Recht und Steuern
Die Errichtung einer selbständigen Zweigniederlassung
1. Begriffsbestimmung
In- und ausländische Unternehmen, die zur Ausweitung ihrer gewerblichen Tätigkeit und zu Investitionszwecken neue Standorte in Deutschland erschließen möchten, stehen als Organisationsformen die Gründung einer Tochtergesellschaft, die Errichtung einer Betriebsstätte oder einer selbständigen Zweigniederlassung zur Verfügung.
- Bei einer Tochtergesellschaft handelt es sich um ein rechtlich selbständiges Unternehmen, welches durch eine bestehende (Mutter-) Gesellschaft gegründet wird. Die Gründung einer Tochtergesellschaft unterliegt den gesellschaftsrechtlichen Regelungen der gewählten Rechtsform. Besondere gesetzliche Bedingungen oder Beschränkungen für die Gründung durch ausländische Unternehmen bestehen nicht. Auch für eine ausländische Gesellschaft gelten ausschließlich deutsche Vorschriften für die Gründung, Gewerbeanmeldung und Handelsregistereintragung. Weiterführende Informationen hierzu finden Sie in der seitlichen Linkleiste.
- Eine Betriebsstätte (auch unselbständige Zweigstelle, Niederlassung oder Filiale genannt) ist in jeder Beziehung von der Hauptniederlassung abhängig. Es liegt ein einheitlicher Geschäftsbetrieb vor, der lediglich räumlich vom Hauptsitz abweicht. Beispielsweise werden Rechnungen im Namen der Hauptniederlassung ausgestellt. Die Betriebsstätte wird nicht in das Handelsregister eingetragen und darf wegen der Unselbständigkeit keine von der Hauptniederlassung abweichende Firma führen. Jede Betriebsstätte muss bei dem für ihren Sitz örtlich zuständigen Gewerbeamt Gewerbe anmelden.
- Die selbständige Zweigniederlassung ist ein auf Dauer von der Hauptniederlassung räumlich und organisatorisch getrennter, weitgehend verselbständigter Teil eines Unternehmens mit gesonderter Buchführung und Bilanzierung. Ihre Geschäftstätigkeit ist sachlich dieselbe wie die der Hauptniederlassung und darf sich nicht auf bloße Hilfs- oder Ausführungstätigkeiten beschränken. Sie verfügt über einen Leiter, der befugt ist, die Zweigniederlassung nach außen zu vertreten, auch wenn er Weisungen der Hauptniederlassung unterliegt. Eine selbständige Zweigniederlassung liegt nur dann vor, wenn bei einer Gesamtbetrachtung eine in personeller und organisatorischer Hinsicht selbständige Organisationseinheit vorliegt, die ohne weiteres als eigenständiges Unternehmen fortgeführt werden könnte, wenn die Hauptniederlassung gedanklich wegfällt. Die selbständige Zweigniederlassung ist aber keine eigene Rechtspersönlichkeit, sondern ein Bestandteil der Hauptniederlassung. Schuldnerin von Verbindlichkeiten ist daher immer die natürliche oder juristische Person der Hauptniederlassung. Die Zweigniederlassung ist dem Recht der Hauptniederlassung unterworfen, d.h. die von einem ausländischen Unternehmen errichteten Zweigniederlassungen in Deutschland sind auch dem Recht der Muttergesellschaft unterworfen.
2. Selbständige Zweigniederlassung einer inländischen Hauptniederlassung
Nur Kaufleute und Handelsgesellschaften können eine selbständige Zweigniederlassung errichten. Die selbständige Zweigniederlassung entsteht durch den tatsächlichen Vorgang ihrer Errichtung. Sie muss in notarieller Form zur Eintragung in das örtlich Handelsregister angemeldet werden und beim örtlich zuständigen Gewerbeamt den Beginn ihres Gewerbes anzeigen. Die Eintragung hat nur deklaratorische Bedeutung. Die Eintragungsvoraussetzungen sind insbesondere in den §§ 13 - 13 c HGB geregelt. Im Einzelnen ist Folgendes zu beachten:
2.1 Anmeldung
Anmeldung der Zweigniederlassung eines Einzelkaufmanns oder einer Personengesellschaft:
- Die Anmeldung erfolgt bei dem Registergericht am Sitz bzw. der Hauptniederlassung und bedarf der notariellen Form. Das Gericht der Hauptniederlassung leitet die Anmeldung an das Gericht der Zweigniederlassung weiter.
- Die Anmeldung erfolgt durch den Einzelkaufmann oder bei Personengesellschaften durch die persönlich haftenden Gesellschafter in vertretungsberechtigter Zahl.
- Die gesetzlich vorgeschriebenen Unterschriften sind zur Aufbewahrung beim Gericht der Zweigniederlassung einzureichen.
