Handelsregister- und Gesellschaftsrecht

GmbH-Gründung ist online möglich

Am 1. August 2022 ist das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) in Kraft getreten, das unter anderem die Online-Gründung einer GmbH ermöglicht und gesetzliche Rahmenbedingungen für die notarielle Beurkundung von Willenserklärungen mittels Videokommunikation schafft. Außerdem kann die öffentliche Beglaubigung qualifizierter elektronischer Signaturen mittels Videokommunikation erfolgen, wodurch auch die Eintragung von Zweigniederlassungen sowie die Einreichung von Urkunden und Informationen vollständig online erledigt werden können.
Zudem wird durch das Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG) das Videokommunikationsverfahren eingeführt. Dieses Gesetz gilt ebenfalls seit 1. August, jedoch zunächst nur teilweise. Vollständige Änderungen erfolgen zum 01.08.2023.
Mit beiden Gesetzen bietet der Gesetzgeber folgende digitale Werkzeuge:

1. Online-Bargründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung

Inhaltlich betrifft die Möglichkeit des Online-Verfahrens zunächst die Beurkundung von Bargründungen einer GmbH (und auch der UG (haftungsbeschränkt) sowie die Gründungsvollmachten.
Natürliche und juristische Personen haben die Möglichkeit, eine GmbH oder Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) im Wege eines notariellen Online-Verfahrens bzw. mittels Videokommunikation zu gründen. Notare sind verpflichtet, das Online-Verfahren auf Wunsch (bei Vorliegen der Voraussetzungen bzw. technischen Ausstattung) durchzuführen. Für Kunden ist als technische Ausstattung erforderlich: Standard-Laptop (videokonferenzfähig mit Kamera und Mikrofon), Smartphone mit (aktivierter) NFC-Schnittstelle sowie die Notar-APP (gratis herunterladbar).
Notare müssen weiterhin Identität und Geschäftsfähigkeit der Beteiligten prüfen. Diese Prüfung wird auch im Rahmen der Videokonferenz stattfinden, wobei Lichtbilder der Beteiligten aus dem Chip (elD) der Ausweispapiere (z.B. Reisepass, Personalausweise oder elektronsicher Aufenthaltstitel) ausgelesen werden, damit ein Notar das Erscheinungsbild jedes Beteiligten mit dessen elektronisch übermitteltem Lichtbild abgleichen kann. Ausnahmen können gelten, wenn die Kunden „dem Notar von Person bekannt“ sind.
Die bei der Gründung erforderlichen Gesellschafterbeschlüsse, Erklärungen und der passende GmbH-Gesellschaftsvertrag werden im Wege der Video-Onlinekonferenz vom Notar beurkundet und beglaubigt. Das Unterschriftserfordernis nach § 2 Abs. 1 S. 2 GmbHG kann nun durch eine qualifizierte elektronische Signatur sämtlicher Gesellschafter erfüllt werden. Zur Erzeugung einer qualifizierten elektronischen Signatur erhält der Mandant per SMS eine TAN auf sein Smart-Phone, mit welcher er in der APP signieren kann.
Das DiRUG ermöglicht auch die Gründung der GmbH als UG im Wege des vereinfachten Verfahrens nach § 2 Abs. 1a GmbHG sowie unter Verwendung der vorgesehenen Musterprotokolle. Die neuen Musterprotokolle für die Online-Gründung einer Einpersonen- oder Mehrpersonengesellschaft sind ab dem 1. August 2022 als Anlage zum GmbH Gesetz einsehbar.
Zudem ist die Gründung ab Handelsregisteranmeldung innerhalb von maximal zehn Arbeitstagen einzutragen. Sind die Gründungsgesellschafter ausschließlich natürliche Personen und verwenden sie das Musterprotokoll, verkürzt sich die Eintragungsfrist auf maximal fünf Arbeitstage.
Eine Sachgründung einer GmbH (und UG haftungsbeschränkt) ist erst ab 1. August 2023 möglich.
Weitere detaillierte Informationen stellt die Bundesnotarkammer zur Verfügung.

2. Online-Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen

Des Weiteren ermöglicht das DiRUG Handelsregisteranmeldungen mit Hilfe einer qualifizierten elektronischen Signatur, die via Videokommunikation (s.o.) beglaubigt wird. Über die Online-Beglaubigung erstellt der Notar ein einfaches elektronisches Zeugnis. Dies gilt zunächst nur für die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister:
  • durch Einzelkaufleute (e.K.)
  • für die GmbH und UG (haftungsbeschränkt)
  • für Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA)
  • für Zweigniederlassungen von GmbH, AG und KGaA
  • für Zweigniederlassungen von ausländischen Kapitalgesellschaften, die dem Recht eines anderen EU-Mitglied- oder EWR-Vertragsstaates unterliegen.
Das DiREG erweitert das DiRUG um folgende weitere Online-Beglaubigungsverfahren, die am 1. August 2023 in Kraft treten:
  • Online-Beurkundungen von (einstimmigen) Gesellschafterbeschlüssen zur Änderung des Gesellschaftsvertrags, einschließlich von Beschlüssen über Kapitalmaßnahmen (Erhöhungen oder Herabsetzungen des Stammkapitals), und zwar sowohl für Bar-Kapitalerhöhungen als auch für Kapitalerhöhungen mit Sacheinlage
  • Erweiterung des Online-Beglaubigungsverfahrens auch für Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG), Genossenschaften und Vereine.
  • Errichtung einer notariellen Vollmacht zur Gründung einer GmbH im Online-Verfahren.

3. Virtuelle“ Gesellschafterversammlungen bei einer GmbH künftig auch ohne Satzungsregelung möglich

Um zu vermeiden, dass es vor einer Onlinebeurkundung von Beschlüssen erst einer Satzungsänderung – in Präsenz – bedarf, hat das DiREG § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG geändert. Der neue § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG sieht ab dem 1. August 2022 vor, dass Versammlungen von GmbH-Gesellschaftern auch fernmündlich oder mittels Videokommunikation abgehalten werden können, wenn sämtliche Gesellschafter sich damit in Textform (z.B. E-Mail) einverstanden erklären.

4. Grenzüberschreitender Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer

Schließlich bringt das DiRUG Änderungen zur Verbesserung des Informationsaustauschs über das Europäische System der Registervernetzung in drei Bereichen mit sich:
  • Bereitstellung von Registerinformationen: Der Abruf von Informationen aus den Registern ist ab August 2022 kostenfrei.
  • Eintragung und Einreichung von Urkunden und Informationen zu Zweigniederlassungen: Zukünftig sind europäische Zweigniederlassungen deutscher Unternehmen im Handelsregister einzutragen. Diese Eintragungen sollen ab August 2022 ebenfalls vollständig digitalisiert sein.
  • Grenzüberschreitender Informationsaustausch zu disqualifizierten Geschäftsführern bzw. Vorstandsmitgliedern: Es soll eine grenzüberschreitende Datenbank zum Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer eingeführt werden, damit europaweit etwaige Bestellungshindernisse bereits bei der Gründung berücksichtigt werden können.