Pan-Europa-Mittelmeer-Zone (PEM)

Die modernisierten Ursprungsregeln gelten ab 1. Januar 2025 im Rahmen des Regionalen Übereinkommens über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzregeln (PEM-Übereinkommen). Die Veröffentlichung des Beschlusses erfolgte am 19. Februar 2024 im Amtsblatt (EU) L 2024/390 der Europäischen Union.  Die EU-Kommission hat ein Guidance-Papier zur Anwendung der neuen Regeln veröffentlicht. Wir fassen hier die wichtigsten Aspekte für Sie zusammen:

Modernisierte Ursprungsregeln

Das Erreichen des präferenziellen Ursprungs wird für Unternehmen durch die neuen PEM-Übergangursprungsregeln („transitional rules“) insgesamt deutlich leichter. Zahlreiche Verbesserungen entsprechen dabei dem „DIHK-Ideenpapier für moderne Handelsabkommen“. Wesentliche Vereinfachungen sind z.B.:
  1. Produktspezifische Ursprungsregeln:
    Flexiblere und einfachere Be-/Verarbeitungsregeln für mehrere HS-Kapitel, wie z. B. die Streichung kumulativer Anforderungen, niedrigere Schwellenwerte für die lokale Wertschöpfung, Ergänzung weiterer alternativer Ursprungsregeln (z.B. chemische Reaktionen können Ursprung begründen);
  2. Gleitender Durchschnittspreis:
    Der Wert der Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft kann bei mehreren Zulieferungen anhand von Durchschnittspreisen über einen gleitenden Zeitraum berechnet werden. Dadurch können z.B. ursprungsschädliche Schwankungen bei Einkaufspreisen und Wechselkursen ausgeglichen werden.
  3. Toleranz bei Positionswechsel:
    Die Schwellenwerte für die Verwendung von Vormaterialien oder Komponenten ohne Ursprungseigenschaft werden für Industrieerzeugnisse von 10 % auf 15 % des Ab-Werk-Preises und für Agrarerzeugnisse von 10 % auf 15 % des Nettogewichts angehoben.
  4. Buchmäßige Trennung:
    Nach den bisherigen Vorschriften konnten die Zollbehörden eine buchmäßige Trennung genehmigen, wenn „erhebliche Kosten oder wesentliche Schwierigkeiten bei der getrennten Lagerung auftreten“. Die geänderte Regelung (Art. 12) sieht vor, dass die Zollbehörden eine Genehmigung für die buchmäßige Trennung erteilen, „wenn fungible (austauschbare) Materialien verwendet werden“. D.h.: Der Exporteur muss bei der Beantragung einer Genehmigung zur buchmäßigen Trennung nicht mehr begründen, dass die getrennte Lagerung erhebliche Kosten verursacht oder zu erheblichen Schwierigkeiten führt. Es reicht aus, darauf hinzuweisen, dass fungible (austauschbare) Materialien verwendet werden. Die neuen Regeln enthalten außerdem nicht mehr den Ausschluss für Textilien.
  5. Duty Draw Back:
    Möglichkeit der Zollrückvergütung für die meisten Erzeugnisse;
  6. Volle Kumulierung:
    Für die meisten Erzeugnisse können künftige auch Be- oder Verarbeitungsschritte bei der Kumulierung berücksichtigt werden, die für sich genommen keinen Präferenzursprung begründen (Wertschöpfungsanteile).
  7. Nichtmanipulation statt Direktbeförderung:
    Nach dem Prinzip der Nichtmanipulation können Erzeugnisse, die durch andere Gebiete befördert werden, ihren Präferenzstatus auch dann behalten, wenn diese in Teilsendungen aufgeteilt werden. Dies trägt dem Trend hin zu regionalen Distributionszentren Rechnung.
  8. Gültigkeitsdauer für Präferenznachweise:
    Diese wird von 4 auf 10 Monate verlängert.
  9. EUR-MED / Erklärung zum Ursprung (REX):
    Die EUR-MED und die Ursprungserklärung-MED entfallen. Zudem kann die EUR.1 künftig durch von registrierten Ausführern (REX) abgegebene Erklärungen zum Ursprung (EzU) ersetzt werden, sofern die übrigen PEM-Länder dem zustimmen.
  10. Elektronische Erstellung und Austausch von Präferenzdokumenten wird ermöglicht.

