Impulse für neues Wachstum
Dem Fachkräftemangel begegnen
Wie ist es?
Der Fachkräftemangel bedroht die wirtschaftliche Entwicklung im Bezirk der IHK Nord Westfalen. 71 Prozent der Betriebe bezeichnen in der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage den Mangel an Fachkräften als Gefahr für den eigenen Betrieb. Haupttreiber des Mangels die demografische Entwicklung.
In absoluten Zahlen prognostiziert die IHK einen Rückgang der verfügbaren Arbeitskräfte im Bezirk um 24,4 Prozent in den nächsten zehn Jahren. Zugleich leisten die Arbeitskräfte in Deutschland im Vergleich mit den anderen OECD-Ländern die niedrigste Zahl an Jahresarbeitsstunden. Die Teilzeitquote liegt in Nord-Westfalen bei 30 Prozent. Im IHK-Bezirk sind zudem rund 94.000 Menschen arbeitssuchend gemeldet. Hinzu kommt eine sogenannte stille Reserve von rund 75.000 nicht arbeitssuchend gemeldeter Menschen. Geringe schulische und soziale Grundkompetenzen vieler Schulabgänger erschweren die Besetzung von Ausbildungsplätzen. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer beobachten eine abnehmende Wertschätzung für Arbeit und Leistung in Politik und Gesellschaft. Zudem erleben viele Betriebe es als äußerts aufwändig, fehlende Fachkräfte aus dem internationalen Arbeitsmarkt zu gewinnen.
Wie soll es sein?
Entscheidend für die Produktivität der Gesellschaft ist die Bereitschaft, Leistung zu erbringen und faktenorientiert zu arbeiten. Eine entsprechende Haltung sollte durch Politik und Regierung gefördert und eingefordert werden. Eine Steuerfreiheit für Überstunden und bei Berufstätigkeit nach Erreichen des Renteneintrittsalters wäre ein Signal der Wertschätzung für Leistung und ein Anreiz zur Verringerung der Fachkräftelücke. Auch die Betriebe selbst können über veränderte Arbeitszeitmodelle und mit einer entsprechend klaren Kommunikation den Leistungsgedanken stärken.
Was jetzt zu tun ist?
Flexibilisierung im Rahmen der Tarifautonomie
Um die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft auch im internationalen Vergleich der exportierenden Unternehmen zu erhalten und wieder zu verbessern, bedarf es flexiblerer und bürokratiearmer Modelle, die es den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern im Rahmen der tarifautonomen Vereinbarungen ermöglicht, Regelungen zur Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Belange zu treffen.
Erleichterungen der Fachkräfteeinwanderung
Die Fachkräftelücke muss geschlossen werden. Auch der Prozess der Fachkräfteeinwanderung muss hierfür erheblich beschleunigt und entbürokratisiert werden. Unternehmen könnten z. B. selbst entscheiden, wer ausreichend qualifiziert ist. Menschen mit Berufserfahrung sollten daher auch mit Arbeitsvertrag und einem Jahreseinkommen von 36.000 Euro zu uns kommen können. Eine bundesweite oder zumindest landesweite Clearingstelle mit ausreichend Kompetenzen und Kapazitäten sollte Unternehmen zentral bei der Lösung praktischer Probleme helfen. Teil der Lösung könnten zentrale Ausländerbehörden in den Ländern sein, die sich als Einwanderungsbehörden für Fachkräfte verstehen.
Die Verwaltungsprozesse müssen vollständig digitalisiert und deutlich schneller werden. Betriebe wiederum müssen an einem weiter verbesserten Onboarding ausländischer Arbeitskräfte arbeiten. Die IHK ist unterstützend durch Vermittlungs- und Beratungsangebote tätig.
Qualifizierung aktiver und potenzieller Fachkräfte
Die Verbesserung der schulischen Grundqualifikationen aller Schulabgänger ist notwendig, um Erwerbspotenzial und Produktivität zu steigern. Wirtschaftsbezogene Zusammenhänge sollten deutlich mehr Eingang in den schulischen Unterricht finden. Hierfür müssen ausreichend Lehrkräfte gewonnen werden, etwa durch verkürzte Vorbereitungsdienste und vereinfachte Quereinstiege. Die Einführung eines verpflichtenden Gemeinschaftsdienstes würde aus Sicht der Wirtschaft in Nord-Westfalen sowohl den Fachkräftebedarf im sozialen Bereich und damit die Fachkräftekonkurrenz zur übrigen Wirtschaft lindern als auch junge Menschen mit Erfahrungen ausstatten, die im Arbeitsleben von großem Vorteil sind.
Um den Anforderungen aufgrund sich ändernder Technologien gerecht zu werden, müssen Betriebe strategisch auch die zukünftig benötigten Kompetenzen ermitteln und gezielt entsprechende Weiterbildungen anstoßen. Die IHK hält für die regionale Wirtschaft geeignete Weiterbildungsangebote bereit.
Zur Erhöhung der Gesamtarbeitsleistung sollten deutliche steuerliche Anreize für Überstunden und Berufstätigkeit in der Rente gesetzt werden.