Besonderheiten bei der GmbH:
- Die Anmeldung erfolgt durch die Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl. Der Anmeldung ist eine beglaubigte Abschrift des Gesellschaftsvertrages und eine Gesellschafterliste sowie die Unterschriften aller Geschäftsführer und der für die Zweigniederlassung vertretungsbefugten Prokuristen beizufügen. Weiter ist eine beglaubigte Abschrift der Anmeldung zur Weitergabe an das Gericht der Zweigniederlassung beizufügen.
Besonderheiten bei der AG:
- Die Anmeldung erfolgt durch den Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl. Der Anmeldung ist eine beglaubigte Abschrift der Satzung beizufügen.
Spätere Änderungen bei der Zweigniederlassung und der Gesellschaft sind erneut anzumelden. Die Anmeldung kann das Registergericht mit Zwangsgeld durchsetzen, § 14 HGB.
2.2 Firma und Geschäftsbriefe
Die Firma der Zweigniederlassung kann entweder die selbe Firma wie die Hauptniederlassung führen, oder davon abweichend eine eigene Firma bilden. Wird eine abweichende Firma gebildet, muss durch einen Zusatz in der Firma die Zugehörigkeit zur Hauptniederlassung klargestellt werden (z. B. "ABC, Niederlassung der XYZ GmbH").
Auf Geschäftsbriefen muss die Zweigniederlassung die vollständige Firma angeben. Weicht die Firma der Zweigniederlassung von der Firma der Hauptniederlassung ab, ist diese Firma anzugeben. Weiter ist das Register anzugeben, in dem die Zweigniederlassung eingetragen ist. Daneben ist auch das Register und die Nummer der Hauptniederlassung sowie weitere für die jeweilige Rechtsform vorgeschriebenen Pflichtangaben anzugeben (Musterbriefbögen finden Sie hier).
3. Selbständige Zweigniederlassung einer ausländischen Hauptniederlassung
Die Anmeldung der Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft ist insbesondere in den §§ 13 d - 13 g HGB geregelt. Im Folgenden wird beispielhaft dargestellt, welche Anforderungen eine GmbH aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union bei der Errichtung einer Zweigniederlassung beachten muss:
3.1 Anmeldung
- Die Anmeldung erfolgt bei dem Gericht, in dessen Bezirk die Zweigniederlassung errichtet wird.
- Die Anmeldung erfolgt in deutscher Sprache und in öffentlich beglaubigter Form. Sämtliche Unterlagen sind in Urschrift oder in öffentlich beglaubigter Form vorzulegen. Fremdsprachige Unterlagen muss eine öffentlich beglaubigte Übersetzung in deutscher Sprache beigefügt sein.
- Sind für den Gegenstand des Unternehmens staatliche Genehmigungen erforderlich, sind diese vorzulegen.
- Die Satzung der Gesellschaft ist in öffentlich beglaubigter Abschrift vorzulegen.
- Die Geschäftsführer müssen ihre Legitimation nachweisen, z. B. durch einen Gesellschafterbeschluss oder einen sonstigen Bestellungsakt, sofern die Bestellung nicht bereits im Gesellschaftsvertrag enthalten ist.
- Alle Geschäftsführer der Gesellschaft haben ihre Namensunterschrift zur Aufbewahrung bei Gericht persönlich und in öffentlich beglaubigter Form zu zeichnen, eine Vertretung ist nicht möglich.
- Die Anmeldung erfolgt durch das Vertretungsorgan in vertretungsberechtigter Zahl.
Die Anmeldung muss folgende Angaben enthalten:
- Das Register, bei dem die Gesellschaft geführt wird und die Registernummer.
- Die Rechtsform der Gesellschaft.
- Die Personen, die befugt sind, als ständige Vertreter der Zweigniederlassung die Gesellschaft zu vertreten und ihre Befugnisse.
- Die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer (z. B. Allein- oder Gesamtvertretungsmacht, ggf. Zulässigkeit von Insichgeschäften und Mehrfachvertretung).
- Die Firma und der Sitz der Gesellschaft.
- Den Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft.
- Die Höhe des Stammkapitals der Gesellschaft.
- Der Tag des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages.
- Etwaige Bestimmungen über die Zeitdauer der Gesellschaft.
- Angaben über etwaige Sacheinlagen und den Betrag der Stammeinlage, auf den sich die Sacheinlage bezieht, sofern die Anmeldung in den ersten zwei Jahren nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ihres Sitzes erfolgt.
- Die Anschrift der Zweigniederlassung.
- Die Firma der Zweigniederlassung.
- Der (Unternehmens-) Gegenstand der Zweigniederlassung.
Spätere Änderungen bei der Zweigniederlassung und der Gesellschaft sind erneut anzumelden. Die Anmeldung kann das Registergericht mit Zwangsgeld durchsetzen, § 14 HGB.
3.2 Firma und Geschäftsbriefe
Die Zweigniederlassung kann die selbe Firma wie die Hauptniederlassung führen, oder davon abweichend eine eigene Firma bilden. Wird die Firma der Hauptniederlassung genutzt, muss diese so verwendet werden, wie sie im Register des Heimatlandes eingetragen wurde. Z. B. darf die Firma - ebenso der ausländische Rechtsformzusatz - nicht ins Deutsche übersetzt werden.