Parallele Anwendung der alten und neuen PEM-Ursprungsregeln / Durchlässigkeit:

Die "Übergangsregeln" oder auch “Transitional Rules”  der Anlage A können bis zum 31. Dezember 2024 optional zu den bisher bestehenden Ursprungsregeln des Regionalen Übereinkommens angewandt werden. Die Unternehmen können zwischen beiden Systemen frei wählen, und zwar sendungsbezogen. Entsprechend gibt es übergangsweise zwei parallele Kumulierungszonen. Obwohl die neuen, flexibleren Übergangsursprungsregeln laut EU-Kommission die alten, strengeren Ursprungsregeln zu 99 % automatisch mit erfüllen, ist eine Durchlässigkeit („permeability“) zwischen dem alten Ursprungsregelsystem („PEM 1.0“) und dem neuen Ursprungsregelsystem („PEM 2.0“) nach derzeitigem Stand nicht vorgesehen. Somit ist eine automatische Verwendung von „PEM 1.0“-Nachweisen bei Präferenzkalkulationen für Export- oder Kumulierungszwecke im Rahmen der neuen „PEM 2.0“-Regeln nicht möglich. Die Anwendung der neuen Übergangsregeln muss explizit auf den Präferenzdokumenten (EUR.1, EzU, Ursprungserklärung) mit dem Zusatz „transitional rules“ bzw. „gemäß den Übergangsregeln“ dokumentiert werden. Dies bedeutet auch, dass Exporteure bei ihren EU-Zulieferern (Langzeit-)Lieferantenerklärungen anfordern müssen, die ebenfalls einen solchen expliziten Zusatzvermerk je nach PEM-Land aufweisen.

Teilnehmer Diagonale Kumulierung:

Abgesehen von der Ratifizierung der neuen Ursprungsprotokolle im bilateralen Verhältnis mit der EU steht auch die Ratifizierung der neuen Ursprungsregeln der PEM-Länder untereinander an. Nur dann ist zusätzlich zur bilateralen Kumulierung auch die diagonale Kumulierung in der PEM-Zone möglich. Welche Länder die neuen Übergangsursprungsregeln untereinander bereits konkret anwenden, ist der am 3. Mai 2024 im EU-Amtsblatt Nr. C/2024/3107 veröffentlichten Matrix zu entnehmen.

Präferenznachweise:

Wie bereits erwähnt, entfallen die EUR-MED und die Ursprungserklärung-MED. Die EUR.1 kann künftig durch von registrierten Ausführern (REX) abgegebene Erklärungen zum Ursprung (EzU) ersetzt werden. Bei der Verwendung der Nachweise nach den neuen Regelungen sind in der Einfuhranmeldung entsprechende Codierungen anzugeben. Hierauf weist die GZD in ihrer ATLAS-Info 0214/21 hin.
Darüber hinaus veröffentlichte die Europäische Kommission am 3. Mai 2024 im Amtsblatt (EU) C/2024/3107 den Anhang zur Bekanntmachung betreffend elektronisch ausgestellter Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 und EUR-MED gemäß Abs. 1 Buchstabe d der Empfehlung Nr. 1/2023 des Gemischten Ausschusses des Übereinkommens.
Für Waren, die den Ursprung durch Anwendung der Übergangsregeln erlangt haben, sind ermäßigte Abgabensätze mit Begünstigungscode 3XX zu beantragen und mit einer der folgenden Ursprungsnachweiscodierungen anzumelden:
"U075" = Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 mit Angabe „Übergangsregeln“ in Feld 7
oder
"U076" = Ursprungserklärung mit Wortlaut "Ursprung gemäß den Übergangsregeln"
Da die Länder der Pan-Europa-Mittelmeer-Zone in einem sehr kurzfristigen Verfahren entscheiden können, die alternativen Ursprungsregeln anzuwenden, kann eine zeitnahe Umsetzung im IT-Verfahren ATLAS eventuell nicht gewährleistet werden. Deswegen wurde eine Sonderregelung zur Anmeldung der Präferenzbehandlung in ATLAS vereinbart, die mit ATLAS-Info Nr. 0226/21 bekannt gegeben wurde.
Neben den erforderlichen Präferenzunterlagen "U075" bzw. "U076" sind aus technischen Gründen im IT-Verfahren ATLAS bis auf Weiteres noch zusätzlich folgende Unterlagencodierungen anzumelden:
"N954": Warenverkehrsbescheinigung EUR.1
oder
"N864" Erklärung auf der Rechnung oder eine Ursprungserklärung eines Ausführers auf der Rechnung oder auf einem anderen Handelspapier
und
"7HHF": Direktbeförderungsnachweis.
Es handelt sich hierbei lediglich um technische Codierungen, die für die IT-Anwendung ATLAS notwendig sind. Die eigentlichen Unterlagen müssen dem Anmelder nicht vorliegen. Konkret bedeutet dies, dass für die neuen Übergangsursprungsregeln folgende Unterlagencodierung in ATLAS in Kombination angegeben werden müssen:
EUR.1 mit Vermerk "Transitional Rules"
"U075" und
"U954" und
"7HHF"
Ursprungserklärung mit Vermerk "Transitional Rules"
"U076" und
"N864" und
"7HHF"
Der Wegfall dieser technisch bedingten Zusatzangaben wird in einer erneuten ATLAS-Info bekannt gegeben.
Quelle: DIHK, zoll.de