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EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD)

Im Juli 2024 ist die europäische Richtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten für nachhaltige Lieferketten (CSDDD) in Kraft getreten. Bis Juli 2026 müssen EU-Mitgliedsstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Betroffene Unternehmen sind künftig verpflichtet, ihre Lieferketten mit Blick auf Umwelt- und Menschenrechtsbelange zu überprüfen.

Zeitplan: Wer ist ab wann betroffen?

Juli 2024
Die EU-Lieferketten-Richtlinie (CSDDD) tritt in Kraft.
Juli 2026
Bis zu diesem Zeitpunkt müssen EU-Mitgliedsstaaten die CSDDD in nationales Recht umsetzen. Deutschland wird hierfür voraussichtlich das bereits seit dem 1. Januar 2023 geltende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („Lieferkettengesetz“, LkSG) anpassen.
2027
(3 Jahre nach Inkrafttreten)
Die CSDDD muss für Unternehmen mit
  • mehr als 5.000 Beschäftigten und
  • mehr als 1,5 Mrd. Euro weltweiten Nettojahresumsatz
angewendet werden.
2028
(4 Jahre nach Inkrafttreten)
Die CSDDD muss für Unternehmen mit
  • mehr als 3.000 Beschäftigten und
  • mehr als 900 Mio. Euro Nettojahresumsatz
angewendet werden.
2029
(5 Jahre nach Inkrafttreten)
Die CSDDD muss für Unternehmen mit
  • mehr als 1.000 Beschäftigten und
  • mehr als 450 Mio. Euro Nettojahresumsatz
angewendet werden.

Wichtig:
  • In bestimmten Ausnahmekonstellationen ist es möglich, dass Holdinggesellschaften von den Pflichten im Zusammenhang mit der CSDDD befreit sind. Das kann sein, wenn sich die Tätigkeit der Gesellschaften ausschließlich auf das Halten von Anteilen beschränkt und durch sie keine Management-, Betriebs- oder finanziellen Entscheidungen getroffen werden, die den Konzern oder andere Tochtergesellschaften betreffen.
  • Von der CSDDD werden auch Nicht-EU-Unternehmen erfasst. An dieser Stelle (und in einigen weiteren Punkten) unterscheidet sich die Richtlinie vom deutschen LkSG, das nur bestimmte Zweigniederlassungen von ausländischen Unternehmen in Deutschland erfasst.
  • In der aktuellen Richtlinie sind – anders als im ursprünglichen Entwurf – keine Sonderregeln für Hochrisikobranchen mehr enthalten. Durch eine Überprüfungsklausel können etwaige Vorschriften aber noch ergänzt werden.

Welche Pflichten gibt es?

Die von der CSDDD betroffenen Unternehmen müssen folgende Sorgfaltspflichten erfüllen:
  • nachteilige Menschenrechts- und Umweltauswirkungen identifizieren und bewerten;
  • tatsächlich und potenziell nachteilige Menschenrechts- und Umweltauswirklungen verhindern, beenden oder minimieren;
  • Abhilfemaßnahmen erarbeiten, mit denen etwaige Schäden durch Verletzungen der Menschenrechte und des Umweltschutzes korrigiert und zukünftige Verstöße verhindert werden;
  • Wenn besonders schwere negative Auswirkungen aus einer Geschäftsbeziehung dauerhaft nicht verhindert werden können, muss diese – als ultima ratio – beendet werden;
  • Wirksamkeit der Maßnahmen beobachten (Monitoring) und bewerten;
  • Öffentliche Kommunikation: Jährlich muss ein Bericht über die Einhaltung der Sorgfaltspflichten erstellt werden. Hiervon ausgenommen sind Unternehmen, die bereits einen Nachhaltigkeitsbericht entsprechend der CSR-Richtlinie verfassen müssen;
  • Betroffene und weitere Stakeholder einbeziehen;
  • Melde- und Beschwerdeverfahren einrichten;
Die Sorgfaltspflichten müssen in die Unternehmenspolitik integriert werden und fester Bestandteil des (Risiko-) Managements sein. Es muss ein Verhaltenskodex erstellt werden.
Die CSDDD folgt einem risikobasierten Ansatz mit Bemühenspflicht. Unternehmen müssen sich angemessen dafür einsetzen, Risiken in der Lieferkette zu verhindern und abzumildern. Dabei können sie die Risiken nach Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit ordnen und entsprechend Maßnahmen ergreifen.

