Ausbildung

Abmahnung von Auszubildenden

Vor Ausspruch einer Kündigung, die im Verhalten des Auszubildenden begründet liegt, ist grundsätzlich eine Abmahnung als milderes Mittel auszusprechen. Sie hat den Sinn, dem Auszubildenden einen Vertragsverstoß vor Augen zu führen (Beanstandungsfunktion) und ihm gleichzeitig aufzuzeigen, dass er im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen muss (Warnfunktion).

Wann ist eine Abmahnung erforderlich?

Vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens muss der Auszubildende abgemahnt werden. Der Ausbildungsbetrieb muss dem Auszubildenden damit Gelegenheit geben, sein Verhalten zu ändern. Nur bei schweren Vertrauensverstößen (z. B. bei Unterschlagung eines größeren Geldbetrages) kann eine Kündigung direkt ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden.

Wie oft muss abgemahnt werden?

In der Regel muss der Auszubildende vor Ausspruch einer Kündigung mindestens zweimal eine einschlägige Abmahnungen erhalten haben. Dies bedeutet, dass die Abmahnungen und die Kündigung sich auf dieselbe Art von vertragswidrigem Verhalten beziehen müssen.
Beispiel: Einschlägige Abmahnungen
  1. Abmahnung – Zwei unentschuldigte Fehltage in der Berufsschule
  2. Abmahnung – Weitere unentschuldigte Fehltage in der Berufsschule
  3. Kündigung – Weitere Unentschuldigte Fehltage im Betrieb
Die Abmahnungen und die Kündigung ist einschlägig, weil ein gleichartiges vertragswidriges Verhalten (unentschuldigtes Fehlen) vorliegt. Die Kündigung ist wirksam.
Beispiel: Nicht einschlägige Abmahnungen
  1. Abmahnung – Nichtvorlage des Berichtsheftes
  2. Abmahung – Wiederholt verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
  3. Kündigung – Unentschuldigter Fehltag im Betrieb
Die Abmahnungen und die Kündigung sind nicht einschlägig, da die jeweiligen vertragswidrigen Verhalten unterschiedlicher Art sind. Die Kündigung ist unwirksam.

Rechtswirkung einer Abmahnung

Die Rechtswirkung einer Abmahnung ist zeitlich begrenzt. Hat der Auszubildende längere Zeit unbeanstandet seine Pflichten erfüllt, kann die Abmahnung gegenstandslos werden. Die Wirkungsdauer der Abmahnung ist abhängig von der Schwere des abgemahnten Verhaltens. Richtlinien, wann die Wirkungen einer Abmahnung genau endet, gibt es nicht. Abmahnungen, die länger als ein Jahr zurückliegen, dürften aber in der Regel gegenstandslos geworden sein.

Form einer Abmahnung

Die Abmahnung ist formfrei, das heißt sie kann grundsätzlich auch mündlich erfolgen. Sie sollte jedoch aus Beweisgründen ausschließlich schriftlich erteilt und als Kopie in der Personalakte hinterlegt werden.

Inhalt der Abmahnung

Eine Abmahnung muss folgende drei Bestandteile unbedingt enthalten:
Hinweis auf Vertragsverletzung (Rügefunktion)
Genaue Beschreibung des vertragswidrigen Verhaltens, das abgemahnt werden soll. Erforderlich sind hierbei Angaben über Zeit (Datum, Uhrzeit), Ort und Art des Vertragsverstoßes.
Die Beschreibung muss so detailliert sein, dass kein Zweifel aufkommen kann, welcher Vorgang beanstandet werden soll. Beispiel: „Sie haben am 15.03. und 27.03.2019 unentschuldigt in der Berufsschule gefehlt." oder "Sie sind am 15.03 und 27.03.2019 erst um 10.30 Uhr bzw. 10.45 Uhr und damit verspätet in der Ausbildungsstätte erschienen."
Typische Fehler: Schlagwortartige Hinweise wie "Störung des Betriebsfriedens", "untragbares Verhalten" oder "häufiges Zuspätkommen" genügen nicht. Hierzu sind vielmehr die tatsächlichen Vorfälle genau zu schildern, die diese Vorwürfe rechtfertigen.
Aufforderung zu künftigem Verhalten (Aufforderungsfunktion)
Aufforderung an den Auszubildenden, künftig den Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag nachzukommen.
Beispiel: „Wir fordern Sie hiermit nachdrücklich auf, künftig Ihren Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis beanstandungsfrei nachzukommen, insbesondere pünktlich zur betrieblichen Ausbildung und zum Berufsschulunterricht zu erscheinen“.
Androhung von Rechtsfolgen (Warnfunktion)
Androhung weiterer arbeitsrechtlicher Maßnahmen bei erneutem Vertragsverstoß.
Beispiel: „Sollten sich diese oder ähnliche Pflichtverletzungen wiederholen, müssen Sie mit der Kündigung Ihres Ausbildungsverhältnisses rechnen.“
Typische Fehler: Die Androhung von „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ genügt nicht, da zu ungenau. Wirksam ist die Abmahnung nur, wenn in ihr ausdrücklich die Kündigung angedroht wird. Ansonsten handelt es sich bloß um eine Ermahnung.
Fehlt einer der drei Teile, ist die Abmahnung unwirksam, so dass auch eine Kündigung hierauf nicht gestützt werden kann!
Die Abmahnung sollte ausschließlich nachweisbare Tatsachen und keine Spekulationen enthalten.

Fristen einer Abmahnung

Anders als bei der Kündigung gibt es bei der Abmahnung keine einzuhaltende Frist. Wegen der pädagogischen Wirkung und aus Beweisgründen sollte die Abmahnung jedoch in möglichst engem Zusammenhang mit dem Vorfall erfolgen, der Anlass für die Abmahnung ist.

Wirksamkeit der Abmahnung

Die Abmahnung wird erst mit Zugang beim Auszubildenden wirksam (bzw. beim minderjährigen Auszubildenden: Zugang bei den Eltern).

Ungerechtfertigte Abmahnungen

Der Auszubildende kann verlangen und ggf. gerichtlich durchsetzen, dass eine zu Unrecht erfolgte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird. Vor einer gerichtlichen Klärung ist der Schlichtungsausschuss anzurufen.
* Für eine bessere Lesbarkeit verwenden wir meist die männliche Form. Entsprechende Textstellen gelten selbstverständlich gleichwertig für alle Geschlechter (m/w/d).