Fachkräftesicherung
Mit dem am 1. März 2020 in Kraft getretenem Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) eröffneten sich neue Perspektiven der Rekrutierung von qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland. Das FEG wurde in mehreren Schritten novelliert. Die meisten Regelungen sind am 1. März 2024 in Kraft getreten, die Regelungen zu den Fachkräftetiteln der §§ 18a und 18b AufenthG sowie zur Blauen Karte EU gelten seit 18. November 2023 und die neue Chancenkarte seit 1. Juni 2024.
Fachkräfteeinwanderung
© IHK NW
Die neuen gesetzlichen Regelungen seit dem 1. März 2024 bieten erweiterte Möglichkeiten der Zuwanderung aus Drittstaaten (Nicht-EU-Staaten).
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz basiert auf 3 Säulen:
1. Fachkräfte- säule |
2. Erfahrungs- säule |
3. Potenzial- säule |
Diese Zusammenstellung umfasst wichtige Änderungen, gibt aber keinen vollständigen Überblick über das Regelwerk. Für die verschiedenen Zuwanderungsmöglichkeiten müssen immer bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehört u. a. die Sicherung des Lebensunterhalts.
3-Säulen-Modell der Fachkräfteeinwanderung
1. Fachkräftesäule
Die Fachkräftesäule soll die zentrale Säule der Fachkräfteeinwanderung sein. Hier sind internationale Fachkräfte gemeint, die
- im Ausland ein Hochschulstudium abgeschlossen haben, das in Deutschland anerkannt ist, oder
- im Ausland eine Berufsqualifikation erworben haben und im Berufsanerkennungsverfahren einen Bescheid über die volle Gleichwertigkeit mit einem deutschen Berufsabschluss erhalten haben oder
- in Deutschland ein Studium oder eine qualifizierte Berufsausbildung absolviert haben
Diese Neuerungen für die Fachkräftesäule gelten seit 18. November 2023:
1. Änderungen bei den Fachkrafttiteln §§ 18a und 18b AufenthG
- Anerkannte Fachkräfte (s. o.) dürfen jetzt in allen qualifizierten Berufen arbeiten (mit Ausnahme von reglementierten Berufen wie Heil-, Pflege- und Lehrberufen). Für diese Aufenthaltstitel sind im Wesentlichen ein Arbeitsplatzangebot bzw. -vertrag und die Anerkennungsnachweise erforderlich
- Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, gibt es einen Anspruch auf diese Titel
2. Anpassung der Bestimmungen für die Blaue Karte EU im Zuge der Umsetzung der EU-Hochqualifiziertenrichtlinie
- Ausweitung des Geltungsbereichs der Blauen Karte EU von Hochschulabschlüssen auf äquivalente Abschlüsse wie Meisterabschluss, Technikerabschluss, Fachwirte, Erzieher/innen etc. sowie auf berufserfahrene Personen aus dem IKT-Bereich (mit mind. 3 Jahren einschlägiger Berufserfahrung innerhalb der letzten 7 Jahre)
- Inhaber/innen einer Blauen Karte EU müssen eine ihrer Qualifikation angemessene Beschäftigung ausüben
- Absenkung der Mindestgehaltsgrenze auf 45.300 Euro (50 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der allg. Rentenversicherung) bzw. für Engpassberufe und Berufsanfänger/innen auf 41.041,80 Euro (45,3 Prozent) (statt vorher 58.400 Euro bzw. 45.552 Euro)
- Erleichterungen u. a. bei Familiennachzug, Arbeitgeberwechsel, Mobilität innerhalb der EU sowie Erlangung eines Daueraufenthalts EU
3. Änderungen bei den Regelungen für Berufskraftfahrer/innen
- Bei Berufskraftfahrern (m/w/d) entfällt die Vorrangprüfung sowie die Prüfung der Berufsausübungsvoraussetzungen (EU-/EWR-Fahrerlaubnis, Berufskraftfahrerqualifikation) durch die Bundesagentur für Arbeit. Das Vorliegen der erforderlichen Papiere ist jetzt durch den Arbeitgeber zu prüfen, ebenso das erforderliche Sprachniveau für Nachqualifizierungen.
Wichtig: An den allgemeinen Berufszugangsvoraussetzungen für Berufskraftfahrer ändert sich nichts. Diese werden seit 18. November 2023 lediglich nicht mehr im Rahmen des Aufenthaltsverfahrens von den Behörden geprüft, sondern müssen vom Arbeitgeber im Formular Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis – Zusatzblatt C bestätigt werden - Für die Zuwanderung von Berufskraftfahrern (m/w/d) kann das beschleunigte Fachkräfteverfahren zur Anwendung kommen, nicht nur wie bisher in den Fällen mit vorliegender EU-/EWR-Fahrerlaubnis und Berufskraftfahrerqualifikation
Diese Neuerungen für die Fachkräftesäule gelten seit 1. März 2024:
Keine Vorrangprüfung bei der Einreise zur Ausbildung
Wie bisher können Personen einreisen, die in Deutschland eine Ausbildung absolvieren möchten und bereits einen Ausbildungsvertrag mit einem Unternehmen haben. Die Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit wurde wie die für Fachkräfte abgeschafft.
