Standortpolitik
Wirtschaftsbericht Frühjahr 2018
Gute Lage – zurückgehende Erwartungen
Lage bei Industrie und Dienstleistung auf hohem Niveau
Geschäftserwartungen sinken
Externe Finanzierungsmöglichkeiten in der Region gut
Geschäftserwartungen sinken
Externe Finanzierungsmöglichkeiten in der Region gut
Der von der IHK errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region ist gegenüber der Befragung zu Jahresbeginn von 146 auf 139 Punkte gefallen und liegt damit nun knapp unter Landesniveau. Während insbesondere Industrie- und Dienstleistungsbetriebe weiter auf einem sehr hohen Niveau agieren, gehen die Werte im Handel zurück. Den Zugang zu externer Finanzierung bewerten die Unternehmen in der Region aktuell überwiegend gut. Die Geschäftserwartungen in der Region für die kommenden Monate sinken. Arbeitskosten, Inlandsnachfrage sowie Wirtschaftspolitik treten als Risiken stärker in den Fokus. Unabhängig davon bleibt der Bedarf an Fachkräften aber das meistgenannte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen.
Geschäftslage auf hohem Niveau
Trotz abermalig gesunkenem Indexwert bleibt die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage durch die Unternehmen der Region insgesamt weiter gut. Mit einem Wert von 164 Punkten zeigt sich der entsprechende „Lage-Indikator“ fast identisch mit dem sehr hohen Niveau der Einschätzung zum Jahreswechsel (165 Punkte). Insgesamt beurteilen mehr als zwei Drittel der teilnehmenden Betriebe ihre momentane Geschäftslage als gut, 30 Prozent als befriedigend und nur rund drei Prozent als schlecht. Mit der Ertragslage sind die Unternehmen überwiegend zufrieden. So beurteilen 44 Prozent der befragten Unternehmen die derzeitige Ertragslage als gut, rund 52 Prozent als befriedigend und nur rund vier Prozent als schlecht.
Industrie besser als Gesamtwirtschaft
Die aktuelle Geschäftslage der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee hat sich seit Jahresbeginn auf einem hohen Niveau gefestigt. Die Einschätzung der Industrieunternehmen liegt mit 171 Punkten weiter deutlich über der der Gesamtwirtschaft. Der Anteil der Unternehmen, die die Geschäftslage mit schlecht bezeichnen, beträgt vier Prozent. Bei drei Viertel der Betriebe ist die Lage dagegen gut und bei rund 20 Prozent ist die aktuelle Geschäftslage befriedigend. Auch mit Umsatz und Ertrag sind die Produktionsbetriebe fast ausschließlich zufrieden. So sind bei 62 Prozent der Unternehmen die Umsätze gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal gestiegen, bei rund 28 Prozent gleichgeblieben. Lediglich 10 Prozent hatten einen fallenden Umsatz zu verzeichnen. Dies spiegelt sich auch im Auslastungsgrad der Kapazitäten in der Industrie wider. Dieser ist zwar gegenüber den Angaben zum Jahreswechsel leicht gesunken, liegt aber mit aktuell rund 89 Prozent sowohl über Vorjahresniveau als auch langjährigem Mittel.
Die derzeitige Tendenz bei den Auftragseingängen zeigt sich positiv, allerdings in einem abnehmenden Trend. So berichten aktuell immer noch rund 43 Prozent der produzierenden Unternehmen von einem steigenden Auftragseingang, rund 45 Prozent von gleich bleibenden und circa 12 Prozent von fallenden Auftragseingängen. Dabei sind die Eingänge aus dem Inland in der Tendenz zurückhaltender als zuletzt. Dagegen verbesserten sich die Auftragseingänge aus dem Ausland leicht. Während sich die Zahl der Betriebe mit fallendem Auftragseingang aus dem Inland von acht auf 13 Prozent erhöhte, nahmen die Betriebe mit fallenden Auftragseingängen aus dem Ausland auf knapp sechs Prozent ab. Damit bilden sich die negativen Auswirkungen der weltweit schwelenden politischen Krisen in den Einschätzungen der Industriebetriebe der Region bislang weit weniger ab als vermutet.
Dienstleistungsbereich top
Im Dienstleistungsbereich berichten acht von zehn Unternehmen von einer guten Geschäftslage, 17 Prozent sind mit ihrer aktuellen Lage zufrieden, bei lediglich zwei Prozent ist die Lage schlecht. Damit zeigt sich die Lage gegenüber den hohen Werten zum Jahreswechsel noch einmal leicht verbessert. Beim Umsatz verzeichnet jedes zweite Unternehmen eine Steigerung gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal. Rund 54 Prozent der Dienstleister bezeichnen ihre Ertragssituation als gut, 44 Prozent sind aktuell zufrieden.
Die derzeitige Tendenz beim Auftragsvolumen zeigt sich bei 49 Prozent der Betriebe gleichbleibend, bei 47 Prozent ist ein steigendes Auftragsvolumen zu verzeichnen und lediglich bei vier Prozent ist die Tendenz fallend.
Handel rückläufig
Die Einschätzung der Geschäftslage im Handel fällt weniger positiv aus als in den beiden vorgenannten Bereichen. Hier sind es 25 Prozent der Betriebe, die ihre aktuelle Lage als gut bezeichnen, während 72 Prozent diese als befriedigend ansehen. Dies äußert sich entsprechend auch in der Bewertung von Umsatz und Ertrag. So berichten 42 Prozent der Betriebe von – gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal – gefallenen Umsätzen. Der Großteil der Händler in der Region, rund 75 Prozent, ist mit der Ertragslage zufrieden, aber nur noch rund 15 Prozent bezeichnen diese als gut. Der weiter zunehmende Trend zu Online-Einkäufen und der rückläufige Einkaufsenthusiasmus der Schweizer Kunden dürften sich in diesen Zahlen widerspiegeln.
