig, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist.

Was ist nach Erhalt einer Abmahnung zu tun?

Eine Abmahnung sollte nicht ignoriert, eine Unterlassungserklärung aber auch nicht übereilt abgegeben werden. Die Frist zur Abgabe der Erklärung ist regelmäßig sehr kurz bemessen.
Wenn Ihnen der Zeitraum für die Prüfung der Abmahnung, um Rechtsrat einzuholen und ggf. für die Fehlerbehebung nicht ausreicht, sollten Sie mit dem Absender der Abmahnung eine angemessene Fristverlängerung für die Abgabe der Unterlassungserklärung vereinbaren und sich diese schriftlich bestätigen lassen. Wird nicht innerhalb der gesetzten Frist reagiert, droht der Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Überprüfung der Abmahnung

Nach Erhalt der Abmahnung ist wie folgt zu prüfen, ob diese berechtigt ist:
Ist der Absender zur Abmahnung berechtigt?
Folgende Personen oder Stellen sind berechtigt abzumahnen:
  • Mitbewerber (meist mit Anwalt):
Ein Mitbewerber muss nachweislich die gleichen Produkte anbieten und die gleichen Kundenkreise ansprechen wie der Abgemahnte und er muss tatsächlich auf dem Markt aktiv sein. Seit 01.12.2020 muss er außerdem "in nicht nur unerheblichem Maß und nicht nur gelegentlich ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen". Es reicht also im Zweifel nicht aus, wenn der Abmahner z.B. selbst erst seit kurzem auf dem Markt ist und/oder kaum Produkte anbietet. Diese Voraussetzungen muss der Abmahner nachweisen können.
  • Wettbewerbsvereine/Wirtschaftsverbände:
Diese müssen eine "erhebliche" Anzahl an Mitgliedern (d.h. Unternehmen) in derselben Branche und auf dem gleichen Markt wie der Abgemahnte nachweisen. Sie müssen seit dem 01.12.2021 außerdem in der sog. „Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände“ beim Bundesamt für Justiz eingetragen sein. Diese Liste ist auf der Internetseite des Bundesamtes für Justiz in der jeweils aktuellen Fassung veröffentlicht.
  • Verbraucherschutzverbände:
Diese müssen in die Liste klagebefugter Verbände nach Unterlassungsklagegesetz (UKlaG) beim Bundesamt für Justiz eingetragen sein.
  • Bei Verletzung eines Schutzrechts (z.B. Marken, Patent-, Urheberrecht) darf nur der nachweisliche Inhaber des verletzten Schutzrechts abmahnen.

Reaktionsmöglichkeiten auf eine Abmahnung

Es bestehen verschiedene Möglichkeiten auf eine Abmahnung zu reagieren:
Ist ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß offensichtlich, der Abgemahnte hierfür verantwortlich und bestehen keine Anzeichen für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung, sollte eine Unterlassungserklärung abgegeben werden. Hierbei besteht keine zwangsläufige Verpflichtung, die vom Abmahner vorformulierte Erklärung zu verwenden. Regelmäßig sind diese sehr weit formuliert, obwohl der Abgemahnte sich nur verpflichten muss, den konkreten Verstoß nicht zu wiederholen. Erscheint die Unterlassungserklärung zu weitgehend gefasst, ist anwaltlicher Rat einzuholen und die Erklärung konkretisiert abzugeben.
Erscheint die in der Erklärung festgelegte Vertragsstrafe überhöht, sollte ebenfalls anwaltlicher Rat eingeholt werden. Die Vertragsstrafe sollte nicht eigenmächtig gekürzt oder gestrichen werden, da in diesem Fall eine einstweilige Verfügung bzw. Klage droht. Es kann aber natürlich versucht werden, mit dem Abmahnenden einen Verzicht auf die Vertragsstrafe auszuhandeln.
Achtung: Das abgemahnte Verhalten muss vor Abgabe der Unterlassungserklärung abgestellt werden bzw. es muss sichergestellt werden, dass sich dieses nicht wiederholt, da anderenfalls eine Vertragsstrafe fällig wird. Diese Pflicht bezieht sich nicht nur auf den eigenen Internetauftritt, sondern auch auf den Aufruf über Suchmaschinen und alte Websiteversionen, die ggf. auf anderem Wege noch abrufbar sind.
Liegen Gründe vor, die Unterlassungserklärung nicht abzugeben (z.B. wegen fehlender Berechtigung des Abmahnenden oder weil kein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt), sollte der Empfänger den Abmahnenden schnellstmöglich darüber informieren. Schweigt der Abgemahnte, signalisiert er, dass er eine außergerichtliche Auseinandersetzung ablehnt und muss mit einer einstweiligen Verfügung bzw. einem Gerichtsverfahren rechnen.
Sofern zwar ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt, die Abmahnkosten aber zu hoch erscheinen, kann versucht werden, diese herunterzuhandeln. Sollte dies nicht gelingen, kann der Abgemahnte die Abmahnkosten ganz oder teilweise reduzieren. Es bleibt dann das Risiko, auf diese verklagt zu werden. Allerdings befindet sich der Abgemahnte dann in einer wesentlich günstigeren Position, als bei einer vollen Unterlassungsklage, da die Gerichts- und Anwaltskosten hier deutlich niedriger sind. So könnte die angemessene Kostenhöhe gerichtlich überprüft werden.
In Fällen, in denen ein Wettbewerbsverstoß zweifelhaft ist, kann auch der Abgemahnte die Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer anrufen. Damit können Wettbewerbsstreitigkeiten kostengünstig beigelegt werden. Damit ist allerdings die Gefahr einer einstweiligen Verfügung nicht ausgeräumt. Der Abgemahnte sollte deshalb zumindest eine vorläufige Unterlassungserklärung abgeben, die nur bis zum Abschluss des Einigungsstellenverfahrens gültig ist.

Höhe der Vertragsstrafe

Für die erstmalige Abmahnung bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien sowie bei Verstößen gegen die DSGVO und das BDSG dürfen Mitbewerber nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs keine Vertragsstrafe mehr fordern, sofern der Verstoß im Internet begangen wurde und der Abgemahnte nicht mehr als 100 Mitarbeiter hat, § 13a Abs. 2 UWG.
Des Weiteren sieht das Gesetz eine Deckelung der Höhe der Vertragsstrafe vor. Gemäß § 13a Abs. 3 UWG darf eine Vertragsstrafe eine Höhe von 1.000,- EUR nicht überschreiten, wenn der Verstoß angesichts seiner Art, seines Ausmaßes und seiner Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern nur in unerheblichem Maße beeinträchtigt und wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Hier muss die Rechtsprechung allerdings noch klären, welche Verstöße darunterfallen.
Zulässig ist es auch, nach dem sog. „Hamburger Brauch“ eine flexible Regelung zu verwenden, nach der die Höhe der Vertragsstrafe in das billige Ermessen des Abmahnenden gestellt wird und im Verletzungsfall auf Betreiben des Abgemahnten durch das zuständige Gericht auf ihre Angemessenheit überprüft werden kann.

Abmahnkosten

Der Abgemahnte ist bei einer berechtigten Abmahnung in der Regel auch verpflichtet, die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten (z. B. Anwaltskosten) zu zahlen. Diese entfallen nach neuer Rechtslage aber bei Abmahnungen wegen
a) Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet ("im elektronischen Geschäftsverkehr oder Telemedien") oder
b) gegen Datenschutzrecht (DSGVO, BDSG), wenn der Abgemahnte weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt.
Anwalts- oder Verbandskosten können in diesen Fällen nicht geltend gemacht werden.