Wie bisher können Personen einreisen, die in Deutschland eine Ausbildung absolvieren möchten und bereits einen Ausbildungsvertrag mit einem Unternehmen haben. Die Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit wurde wie die für Fachkräfte abgeschafft.
2. Erfahrungssäule
Beschäftigung von Fachkräften auch ohne förmliches Anerkennungsverfahren in nicht-reglementierten Berufen
Es können Fachkräfte ohne förmliches Anerkennungsverfahren in Deutschland eine qualifizierte Beschäftigung ausüben. Für diese gilt:
- Vorausgesetzt wird ein/e im Erwerbsland staatlich anerkannte/r Hochschulabschluss oder mind. 2-jährige Berufsqualifikation und mind. 2 Jahre Berufserfahrung auf Fachkraft-Niveau (innerhalb der letzten 5 Jahre), die in einem berufsfachlichen Zusammenhang mit der in Deutschland angestrebten Tätigkeit steht
- Verzicht auf Anerkennung in Deutschland bei nicht-reglementierten Berufen
- berufserfahrene Informations- und Kommunikations-Spezialisten müssen nur die einschlägige Berufserfahrung, aber keinen Abschluss nachweisen
- Weitere Voraussetzungen:
- Mindestgehalt von 40.770 Euro (45 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allg. Rentenversicherung) – tarifgebundene Unternehmen dürfen im Rahmen des Tarifvertrags nach unten abweichen
- Tätigkeit in einem in Bezug auf die Berufserfahrung verwandten Beruf
- vorliegendes/r Arbeitsplatzangebot/-vertrag
Anerkennungspartnerschaft
In die Erfahrungssäule wurde die so genannte Anerkennungspartnerschaft aufgenommen:
- Das Anerkennungsverfahren kann vollständig in Deutschland durchgeführt werden, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer/in sich verpflichten, es unverzüglich nach der Einreise zu starten und eine ggf. erforderliche Anpassungsqualifizierung durchzuführen
- Währenddessen können Arbeitnehmer/innen eine qualifizierte Beschäftigung, die im Zusammenhang mit der eigenen Qualifikation und der angestrebten Tätigkeit stehen, ausüben
- Auch für die Anerkennungspartnerschaft müssen Arbeitnehmer/in und Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen erfüllen
Diese Neuerungen für die Fachkräftesäule gelten seit dem 1. Juni 2024:
3. Potenzialsäule
Bei der neuen Chancenkarte, die am 1. Juni 2024 in Kraft getreten ist, handelt es sich um einen Suchtitel. Personen können ohne Arbeitsplatzangebot oder Vertrag zur Suche einer Arbeit, Ausbildung oder Qualifizierung im Rahmen des Anerkennungsverfahrens für max. 12 Monate einreisen. Dafür müssen sie folgende Grundvoraussetzungen erfüllen:
- gesicherter Lebensunterhalt und
- im Erwerbsland staatlich anerkannte/r Hochschulabschluss oder mind. 2-jährige Berufsqualifikation und
- mindestens Deutschkenntnisse Niveau A1 oder Englischkenntnisse Niveau B2
Zusätzlich müssen sie entweder eine volle Anerkennung ihres Berufs- oder Hochschulabschlusses oder mindestens 6 Punkte gemäß der so genannten Chancenkarte vorweisen. Kriterien für die Punktevergabe sind dabei Qualifikation, Berufserfahrung, Engpassberuf, weitere Sprachkenntnisse, Alter, Deutschlandbezug sowie das Potenzial des/der mitziehenden Ehe/Lebenspartner/in.
Erhalten die Suchenden ein/en Arbeitsplatzangebot/vertrag, erfüllen aber noch nicht alle Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung, kann die Chancenkarte einmalig um bis zu 2 Jahre verlängert werden (Folge-Chancenkarte). Damit kann die erforderliche Berufserfahrung erlangt werden.
Für Ausbildungsplatzsuchende (§ 17 AufenthG) wurden die bisherigen Voraussetzungen erleichtert und die Suchdauer von 6 auf 9 Monate verlängert.
