Standortpolitik

Wirtschaftsbericht Frühjahr 2019

Abkühlung der Industriekonjunktur


Der von der IHK Hochrhein-Bodensee (IHK) errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region konnte das zum Jahreswechsel erreichte Niveau von 130 Punkten halten. Da die Werte in den übrigen Regionen Baden-Württembergs gesunken sind, liegt die Region nun wieder über dem Landesschnitt. Während die Geschäftserwartungen in der Region für die kommenden Monate in Handel und Dienstleistung leicht zulegen, gehen die Erwartungen in der Industrie weiter zurück. Die Industrie als treibende Kraft des bisherigen Aufschwungs fällt zurück. „Die Absatzmärkte sowie die Wirtschaftspolitik treten als Risiken stärker in den Fokus, so Dr. Alexander Graf, der die Konjunkturumfrage bei der Kammer durchführt. Unabhängig davon bleibt der Bedarf an Fachkräften aber das meistgenannte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen.

Geschäftslage gut

Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage durch die Unternehmen ist im Vergleich zum Jahreswechsel leicht gesunken. Dennoch befindet sich der „Lage-Indikator“ mit 153 Punkten (Jahreswechsel: 160 Punkte) auf einem hohen Niveau. So beurteilen 57 Prozent der teilnehmenden Betriebe ihre momentane Geschäftslage als gut, weitere 39 Prozent als befriedigend und gerade einmal vier Prozent als schlecht. Mit der Ertragslage zeigen sich die Unternehmen aktuell zufrieden. Hier bezeichnen 44 Prozent der befragten Unternehmen die derzeitige Lage als gut; von einer schlechten Ertragslage sprechen dagegen aktuell rund 10 Prozent der Befragten.

Industrieboom geht zurück

Der Indexwert für die Geschäftslage der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee ist auch im Frühjahr weiter zurückgegangen. Das Niveau ist immer noch hoch, bleibt aber zum Teil deutlich hinter den Ergebnissen der vergangenen zwei außerordentlich guten Jahre zurück. So sank der Anteil der Unternehmen, die die Geschäftslage mit „gut“ bezeichnen seit Jahresbeginn von 63 auf 52 Prozent. Bei rund 44 Prozent der Betriebe ist die Lage befriedigend und bei 4 Prozent ist die aktuelle Geschäftslage schlecht. Eine rückläufige Tendenz zeigt sich auch beim Blick auf die Umsätze. Während die Ertragslage von rund 84 Prozent der Produktionsbetriebe noch mit gut oder befriedigend bezeichnet wird, steigt die Zahl der Betriebe mit sinkenden Umsätzen. So verzeichnen 30 Prozent der Betriebe gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal einen Rückgang. Dennoch ist der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der Industrie im langjährigen Vergleich immer noch hoch und liegt mit aktuell rund 89 Prozent auf Vorjahresniveau.
Offensichtlich drückt auch die nachlassende Nachfragedynamik auf die Stimmung. Momentan melden 25 Prozent der Industriebetriebe eine ansteigende Tendenz bei den Auftragseingängen, 51 Prozent einen gleichbleibenden Auftragseingang, während sich bei 24 Prozent ein Rückgang zeigt. Dabei hat sich die Tendenz im Auftragseingang gegenüber der letzten Befragung sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland verschlechtert.

Dienstleistungsbereich positiv, Handel stabil

Im Handel und Dienstleistungsbereich ist die Lage gut. Insbesondere im Dienstleistungsbereich ist der überwiegende Teil der Betriebe mit seiner Lage und entsprechend mit Umsatz und Ertrag mehr als zufrieden. Denn 68 Prozent der Dienstleistungsunternehmen beurteilen die aktuelle Geschäftslage als gut und 30 Prozent als befriedigend. Die Zahl der Betriebe mit gestiegenen Umsätzen gegenüber dem Vorjahresquartal hat sich von 51 auf 58 Prozent erhöht und auch die Zahl der Dienstleister, die von einer guten Ertragslage sprechen, ist auf 61 Prozent gestiegen.
Unter den Händlern berichten 38 Prozent von einer guten und 54 Prozent von einer befriedigenden Geschäftslage. Diese Werte sind gegenüber dem Jahreswechsel konstant geblieben. Etwas verbessert hat sich die Einschätzung der Ertragslage bei den befragten Händlern. Diese wird von 72 Prozent als befriedigend und von jedem fünften Betrieb mit gut angegeben.

