IHKs fordern „Wirtschaft-first-Strategie“

Ruhr-Wirtschaft schafft es nicht aus der Krise

„Es geht weiter bergab. Unsere Unternehmen hängen in der Rezession fest und sind verunsichert.“ Mit diesen klaren Worten stellten die IHKs der Region die Konjunktur im Ruhrgebiet vor. Die Zahlen spiegeln die gedrückte Stimmung der Unternehmen wider: Vor allem der Handel blickt pessimistisch in die Zukunft. Nur etwa ein Viertel der Unternehmen berichtet von einer guten Geschäftslage.
„Die Zahlen kann man nicht schönreden. Der Wirtschaft helfen keine politischen Lippenbekenntnisse, wir Unternehmer brauchen jetzt einen Wachstumsturbo aus Berlin“, fordert Werner Schaurte-Küppers, Präsident der Niederrheinischen IHK, in diesem Jahr Sprecher der IHKs im Ruhrgebiet. Einst beliebte deutsche Industrieprodukte – wie Autos oder Stahl aus Duisburg – verkaufen sich immer schlechter, die Auftragsbücher sind leer. „Die Konkurrenz aus China und Fernost hängt uns ab“, bedauert Schaurte-Küppers. Den Entlastungspaketen der Bundesregierung fehlt die Kraft. Die USA machen vor, wie es geht: Sie fördern Innovationen. „Zu viel Bürokratie, teure Energie und Steuern schrecken ab. Viele fragen sich berechtigt: Warum soll ich in Deutschland investieren?“, so der IHK-Präsident.

Erhoffte Trendwende bleibt aus
Der IHK-Konjunkturklimaindex verharrt zum dritten Mal in Folge auf einem niedrigen Wert, aktuell bei 94 Punkten. Dazu IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger: „Seit mehr als 15 Jahren haben wir im Ruhrgebiet keine so lang anhaltend schlechten Umfragewerte beobachtet. Ja, vereinzelt, zur Coronazeit. Und als Folge des Energieschocks zu Beginn des Krieges in der Ukraine. Aber diese Krisen hatten einen externen Auslöser. Unsere Wirtschaft hat sich in beiden Fällen schnell gefangen und wieder Tritt gefasst. Das sehen wir derzeit nicht. Diese Krise ist anders. Sie ist struktureller Natur.“

Verschärfte Lage, gleiche Forderungen
Viele Betriebe sehen sich ausgebremst. Die politischen Rahmenbedingen passen nicht mehr in die Zeit, kritisieren 57 Prozent der Befragten. Die Ruhr-IHKs fordern eine „Wirtschaft-first-Strategie“. Die Industrieregion braucht bezahlbare Energie. Auch Steuern und Abgaben müssen runter. Duisburg und Essen wollen die Gewerbesteuer senken. Eine kleine, aber konkrete Wirtschaftshilfe, loben die IHKs. Gleichzeitig muss das Ruhrgebiet mobil bleiben. „Bürokratie und lange Planung bremsen. Wir brauchen mehr Beispiele wie die Schlachthofbrücke in Bochum. Hier soll der Verkehr nach 15 Wochen Bauzeit wieder rollen. Bei der Uerdinger Brücke sind es selbst im besten Fall 13 Jahre. Viel zu lange“, kritisiert IHK-Präsident Schaurte-Küppers.

Fachkräfte halten, Integration fördern
Im Ruhrgebiet kommen Menschen aus aller Welt zusammen. Eine Stärke, finden die IHKs. Doch bisher leider ungenutzt. Die Hürden seien zu hoch, bis Fachkräfte aus dem Ausland im Betrieb anfangen können. Trotz der schwächelnden Konjunktur bleibt der Fachkräftemangel weiter eine große Sorge vieler Unternehmen. Jeder zweite Betrieb bezeichnet ihn als Risiko für seine Entwicklung. 43 Prozent der Befragten geben an, ihre offenen Stellen langfristig nicht besetzen zu können. Deswegen wollen sie ihre Beschäftigten halten. Laut Umfrage zwei Drittel. Lediglich der Handel ist zurückhaltend.

Eine Branche mit Lichtblick
Dienstleistungen zeigen sich krisenbeständig. Immerhin rund ein Drittel bewerten die aktuelle Lage als gut. Sie sind zuversichtlicher als andere Branchen. Der Handel spürt hingegen die gesunkene Kauflaune. Auch verlieren stationäre Händler durch hohe Fixkosten gegenüber dem Online-Handel. Fast 40 Prozent erwarten schlechtere Geschäfte in den kommenden Monaten. Selbst das nahende Weihnachtsgeschäft sorgt in diesem Herbst nicht für Optimismus.

Hintergrund zur Umfrage
Der Ruhrlagebericht stützt sich auf die Antworten von rund 720 Unternehmen. Diese beschäftigen insgesamt über 100.000 Menschen. Der IHK-Konjunkturklimaindex fasst die Geschäftslage und die Erwartungen zusammen. Der Durchschnittswert der letzten zehn Jahre liegt bei 113 Punkten.
Pressemitteilung vom 22.10.2024.