Die Suchtitel ermöglichen:
- Probebeschäftigungen von jeweils 2 Wochen (Vollzeit); bei der Ausbildungsplatzsuche von insgesamt 2 Wochen
- Nebenbeschäftigung von max. 20 Stunden pro Woche (auch zur Unterhaltssicherung)
Möglichkeiten für Personen ohne Nachweis einer Qualifikation
Westbalkan-Regelung
Im Rahmen der Westbalkan-Regelung können Personen aus den 6 Westbalkan-Staaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Republik Nordmazedonien sowie Serbien auch ohne Nachweis einer Qualifikation in Deutschland arbeiten. Es gelten folgende Änderungen:
- Regelung wurde entfristet
- Kontingent wird von 25.000 auf 50.000 Personen/Jahr verdoppelt (tritt am 1. Juni 2024 in Kraft)
- Kontingentierte kurzzeitige Beschäftigung (seit dem 1. März 2024)
Im Rahmen von Kontingenten, die die Bundesagentur für Arbeit (BA) für bestimmte Wirtschaftszweige und Berufsgruppen festlegen kann, können Personen unabhängig von ihrer Qualifikation unter bestimmten Voraussetzungen befristet beschäftigt werden:
- regelmäßige Wochenarbeitszeit mind. 30 Stunden
- Befristung der Beschäftigung auf max. 8 Monate innerhalb von 12 Monaten
- Arbeitgeber muss der Tarifbindung unterliegen und zu tariflichen Bedingungen beschäftigen
- Arbeitgeber muss Reisekosten tragen
- Sozialversicherungsfreiheit ist ausgeschlossen
- Insgesamt kann ein Unternehmen nur 10 Monate von 12 Monaten Personen aus dem Ausland nach dieser Regelung beschäftigen
- bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen kann die Person in jeden Aufenthaltstitel zu Beschäftigungs- oder Ausbildungszwecken wechseln, ohne das Visumverfahren durchlaufen zu müssen
Weiteres finden Sie in folgenden Unterlagen der Bundesagentur für Arbeit (BA):
- Infoblatt zur kontingentierten kurzzeitigen Beschäftigung
- Zusatzblatt D zur Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis
- Für das Jahr 2024 hat die BA ein Kontingent von 25.000 Zustimmungen für alle Branchen festgesetzt.
Änderungen im Zusammenhang mit der Asylmigration
Spurwechsel für Asylbewerber/innen
Asylbewerber/innen können eine Aufenthaltserlaubnis zur qualifizierten Beschäftigung in Deutschland beantragen, wenn sie ein/en Arbeitsplatzangebot bzw. -vertrag haben und ihren Asylantrag zurücknehmen. Diese Regelung gilt seit 23. Dezember 2023 und betrifft Personen, die
- bis zum 29. März 2023 eingereist sind und
- die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft nach §§ 18a (mit anerkanntem Berufsabschluss), 18b (mit anerkanntem Hochschulabschluss oder äquivalentem Abschluss) oder 19c Abs. 2 AufenthG i. V. mit § 6 BeschV (mit ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung) erfüllen
Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer/innen (seit 1. März 2024):
- Parallel zur bestehenden Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG) wurde eine neue Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer/innen (§ 16g AufenthG) geschaffen
- Voraussetzungen für die neue Aufenthaltserlaubnis sind analog zu denen der Ausbildungsduldung
- Bei gesichertem Lebensunterhalt kann aus der Ausbildungsduldung in diese neue Aufenthaltserlaubnis gewechselt werden
Erleichterungen bei der Beschäftigungsduldung (seit 1. März 2024):
Im Rückführungsverbesserungsgesetz wurden die Voraussetzungen für die bereits entfristete Beschäftigungsduldung (§ 60d AufenthG) erleichtert. Diese können Geduldete für 30 Monate erhalten, die bereits länger einer Beschäftigung nachgehen und damit ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern können. Es gilt folgendes:
- Verlegung des bisherigen Stichtags für die Einreise vom 1. August 2018 auf den 31. Dezember 2022
- Verkürzung der geforderten Vorbeschäftigungszeit von 18 auf 12 Monate
- Reduzierung des wöchentlichen Mindestmaßes der Beschäftigung von 35 auf 20 Stunden
IHK-Services zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte
UBAconnect
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Anerkennung ausländischer Abschlüsse
Wenn im Ausland ein Berufsabschluss erworben wird, hilft die Anerkennung/Gleichstellung der Berufsqualifikation mit einem deutschen Berufsabschluss dabei, eine der erworbenen Qualifikation entsprechende Berufstätigkeit in Deutschland aufnehmen zu können. Bei allen Anerkennungsverfahren wird das ausländische Zeugnis geprüft und mit einer deutschen Qualifikation verglichen. Im Idealfall wird Ihre Qualifikation als gleichwertig eingestuft und eine Anerkennung ausgesprochen.
Integration von Flüchtlingen
Die Potenziale, die Flüchtlinge mitbringen, können Unternehmen in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels für sich nutzen. Dies eröffnet die Chance auf eine Integration in den Arbeitsmarkt.
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Wenn im Ausland ein Berufsabschluss erworben wird, hilft die Anerkennung/Gleichstellung der Berufsqualifikation mit einem deutschen Berufsabschluss dabei, eine der erworbenen Qualifikation entsprechende Berufstätigkeit in Deutschland aufnehmen zu können. Bei allen Anerkennungsverfahren wird das ausländische Zeugnis geprüft und mit einer deutschen Qualifikation verglichen. Im Idealfall wird Ihre Qualifikation als gleichwertig eingestuft und eine Anerkennung ausgesprochen.
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