Erwartungen für die kommenden zwölf Monate
Deutlich zurückhaltender hat sich der Indikator für die Geschäftserwartungen entwickelt. Dennoch wird die positive Geschäftsentwicklung auch in den nächsten Monaten, so die Einschätzung der befragten Unternehmen im Kammerbezirk, aber weitergehen, wenngleich sich der Aufschwung verlangsamen dürfte. So hat sich die Zahl der Unternehmen, die mit verbesserten Geschäften in den kommenden Monaten rechnen auf rund 27 Prozent verringert. Gleichzeitig ist der Anteil der Unternehmen, die von einer gleichbleibenden Entwicklung wie in den vergangenen Monaten ausgehen, auf 65 Prozent angestiegen. Die Erwartungen für die kommenden Monate liegen somit insgesamt leicht unterhalb des Wertes für Baden-Württemberg.
Unter den produzierenden Unternehmen sinkt die Anzahl derer, die eine Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten erwarten von 42 auf 32 Prozent. Mit einer Verschlechterung rechnen vier Prozent. Die übrigen 64 Prozent gehen von einem gleichbleibenden Geschäftsverlauf aus. Die Exporterwartungen bleiben jedoch positiv. Wie zum Jahreswechsel sehen 44 Prozent der Industriebetriebe steigende Exporte in den kommenden Monaten voraus.
In der Dienstleistungsbranche sind die Einschätzungen der Unternehmen gegenüber dem Jahreswechsel fast unverändert. Der Großteil der Dienstleister geht von konstanten Geschäften aus (rund 56 Prozent) und rund 38 Prozent der Unternehmen prognostizieren nochmals bessere Geschäfte für die kommenden Monate.
Bei den Handelsbetrieben rechnen rund zwei Drittel damit, dass die Geschäfte gleich bleibend verlaufen werden. Reduziert haben sich gegenüber der Befragung zum Jahreswechsel die Betriebe, die in den kommenden Monaten verbesserte Geschäftsverläufe erwarten. Ihr Anteil ist von 19 auf zehn Prozent gesunken, während sich gleichzeitig der Anteil der Unternehmen, die eine Verschlechterung vorhersehen von 11 auf 22 Prozent verdoppelt hat.
Investitionsabsichten
Keine wesentlichen Veränderungen zeichnen sich bei den Investitionsabsichten der Unternehmen im Inland ab. Etwa rund ein Drittel der Betriebe rechnet mit steigenden Investitionen. Acht Prozent aller Betriebe planen auf Jahressicht dagegen keine Investitionen, bei rund 47 Prozent sollen diese gleich bleiben. In der Industrie und im Dienstleistungsbereich stehen insbesondere Ersatzbedarfe an erster Stelle (66 bzw. 86 Prozent der Betriebe), im Handel dagegen soll insbesondere in Innovationen (68 Prozent) investiert werden. Hier stehen bei 62 Prozent der Händler auch Investitionen in Digitalisierungsmaßnahmen auf der Agenda.
Die Finanzierung der Investitionen stellt in der Region meist kein Problem dar. So bewerten 52 Prozent aller befragten Betriebe den Zugang zu einer externen Finanzierung als gut und rund 18 Prozent als befriedigend. Weitere 27 Prozent haben aktuell keinen Bedarf an einer externen Finanzierung, sodass die Zahl der Betriebe, die nur sehr schlecht oder gar keine externe Finanzierung bekommen, mit rund drei Prozent in der Region gering ist.
Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung
Der überwiegende Teil der Unternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee – rund 70 Prozent – möchte die Beschäftigtenzahl in den kommenden zwölf Monaten konstant halten. 23 Prozent gehen gar von einer tendenziell steigenden Belegschaft aus, rund sieben Prozent schätzen, dass die Beschäftigtenzahl vor Ort fallen wird. Dennoch oder auch gerade deshalb beschäftigt der Fachkräftebedarf die Betriebe in der Region, insbesondere die Betriebe aus Industrie und Dienstleistung. So bleibt der Fachkräftebedarf auch im Frühjahr das von den Betrieben insgesamt, aber von den Industrie- und Dienstleistungsunternehmen im Besonderen, am häufigsten genannte Risiko (71 Prozent) für die eigene wirtschaftliche Entwicklung. Wie in der Befragung zu Jahresbeginn, folgen die Nennungen Arbeitskosten (38 Prozent), Inlandsnachfrage (31 Prozent) und Wirtschaftspolitik (28 Prozent).
Die im Zuge der Koalitionsverhandlungen der großen Koalition erzielten Beschlüsse, wie etwa die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenkassenbeiträge oder die Weiterentwicklung des Teilzeitrechts, werden unmittelbar zur Erhöhung der Arbeitskosten führen und dürften mit ein Grund für diesen zuletzt wieder gestiegenen „Risikowert“ sein. Genauso wie die Arbeitskosten hat auch die Sorge um die aktuelle Wirtschaftspolitik unter den Betrieben wieder zugenommen. Hier dürften einerseits der zusehends eskalierende internationale Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten und die daraus resultierenden Sanktionen Treiber sein. Auf nationaler Ebene andererseits dürften sich die unerfüllten Erwartungen der Unternehmen auf umfassende steuerliche und bürokratische Entlastungen, die die große Koalition bisher in ihren Planungen nicht berücksichtigt hat, widerspiegeln.
Mai 2018