6. September 2023

Azubis wollen nah am Arbeitsplatz wohnen

Umfrage von IHK und HWK bei Auszubildenden
Münsterland/Emscher-Lippe-Region – Fast jeder vierte Auszubildende würde zu Beginn seiner Ausbildung in ein Wohnheimzimmer am Ort des Arbeitsplatzes ziehen. Das ist ein zentrales Ergebnis einer gemeinsamen Umfrage von Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen und Handwerkskammer (HWK) Münster, an der sich über 5.000 Berufsstarter beteiligt haben. Dass sich so viele Auszubildende günstigen Wohnraum in Ausbildungsnähe wünschen, hat für Carsten Taudt, IHK-Geschäftsbereichsleiter Bildung und Fachkräftesicherung, einen guten Grund. „Für viele Azubis im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region ist der Weg zum Arbeitsplatz weit“, verweist er auf ein weiteres Ergebnis der Umfrage. Danach nimmt rund ein Drittel morgens eine Fahrzeit von mindestens einer halben Stunde auf sich. Jeder zehnte braucht sogar über eine Stunde bis zum Ausbildungsbetrieb.
Die Umfrage macht aus Sicht von HWK und IHK den Wunsch vieler Auszubildenden nach eigenem Wohnraum offensichtlich. „Für 24,7 Prozent der antwortenden Auszubildenden kommt ein Umzug auch während der Ausbildung noch in Betracht. Allerdings kommt es auf die Umstände an“, ordnet HWK-Abteilungsleiter Carsten Haack die Zahlen ein. So sei für die Auszubildenden, neben der Nähe zum Ausbildungsbetrieb, die Bezahlbarkeit ein wichtiges Entscheidungskriterium.
Laut Umfrage ist ein großer Teil (43,8 Prozent) bereit, bis zu 200 Euro für ein Zimmer zu zahlen. Nicht einmal jeder Zehnte (8,4 Prozent) kann oder will mehr als 400 Euro aufbringen. „Die Ergebnisse zeigen allerdings deutliche regionale Unterschiede“, präzisiert Haack. „Insbesondere in Münster wünschen sich Auszubildende günstigen Wohnraum.“
In Münster sind 32,8 Prozent an einem Wohnheimzimmer zu Beginn der Ausbildung interessiert. Genauso viele würden auch jetzt noch gerne dahin umziehen. Für 48,6 Prozent kommt der Umzug in ein Azubiwohnheim auf keinen Fall in Betracht. „Diese Ergebnisse sind keine Überraschung“, so Haack. „Schließlich kommen in Münster viele Auszubildende aus dem Umland, weshalb jeder zweite mehr als eine halbe Stunde zum Ausbildungsbetrieb unterwegs ist.“
Auch in Gelsenkirchen gibt es bei Auszubildenden den Wunsch nach günstigen Unterkünften nah am Arbeitsplatz. Allerdings konnte sich hier jeweils nur ein Fünftel der antwortenden Azubis zu Beginn der Ausbildung (20,9 Prozent) bzw. während der Ausbildung (21,1 Prozent) den Umzug in ein Wohnheim vorstellen. Der deutlich größte Teil (64,9 Prozent) ist laut Umfrage in Gelsenkirchen mit der Wohnsituation offensichtlich so zufrieden, dass er den Bezug eines Wohnheimzimmers zu keinem Zeitpunkt in Betracht ziehen würde.
Die wachsende Bedeutung geeigneten Wohnraums für Auszubildende lässt sich auch aus einer durch IHK und HWK zeitgleich durchgeführten Unternehmensbefragung ableiten, an der 1.418 Betriebe teilnahmen. Bei immerhin elf Prozent scheiterte bereits mindestens einmal der Abschluss eines Ausbildungsvertrages, weil die Aussicht auf günstigen Wohnraum in der Nähe des Arbeitsplatzes für Bewerber fehlte. Doch auch hier sind die regionalen Unterschiede groß. So teilten in Münster immerhin 18,1 Prozent der Betriebe diese Erfahrung, während nur 6,5 Prozent der Unternehmen in Gelsenkirchen schon einmal Bewerber aus diesem Grund nicht für sich gewinnen konnten.
„Günstiger Wohnraum in Arbeitsplatznähe ist für Auszubildende genauso wichtig wie für Studierende. Deshalb ist es grundsätzlich gut, wenn so etwas wie Wohnheime für Azubis auf den Weg gebracht werden“, resümiert Taudt. „Für Betriebe, Investoren oder Kommunen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen möchten, stehen IHK und HWK mit den Informationen aus diesen Umfragen als Ansprechpartner bereit“, ergänzt Haack. Für den Erfolg solcher Projekte seien Detailkenntnisse oft sehr entscheidend, sagt er und nennt ein überraschendes Ergebnis der Umfrage: „Dass Parkmöglichkeiten für zwei Drittel der Auszubildenden eher wichtig bis sehr wichtig sind, hatten wir nicht erwartet.“ Das Thema Azubiwohnen wird nun in den Gremien der beiden Wirtschaftskammern weiter behandelt werden.

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