Erwartungen für die kommenden zwölf Monate

Die meisten Unternehmen im Kammerbezirk sehen für die kommenden zwölf Monate weiterhin positive Geschäftsverläufe voraus. Dabei ist jedoch die Anzahl der Unternehmen, die von einer schlechteren Entwicklung ausgehen, seit Jahresbeginn von rund 10 Prozent auf aktuell 14 Prozent gestiegen. 61 Prozent der Unternehmen gehen von einem gleichbleibenden Geschäftsverlauf für die kommenden Monate aus. Rund ein Viertel rechnet mit einer Verbesserung.
In der Dienstleistungsbranche steigen die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate an. Ging zu Jahresbeginn der Großteil der Unternehmen von konstanten Geschäften aus (rund 70 Prozent), so sind dies im Frühjahr nun 56 Prozent. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Dienstleister, die bessere Geschäfte erwarten von 17 auf 34 Prozent verdoppelt und die Zahl derer, die eine pessimistischere Geschäftsentwicklung prognostizieren von 13 auf 10 Prozent verringert.
Unter den Produktionsbetrieben setzt sich die rückläufige Erwartung bezüglich der Geschäftsentwicklung aber fort. Der Index für die Geschäftserwartungen sinkt von 117 auf 109 Punkte und damit auf das niedrigste Niveau seit Sommer 2012. Augenfällig ist eine stärkere Polarisierung. Lag der Anteil der Produktionsbetriebe, die von einem gleichbleibenden Geschäftsverlauf ausgehen zum Jahreswechsel noch bei 73 Prozent, so sinkt dieser nun auf 57 Prozent. Die Anzahl der Produktionsbetriebe, die eine Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten erwarten, steigt leicht von 22 auf 26 Prozent, gleichzeitig nimmt die Anzahl Betriebe, die mit schlechteren Geschäften rechnen ebenfalls, allerdings deutlich stärker, von 5 auf 17 Prozent zu. Die Exporterwartungen gehen zurück, dennoch sehen rund ein Drittel der Industriebetriebe weiter steigende Exporte voraus. Rund ein Viertel der Betriebe geht von fallenden oder keinen Exporten in den kommenden Monaten aus.
Bei den Handelsbetrieben rechnen 60 Prozent mit gleichbleibenden Geschäften. Betriebe mit positiveren oder negativeren Erwartung bezüglich des weiteren Geschäftsverlaufes halten sich im Handel mit jeweils 20 Prozent die Waage.

Investitionsabsichten

Keine wesentlichen Veränderungen zeichnen sich bei den Investitionsabsichten der Unternehmen im Inland ab. Etwa rund 80 Prozent aller Betriebe rechnen mit gleichbleibenden oder steigenden Investitionen. Die Zahl der Unternehmen, die dagegen keine Investitionen in den kommenden zwölf Monaten planen, steigt leicht auf rund acht Prozent. Ein positives Verhalten, welches etwas über dem Niveau von Baden-Württemberg liegt. Verwendet werden sollen die Mittel in erster Linie zur Beschaffung von Ersatzbedarfen sowie der Einführung von Innovationen.
Die Finanzierung der Investitionen stellt hierbei kein Problem dar. So bewerten 53 Prozent aller befragten Betriebe in der Region den Zugang zu einer externen Finanzierung als gut und rund 14 Prozent als befriedigend. Weitere 31 Prozent haben aktuell keinen Bedarf an einer externen Finanzierung, so dass die Zahl der Betriebe, die über einen schlechten Zugang oder keine externe Finanzierung klagen, mit weniger als zwei Prozent in der Region äußerst gering ist.

Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung

Der überwiegende Teil der Unternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee – rund 68 Prozent – möchte die Beschäftigtenzahl in den kommenden zwölf Monaten konstant halten. Jedes fünfte Unternehmen geht von einer tendenziell steigenden Belegschaft aus, aber auch rund zwölf Prozent schätzen, dass die Beschäftigtenzahl vor Ort fallen wird. So bleibt der Fachkräftebedarf auch im Frühjahr das von den Betrieben insgesamt am häufigsten genannte Risiko (66 Prozent) für die eigene wirtschaftliche Entwicklung.
Die Industriebetriebe treibt daneben insbesondere die Sorge um die Entwicklung der Absatzmärkte um. So sind die Auslandsnachfrage (50 Prozent) sowie die Inlandsnachfrage (48 Prozent) mit zunehmender Tendenz die meist genannten Risiken nach dem Arbeitskräftebedarf (58 Prozent).
In Handel und Dienstleistung sind es neben den fehlenden Fachkräften (69 Prozent) die Arbeitskosten (43 Prozent) sowie bei den Dienstleistern insbesondere die Inlandsnachfrage (41 Prozent), die die meistgenannten Risiken darstellen. Bei den Händlern ist es dagegen der Rückgang der Auslandsnachfrage, der zunehmend Sorge bereitet (44 Prozent). Hierin kommt deutlich die Bedeutung zum Ausdruck, die die Kunden aus den angrenzenden Ländern Schweiz und Frankreich mittlerweile für den Handel in der Region Hochrhein-Bodensee haben.
Die Binnenkonjunktur – genährt durch die gute Arbeitsmarktlage, steigende Löhne, niedrige Zinsen und expansive fiskalische Maßnahmen – dürfte weiterhin eine wichtige Nachfragestütze bleiben. Auf der anderen Seite bestehen ungelöste politische Konflikte und Unsicherheiten fort, die positive Impulse für das weltwirtschaftliche Umfeld verhindern. Insbesondere die belasteten Handelsbeziehungen zwischen den großen Volkswirtschaften in Nordamerika, China und Europa sowie weltweit zunehmende Sanktionen werden sich auf viele exportorientierte Produktionsunternehmen der Region weiter negativ auswirken; genauso wie die ungelöste Situation um den Brexit.

Mai 2019