Standortpolitik

Wirtschaftsbericht Frühsommer 2024

Während die Erwartungen für die kommenden Monate zurückhaltend bleiben, stellt die Inlandsnachfrage ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung dar.
Die Herausforderungen für die regionale Wirtschaft sind groß. Die Auswirkungen von Ukrainekrieg, Nahostkonflikt und forcierter Klimawende führen unter anderem zu Kostensteigerungen, Verunsicherung und Nachfragerückgang. All dies zeichnet sich in der regionalen Wirtschaftsentwicklung ab. Der von der IHK errechnete Index für das Konjunkturklima (bestehend aus einem Lage- und einem Erwartungsindikator) in der Region ist gegenüber der Befragung zu Jahresbeginn von 102 auf 99 Punkte gefallen und

liegt damit unter Landesniveau. „In einem widrigen Umfeld geben die regionalen Unternehmen ihr Bestmögliches“, so Dr. Alexander Graf, zuständig für die Konjunkturumfrage der IHK Hochrhein-Bodensee. „Die rückläufige Inlandsnachfrage, die gestiegenen Arbeitskosten und die aktuelle Wirtschaftspolitik werden von den Unternehmen aber immer mehr als Risiken für ihre Geschäftsentwicklung wahrgenommen. Inlandsinvestitionen werden vorsichtiger geplant. Die Konjunktur kommt nicht von der Stelle. Dies zeigt sich im wellenförmigen Auf und Ab des regionalen Konjunkturindex in den vergangenen Quartalen.“ Für die kommenden Monate bleiben die Erwartungen in der regionalen Wirtschaft weiter verhalten.

Geschäftslage

Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage durch die Unternehmen ist im Vergleich zum Jahreswechsel gesunken. Der Lageindikator liegt mit 109 Punkten unter dem Landesniveau von 113 Punkten. Insgesamt beurteilen 27 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Betriebe ihre momentane Geschäftslage als gut, 18 Prozent als schlecht. Der größte Teil der Unternehmen, 55 Prozent, kennzeichnet die Lage aktuell als befriedigend. Ähnlich sieht es bei der Ertragslage aus. Auch hier haben sich die Werte verschlechtert. Aktuell sind 54 Prozent der Unternehmen damit zufrieden, 22 Prozent der Befragten bezeichnet die derzeitige Lage als gut. Von einer schlechten Ertragslage sprechen dagegen 24 Prozent.

Industrie mit verringerter Auslastung

Der Indexwert für die Geschäftslage der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee ist gegenüber dem Jahreswechsel fast unverändert. Der Anteil der Unternehmen, die die Geschäftslage als „gut“ einschätzen, ist von 25 auf 26 Prozent gestiegen. Bei der Hälfte der Betriebe ist diese befriedigend, bei 24 Prozent ist die Geschäftslage aktuell schlecht. Gesunken ist der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie. Er liegt mit rund 82 Prozent deutlich unter dem Vorjahresniveau von 87 Prozent.
Verschlechtert zeigt sich die Tendenz im Auftragseingang aus dem In- und Ausland. Die Zahl derer, die einen fallenden Auftragseingang aus dem Inland zu verzeichnen haben, steigt von 37 auf 42 Prozent. Von fallenden Tendenzen bei Aufträgen aus dem Ausland berichten 37 Prozent, gegenüber 23 Prozent zu Jahresbeginn. Insgesamt berichten somit weiter mehr Produktionsbetriebe von einer fallenden Tendenz im Auftragseingang (34 Prozent) als von einer steigenden Tendenz (20 Prozent).

Regionaler Handel ohne Nachfrageimpulse

Eingetrübt hat sich die Geschäftslage im regionalen Handel. Waren es zu Jahresbeginn 17 Prozent der Händler, die von guten Geschäften sprachen, so sind dies aktuell nur noch acht Prozent. Gleichzeitig steigt der Anteil der Betriebe, die sich in einer schlechten Geschäftslage befinden, von 15 auf 23 Prozent. Dabei berichten rund 60 Prozent der Betriebe von gegenüber dem Vorjahresquartal gefallenen Umsätzen. Entsprechend verschlechtert hat sich die Einschätzung der Ertragslage bei den befragten Händlern. Diese wird von 52 Prozent als befriedigend und von 35 Prozent mit schlecht angegeben. Der Grund sind die privaten Konsumausgaben, die teils deutlich zurückgehen. Entsprechend wird das Kaufverhalten der Kunden nur von 12 Prozent als saisonüblich eingeschätzt, von 85 Prozent der Befragten dagegen aktuell als zurückhaltend.

Dienstleitungsbereich mit Gegenwind

Der Lageindex im Dienstleistungsbereich zeigt sich seit Jahresbeginn ebenfalls rückläufig und liegt aktuell bei 126 Punkten. Dabei hat sich die Zahl der Dienstleister, die von einer guten Geschäftslage sprechen, von 47 auf 37 Prozent verringert. Der Anteil derer, die von einer schlechten Lage sprechen, ist bei elf Prozent stabil geblieben. Im aktuellen Auftragseingang zeigt sich in der Tendenz weiter ein geteiltes Bild. Während der Anteil der Dienstleister mit tendenziell steigendem Volumen von 13 auf 25 Prozent zunimmt, berichten mit 41 Prozent der Befragten aber auch deutlich mehr Unternehmen als zu Jahresbeginn (30 Prozent) von einem fallenden Auftragsvolumen. Die rückläufige Industriekonjunktur einerseits sowie gestiegene Arbeitskosten oder wie in der Gastronomie erhöhte Mehrwertsteuersätze andererseits dürften hierbei eine Rolle spielen. Bei einem Drittel der Dienstleister zeichnet sich momentan ein gleichbleibendes Auftragsvolumen ab.