Die Lieferkette

Betroffene Unternehmen müssen die Sorgfaltspflichten praktisch entlang der gesamten Lieferkette ausüben. Dabei sind bei vorgelagerten Aktivitäten sowohl direkte als auch indirekte Geschäftspartner zu berücksichtigen. Bei nachgelagerten Aktivitäten beschränkt sich die Kontrolle auf Vertrieb, Transport und Lagerung. Die Entsorgung wurde aus der Definition gestrichen. Außerdem müssen bei den nachgelagerten Aktivitäten nur die direkten Geschäftspartner in den Blick genommen werden.

Geschützte Rechtsgüter

Die Sorgfaltspflichten gelten in Bezug auf mehrere Menschen- und Umweltrechte. Im Vergleich zum deutschen LkSG sind die Vorgaben umfassender, vor allem bei den umweltrechtlichen Belangen.
Zu den geschützten menschenrechtlichen Positionen gehören zum Beispiel das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, angemessene Löhne oder das Verbot von Ungleichbehandlung in der Beschäftigung (Anhang Teil I der CSDDD).
Bei den umweltrechtlichen Positionen werden etwa der Artenschutz, Wasser- und Luftverschmutzung, schädliche Emissionen und der Schutz des Bodens vor schädlichen Veränderungen berücksichtigt (Anhang Teil II).
Direkt betroffene Unternehmen müssen zudem einen Plan erarbeiten, mit dem sie sicherstellen, dass ihr Geschäftsmodell und die Strategie im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen, das heißt der Eindämmung des Klimawandels, steht (Artikel 22).

Besondere Unterstützung für KMU

Im Zusammenhang mit dem deutschen LkSG wurde das Problem erkannt, dass große Unternehmen Sorgfaltspflichten auf ihre Zulieferer abwälzen. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist das eine Herausforderung. Aufgrund ihrer häufig geringeren Verhandlungsmacht können sie sich nicht dagegen wehren, wenn ihnen übermäßig viele Sorgfaltspflichten auferlegt werden.
Der europäische Gesetzgeber adressiert dieses Problem In der CSDDD sind verschiedene Mechanismen zum Schutz von KMU definiert. Dazu gehört, dass große Unternehmen KMU-Geschäftspartner zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards befähigen sollen (siehe Artikel 10 und 11 der CSDDD).
Sofern ein KMU vertragliche Zusicherungen erteilt, dann „müssen die angewandten Bedingungen fair, angemessen und diskriminierungsfrei sein“ (Artikel 10, Absatz 5 und Artikel 11, Absatz 6).

Mustervertragsklauseln

Bis zum 26. Januar 2027 will die EU-Kommission Leitlinien zu sogenannten Mustervertragsklauseln annehmen. Unternehmen, die direkt von der Richtlinie betroffen sind, soll dabei geholfen werden, die vertraglichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit ihren Geschäftspartnern einzuhalten. Die Verwendung dieser Mustervertragsklauseln soll allerdings freiwillig sein (Artikel 18 der CSDDD).

Zivilrechtliche Haftung und Geldbußen

Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung der Sorgfaltspflichten sieht die Richtlinie eine zivilrechtliche Haftung vor, sofern ein Schaden eingetreten ist (Artikel 29 der CSDDD). Gewerkschaften und NGOs können im Auftrag von Geschädigten klagen. Dabei sollen Unternehmen nicht für Schäden haften, die ausschließlich von Geschäftspartnern verursacht wurden.
Schon heute kann eine Haftung nach deutschem Recht begründet sein. Die CSDDD sieht allerdings eine Verjährungsfrist von nicht weniger als fünf Jahren vor.
Finanzielle Sanktionen können bis zu fünf Prozent des globalen Nettoumsatzes eines Unternehmens betragen (Artikel 27, Absatz 4).

Letzter Stand: 17. September 2024
Quellen: u.a. IHK Düsseldorf