12. April 2024
Die EU setzt mit den neuen Regeln Standards für ökologisches und soziales Wirtschaften und erschwert die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, die diese nicht einhalten. „Die regionalen Unternehmen stehen hinter den Nachhaltigkeitszielen und unterstützen diese aktiv“, betonte Baumgürtel. Sorge bereitet ihm aber weiterhin der hohe Bürokratie- und Dokumentationsaufwand. „Zumal zu den unternehmensbezogenen Anforderungen aus dem europäischen Nachhaltigkeitsreporting als Grundlage der Taxonomie noch die produktbezogenen Anforderungen im Rahmen der neuen Ökodesignverordnung in Produktpässen dokumentiert werden müssen“, kritisierte Baumgürtel. Nachbesserungen der ersten Entwürfe hätten zwar zu einigen Erleichterungen geführt, aber „viele Unternehmen hätten sich mehr Praxisbezug und eine Vermeidung von Mehrfacherfassung gewünscht“.
EU-Nachhaltigkeitsregeln als Chance nutzen
EU-Nachhaltigkeitsregeln als Chance nutzen
Gelsenkirchen/Emscher-Lippe-Region/Münsterland. – Die IHK Nord Westfalen drängt weiter auf eine Vereinfachung des EU-Regelwerks zur Sustainable Finance, also der nachhaltigen Finanzierung. Das betonte IHK-Vizepräsident Lars Baumgürtel gestern (11. April) in Gelsenkirchen vor rund 170 Teilnehmern beim Sustainable-Finance-Forum, zu dem der FC Schalke 04 und die IHK in die VELTINS-Arena eingeladen hatten.
„Jetzt anfangen“ lautete die wichtigste Botschaft der Referentinnen und Referenten beim Sustainable-Finance-Forum auf Schalke, als es um das EU-Regelwerk zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ging: (v.l.) Theres Schäfer (PwC Deutschland), Dr. Susanne Beer (KPMG), Moderatorin und IHK-Vizepräsidentin Tatjana Hetfeld, Stephan Kulbatzki (Stölting Service Group), Sven Wolf (IHK), Prof. Dr. Tatjana Oberdörster (Westfälische Hochschule), IHK-Vizepräsident Lars Baumgürtel, Steffen Pörner (Bankenverband NRW), Dr. Jochen Grütters (IHK-Standortleiter Emscher-Lippe), Christina Rühl-Hamers (FC Schalke 04) und Dr. Arnt Baer (Gelsenwasser AG).
© Rabas/FC Schalke 04
Die IHK Nord Westfalen hat sich immer wieder mit Gesprächen und Stellungnahmen in Berlin und Brüssel in den Gesetzgebungsprozess eingebracht „und so zu den bisher erreichten Erleichterungen beitragen“, so der IHK-Vizepräsident. Oft sei es aber besser, „wenn die Politik nur das Ziel vorgeben würde und wir Unternehmerinnen und Unternehmen dann den Weg dorthin selbst gehen könnten – in Eigenverantwortung und mit dem wirtschaftlich notwendigen Gestaltungsspielraum“, kritisierte der Unternehmer aus Gelsenkirchen. „Aber jetzt heißt es, Ärmel hochkrempeln und die Chancen nutzen, die sich durch eine konsequente nachhaltige Ausrichtung für die Betriebe ergeben“, appellierte er. Denn erste Unternehmen müssen bereits für das Geschäftsjahr 2024, andere für die Folgejahre umfangreiche Berichts- und Offenlegungspflichten zur Nachhaltigkeit erfüllen.
„Daher gilt es, zeitnah und mit positivem Blick auf die Chancen mit der Umsetzung zu beginnen“, erläuterte Sven Wolf, Geschäftsbereichsleiter Unternehmensförderung der IHK Nord Westfalen. Deshalb gaben Experten aus Real- und Finanzwirtschaft, Wirtschaftsprüfung und Hochschule bei der Veranstaltung hilfreiche und motivierende Tipps. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Wesentlichkeitsanalyse, mit der nachhaltigkeitsrelevante Geschäftsfelder im Unternehmen identifiziert werden. Für diese Aktivitäten fordert die EU-Taxonomie eine umfangreiche Erfassung und Auswertung von Daten zu Umwelt und Klima, Soziales sowie Unternehmensführung entlang der gesamten Wertschöpfungskette, damit die wirtschaftlichen Aktivitäten im Hinblick auf die Nachhaltigkeit klassifiziert werden können.
Auch Kreditinstitute werden bei Finanzierungen zunehmend Nachhaltigkeitsinformationen von den Unternehmen fordern. „Nachhaltigkeit sollte daher in die Unternehmensstrategie und Organisationsstruktur abteilungsübergreifend integriert werden”, rät Sven Wolf. Er sieht eine besondere personelle Herausforderung für die Betriebe darin, fachliches Know-how in den Bereichen Umwelttechnik, Nachhaltigkeitsmanagement und Sustainable Finance aufzubauen und vorzuhalten. „Wir haben uns als IHK Nord Westfalen rechtzeitig darauf vorbereitet und bieten, genauso wie die Westfälische Hochschule und andere Bildungsträger, verschiedene Informationsveranstaltungen und Fortbildungen dazu an“.