Erwartungen für die kommenden Monate

Die Geschäftserwartungen in der Region Hochrhein-Bodensee bleiben weiter eingetrübt. Der Saldo (die Differenz zwischen den guten und den schlechten Erwartungen) verändert sich gegenüber dem Jahresbeginn kaum und steht bei -10 Punkten. Aktuell sehen 52 Prozent der Unternehmen für die kommenden zwölf Monate gleichbleibende Geschäfte voraus, 29 Prozent rechnen mit einem schlechteren Geschäftsverlauf. Die Zahl der optimistischen Einschätzungen steigt von 16 auf 19 Prozent. Insgesamt bleiben damit auch im Jahr 2024 weiterhin mehr Unternehmen für die nahe Zukunft pessimistisch als optimistisch.
Unter den Produktionsbetrieben sind die Erwartungen in Bezug auf die weitere Geschäftsentwicklung leicht verbessert. Der Index für die Geschäftserwartungen erhöht sich von 96 auf 99 Punkte. Der Anteil der Produktionsbetriebe, die von einem gleichbleibenden Geschäftsverlauf ausgehen, steigt gegenüber dem Jahreswechsel von 55 auf 62 Prozent. Die Anzahl der Produktionsbetriebe, die eine Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten erwarten, sinkt von 20 auf 19 Prozent; gleichzeitig geht die Anzahl der Betriebe, die mit schlechteren Geschäften rechnen, von 25 auf 20 Prozent zurück. Die Exporterwartungen insgesamt stagnieren, dennoch sehen 27 Prozent der Industriebetriebe steigende Exporte voraus. Ein weiteres Viertel der Betriebe geht von fallenden oder gar keinen Exporten in den kommenden Monaten aus.
Wenig Hoffnung auf Verbesserung sieht der Handel. Unter den Handelsbetrieben rechnen 52 Prozent mit gleichbleibenden Geschäften. Immerhin erwarten acht Prozent wieder einen positiveren Geschäftsverlauf, während Betriebe mit negativem Ausblick mit 40 Prozent überwiegen.
Deutlich ausgeglichener sind die Prognosen unter den Dienstleistungsbetrieben im Kammerbezirk. Hier rechnen 45 Prozent mit gleichbleibenden Geschäften. Betriebe mit positiveren oder negativeren Erwartungen bezüglich des weiteren Geschäftsverlaufes halten sich ungefähr die Waage.
Bei den Inlandsinvestitionen gehen die Planungen in der regionalen Wirtschaft zurück. Sie liegen deutlich unter dem langjährigen Mittel. Dabei zeigt sich insbesondere unter den Handelsbetrieben und im Produktionsbereich ein Rückgang. So hat sich gegenüber der letzten Befragung die Zahl der Händler, die mit abnehmenden oder gar keinen Inlandsinvestitionen planen, von 52 auf 65 Prozent erhöht. Über alle Wirtschaftsbereiche hinweg stehen neben der Ersatzbeschaffung (76 Prozent) insbesondere Investitionen in Digitalisierung (53 Prozent) sowie Umweltschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen (40 Prozent) im Vordergrund. Investitionen in Kapazitätserweiterungen werden aktuell nur von 18 Prozent der Betriebe geplant.
Entsprechend vorsichtig agieren die Unternehmen aktuell auch beim Aufbau von Personal. So planen 14 Prozent den Mitarbeiterstamm zu vergrößern, ein Viertel möchte jedoch reduzieren. Der Großteil der Betriebe geht aber von einer konstanten Belegschaftsgröße in den kommenden zwölf Monaten aus.

Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung

Die Inlandsnachfrage und der Fachkräftemangel bleiben nach wie vor die am häufigsten genannten Geschäftsrisiken (jeweils 64 Prozent der Unternehmen). Allerdings hat der Druck bei den Fachkräften im Vergleich zum Jahreswechsel insgesamt etwas nachgelassen. Die Kaufzurückhaltung der Konsumentinnen und Konsumenten sowie die Investitionszurückhaltung im Binnenmarkt bereiten den Unternehmen dagegen wachsende Sorgen. Zudem erreichen aktuell die Nennungen von Arbeitskosten und Wirtschaftspolitik durch die Befragten Höchstwerte im langjährigen Vergleich der Risiken für die Entwicklung der Unternehmen. Entsprechend ist die Politik gefordert, Vertrauen zu schaffen und die nationalen und europäischen Rahmenbedingungen so anzupassen, dass strukturelle Defizite behoben werden und die Investitionen des privaten und des öffentlichen Sektors in Innovationen und Infrastrukturen erhöht werden. Beschleunigte Planungsprozesse sowie ein notwendiger breiter Bürokratieabbau wirken hierbei unterstützend. Das beschlossene Wachstumschancengesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Weitere sind aber notwendig, um einen konjunkturellen Aufschwung zu ermöglichen.
Mai 2024