Innovatives Start-up

Die Lichtjäger

Die Pixel Photonics GmbH wurde mit dem Innovationspreis Münsterland ausgezeichnet. Das Produkt hat ein riesiges Potenzial – und großen Erklärungsbedarf. | Text: Ingrid Haarbeck
„Um etwas sehr Kleines zu vermessen, müssen Sie einen unglaublich großen Aufwand treiben“, weiß Nicolai Walter. Der Chief Executive Officer von Pixel Photonics erklärt damit sein Geschäftsfeld. Bei Pixel Photonics machen sie das sichtbar, was für das menschliche Auge nicht mehr sichtbar ist. „Stellen Sie sich vor, Sie dimmen eine Lampe immer weiter runter, bis fast auf Null, aber eben nur fast. Das ist der für uns relevante Bereich.“ Die Münsteraner Physiker entwickelten einen neuen Ansatz, um Lichtdetektion sensitiver zu machen – die Einzelphotonendetektoren von Pixel Photonics kombinieren supraleitende Materialien mit integrierten photonischen Schaltkreisen, um einzelne Lichtteilchen zu messen.

Noch ein Start-up, das mit dem Innovationspreis Münsterland ausgezeichnet wurde: Die Firma Truion, die ungewollt kinderlosen Paaren hilft, die richtige Therapie zu wählen.
Kunden und potenzielle Kunden sind Forscher oder Unternehmen, die mit kleinsten Lichtmengen arbeiten wie etwa in den Bereichen Quantencomputing und Quantenkommunikation, aber auch Mikroskopie, Laser-Kommunikation oder Medizin-Technologie. Zwar sind die ersten beiden Anwendungen sicherlich noch keine voll entwickelten Märkte, haben aber großes Potenzial. Der Markt für Quantentechnologien soll, so prognostizieren es Experten, bis 2040 ein Volumen von rund 100 Milliarden Dollar erreichen.
Schon jetzt übersteigt die Nachfrage nach den Detektoren die Produktionskapazitäten und die Münsteraner haben „Lieferzeiten von 12 bis 18 Monaten“, wie Walter erläutert. Dabei ist das Unternehmen in der kurzen Zeit seit Gründung bereits auf knapp 40 Beschäftigte angewachsen. Den Grund für die starke Nachfrage sieht Dr. Wladick Hartmann, Chief Technology Officer des Start-ups, in den Alleinstellungsmerkmalen des Produktes: Die Nanodrähte sind kürzer als bei herkömmlichen Einzelphotonendektoren, das führe zu schneller Detektorleistung und hoher Skalierbarkeit. „Wir haben mit unserem Produkt aktuell nur überschaubare Konkurrenz“, fasst Hartmann zusammen.
Gefertigt werden die Photonendetektoren in Münster. Darüber hinaus arbeitet Pixel Photonics mit einer Handvoll Unternehmen aus dem Münsterland zusammen, zum Beispiel einem Ingenieurbüro für Zertifizierungen und einem CNC-Dienstleister. Für die feinmechanischen Arbeiten gibt es die Werkstatt der Universität, die auch von Externen Aufträge annimmt. Und für die Reinraumarbeiten können die Wissenschaftler die Münster Nanofabrication Facility nutzen, eine Einrichtung, die die Uni seit vielen Jahren bereitstellt, um genau solche Ausgründungen aus der Uni zu erleichtern. Auch vom REACH, dem Start-up-Center der Universität, haben die Physiker stark profitiert: „Ich kann das REACH nicht genug loben“, sagt CEO Walter begeistert.
Und doch sehen die Gründer von Pixel Photonics Verbesserungspotenzial für Gründungsprozesse von Start-ups. So setzt sich Finanzchef Christoph Seidenstücker beispielsweise auf Bundesebene mit der Bundesagentur für Sprunginnovationen und im Start-up-Verband für standardisierte Prozesse bei Ausgründungen aus Hochschulen ein. Das Prozedere, wie sich ein Spin-off aus einer Hochschule gründen kann, welche Ressourcen der Hochschule dafür genutzt werden können und wie die Rechte an geistigem Eigentum, wie Patente und Lizenzen verteilt werden, ist von Bundesland zu Bundesland und von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich geregelt. Zwar hat sich laut Seidenstücker in den letzten Jahren bereits vieles verbessert, allerdings sieht er noch Optimierungsbedarf in den Gründungsprozessen. Dies sei auch für die jeweilige Stadt- und Regionalentwicklung von unschätzbarem Wert: „Wenn es gut läuft, dann werden viele der erfolgreichen Gründer zukünftig als Mentoren oder als Finanziers auftreten.“
Pixel Photonics erwirtschaftet zwar noch keine Gewinne und finanziert sich aktuell vor allem durch Venture-Capital-Investitionen, aber allein die 38 hochqualifizierten Mitarbeiter seien schon ein Gewinn für die Stadt, so Walter. Ein „Wachstumshemmnis“ ist für ihn der Wohnraummangel. Neue Fachkräfte im Team insbesondere aus Nicht-EU-Ländern werden bei den zahlreichen Behördengängen von einer Mitarbeiterin begleitet, denn die Verständigung auf Englisch funktioniere nicht überall einwandfrei. „Es gibt in dem Sinne keinen Fachkräftemangel, es kommt immer darauf an, wie viel Aufwand der Arbeitgeber für seine Fachkräfte betreibt“, findet Walter. Und Pixel Photonics gebe sich Mühe, denn „unsere Mitarbeiter nehmen sonst vielleicht Angebote von Google oder vom US-Chiphersteller Intel an, der in Magdeburg tausende Fachkräfte einstellen will“.
Steckbrief
Pixel Photonics
Gegründet: 2021
als Spin-Off der Universität Münster aus den Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Wolfram Pernice und Prof. Dr. Carsten Schuck
Sitz: Münster
Geschäftsgegenstand: Wellenleitungsintegrierte supraleitende Einzelphotondetektoren
Gründungsteam: Nicolai Walter, Dr. Wladick Hartmann, Christoph Seidenstücker, Dr. Fabian Beutel und Martin Wolff
Mitarbeiter: 38
Markteinführung: Januar 2022
Für die weitere Entwicklung werden aber mit Sicherheit noch mehr Fachkräfte benötigt, denn das Start-up möchte in Zukunft weitere Produkte standardisieren und auf den Markt bringen. Derzeit läuft eine Finanzierungsrunde, bei der ein Millionen-Betrag eingeworben werden soll. Die Gründer blicken positiv auf die zukünftige Entwicklung von Pixel Photonics – die gesamte Finanzplanung ist auf starkes Wachstum ausgerichtet. Die Sichtbarmacher der sehr, sehr kleinen Teilchen wollen sehr, sehr groß werden.
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