Standort & Politik

Etwas mehr Zuversicht

Für einen durchgreifenden Aufschwung gibt es in der regionalen Wirtschaft noch keine Anzeichen. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage. | Text: Guido Krüdewagen
Die Geschäftslage der Unternehmen hat sich seit dem Jahresbeginn insgesamt kaum verändert. Allerdings nimmt die Zuversicht zu. Es rechnen wieder etwas mehr Unternehmen damit, dass ihre Geschäfte in den nächsten Monaten besser laufen. Die verbesserten Aussichten lassen den IHK-Konjunkturklimaindikator, der die Geschäftslage und die -erwartungen in einem Wert ausdrückt, um knapp sechs Punkte steigen. Er liegt jetzt bei 101 Punkten und damit immer noch deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt (111 Zähler). Unter dem Strich rechnet IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel deshalb in den nächsten Monaten allenfalls mit einer leichten Belebung der Konjunktur.

Industrie in schlechter Verfassung

Ihre aktuelle Geschäftslage bewerten nur 27 Prozent der Unternehmen als gut, knapp 20 bezeichnen sie als schlecht, für 53 ist sie befriedigend. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Branchen. Bei den Dienstleistungsunternehmen ist die Lage für 33 Prozent der Unternehmen gut, nur für sechs Prozent schlecht.

„Dagegen hat sich die Schwäche in der Industrie weiter zugespitzt“, warnt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Der Anteil der Unternehmen, die von schlecht laufenden Geschäften berichten, ist noch einmal um zehn Punke auf 40 Prozent gestiegen. „Der Saldo aus Gut- und Schlechtbeurteilungen ist mit minus 24 Punkten beinahe auf einem ähnlichen Tiefpunkt wie zu Ausbruch der Corona-Pandemie“, macht Jaeckel die Lage der Industrie deutlich. Damals lag der Saldo bei minus 29.
Die Lage in der Industrie spitzt sich zu.

Dr. Fritz Jaeckel, IHK-Hauptgeschäftsführer

Im Handel insgesamt hat sich die Lage stabilisiert, wobei der Einzelhandel mit einem weit überdurchschnittlichen Anteil an Unternehmen, die ihre Geschäftslage als gut bezeichnen, herausragt (42 Prozent). „Noch bleibt unklar, ob sich dies als temporärer Effekt erweist oder die Konsumlaune tatsächlich dauerhaft steigt“, erläutert Jaeckel. Reale Einkommenszuwächse, eine gestiegene Sparquote und ein insgesamt weiterhin stabiler Arbeitsmarkt „bilden an sich sehr gute Voraussetzungen für eine Erholung der Konsumneigung“.
Die Unterschiede zwischen den Branchen spiegeln sich auch in den Teilregionen des IHK-Bezirks wider. So ist das Geschäftsklima in der Stadt Münster, die stärker von Dienstleistungsbranchen geprägt ist, deutlich freundlicher als beispielsweise im Kreis Warendorf, in dem die Industrie eine überdurchschnittliche Bedeutung hat. Der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als gut bezeichnen, variiert entsprechend von über 42 Prozent in Münster bis 13 Prozent im Kreis Warendorf. In der Emscher-Lippe-Region sind es 19 Prozent.
Ihre Geschäftsaussichten beurteilen die Unternehmen zurückhaltend. Mehr als die Hälfte der Befragten stellt sich auf einen eher gleichbleibenden Konjunkturverlauf ein. Wobei die Industrie hier mit überdurchschnittlichen Erwartungen überrascht. Während im Schnitt nur 19 Prozent der Unternehmen mit einer Verbesserung der Geschäftslage rechnen, sind es bei der Industrie 28 Prozent. „Es kann aus Sicht vieler Industrieunternehmen nur besser werden“, verweist Jaeckel auf das niedrige Ausgangsniveau und fügt mit Verweis auf die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen hinzu: „Und es muss auch besser werden“, denn die Industrie sei zentraler Taktgeber für die Gesamtwirtschaft.

Hohe Unzufriedenheit

In den zusätzlichen Kommentaren, die die Unternehmen bei der Bewertung ihrer Lage abgegeben haben, sieht Jaeckel eine „unverkennbar hohe Unzufriedenheit mit den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen“. Die daraus resultierende fehlende Planungssicherheit lähme die Investitionsbereitschaft. Besonders niedrig ist sie in der Industrie, was Jaeckel nicht wundert: „Wenn investiert wird, dann geht es vorrangig um den Ersatz von alten Maschinen und Anlagen sowie um Rationalisierungsmaßnahmen“, verdeutlicht er.
Dagegen sind Erweiterungsinvestitionen auf ein Allzeittief zurückgefallen, was Jaeckel als „ein Zeichen für den wachsenden Vertrauensverlust in den Standort Deutschland“ wertet. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit auch der nordwestfälischen Wirtschaft wiederherzustellen, fordert er deshalb erneut eine Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik mit durchgreifenden strukturellen Veränderungen, so wie die IHK-Vollversammlung sie in ihrem Positionspapier unter dem Titel „Impulse für neues Wachstum“ skizziert habe.