Wird dagegen eine abweichende Firma gebildet, muss durch einen Zusatz in der Firma die Zugehörigkeit zur Hauptniederlassung klargestellt werden (z. B. "ABC, Niederlassung der XYZ Limited". Die Firma der Zweigniederlassung muss in Deutschland zulässig sein, insbesondere darf die Firma nicht gegen das Irreführungsverbot aus § 18 Abs. 2 HGB verstoßen, da sonst ein Eintragungshindernis besteht.
Wird dagegen eine abweichende Firma gebildet, muss durch einen Zusatz in der Firma die Zugehörigkeit zur Hauptniederlassung klargestellt werden (z. B. "ABC, Niederlassung der XYZ Limited". Die Firma der Zweigniederlassung muss in Deutschland zulässig sein, insbesondere darf die Firma nicht gegen das Irreführungsverbot aus § 18 Abs. 2 HGB verstoßen, da sonst ein Eintragungshindernis besteht.
Die Geschäftsbriefe der Zweigniederlassung müssen folgende Mindestangeben enthalten:
- Das Register, in dem die Niederlassung geführt wird.
- Die Nummer des Registereintrags.
- Die vollständige ausländische Firma nebst Rechtsformzusatz (sinnvoll ist daneben eine deutschsprachige Erläuterung, z. B. GmbH englischen Rechts).
- Der Sitz und das Register der ausländischen Gesellschaft.
- Die gesetzlichen Vertreter.
4. Besteuerung einer ausländischen Betriebstätte oder Zweigniederlassung
Betreibt ein ausländisches Unternehmen in Deutschland eine Betriebstätte oder Zweigniederlassung (Geschäftsstelle, Fabrikationsstätte o.ä.), so müssen die Gewinne dieser Betriebstätte in Deutschland versteuert werden. Die Steuern, die dabei anfallen, hängen von der Rechtsform des Unternehmens ab. Sie entsprechen den Steuern, die ein Unternehmen mit der entsprechenden deutschen Rechtsform zahlen müsste.
Der Gewinn der Betriebstätte, der in Deutschland versteuert wird, ist in dem anderen Staat entweder von der Besteuerung ausgenommen oder er unterliegt dort der Besteuerung, wobei in diesem Fall der in Deutschland gezahlte Steuerbetrag auf die entsprechende Steuer des anderen Staates angerechnet wird. Einzelheiten ergeben sich regelmäßig aus dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA), das Deutschland mit dem anderen Staat geschlossen hat. Eine Übersicht der verschiedenen Doppelbesteuerungsabkommen finden Sie auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums.
4.1 Körperschaftssteuer
Bei einer juristischen Person ausländischen Rechts fallen folgende Steuern an:
Der inländische Gewinn einer Niederlassung oder einer Betriebsstätte einer juristischen Person ausländischen Rechts unterliegt der Körperschaftsteuer. Diese wird nur von juristischen Personen erhoben. Sie entspricht der Einkommensteuer für natürliche Personen. Der Körperschaftsteuersatz beträgt grundsätzlich 15 Prozent.
Wie bereits erwähnt wird der in Deutschland versteuerte Gewinn in dem anderen Staat entweder von der Besteuerung ausgenommen oder er unterliegt dort der Besteuerung, wobei in diesem Fall der in Deutschland gezahlte Steuerbetrag auf die entsprechende Steuer des anderen Staates angerechnet wird. Einzelheiten ergeben sich aus dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA), das Deutschland mit dem anderen Staat geschlossen hat.
4.2 Einkommensteuer
Ein Unternehmen, das nicht eine eigene juristische Person ausländischen Rechts ist, unterliegt wie deutsche natürliche Personen (KGT o. e.K.) oder die deutschen Personengesellschaften (GbR, OHG, KG etc.) selbst weder der Einkommensteuer noch der Körperschaftsteuer. Der Gewinn wird vielmehr einheitlich und gesondert festgestellt und unmittelbar den Gesellschaftern zugerechnet. Bei den Gesellschaftern unterliegen die Gewinnanteile der Einkommensteuer.
Der Gewinn eines Gesellschafters, der selbst eine natürliche Person ist, unterliegt der Einkommensteuer. Die Steuersätze steigen progressiv von 15 bis auf in der Regel 42 beziehungsweise bei hohen Einkommen 45 Prozent.
Auch hier gilt wieder, dass der in Deutschland versteuerte Gewinn in dem anderen Staat entweder von der Besteuerung ausgenommen wird oder aber dort der Besteuerung unterliegt, wobei in diesem Fall der in Deutschland gezahlte Steuerbetrag auf die entsprechende Steuer des anderen Staates angerechnet wird. Einzelheiten ergeben sich aus dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA), das Deutschland mit dem anderen Staat geschlossen hat.
4.3 Solidaritätszuschlag
Zur Zeit wird zur Körperschaft-, Lohn- und Einkommen- (Kapitalertrag-) Steuer von allen Steuerpflichtigen ein Solidaritätszuschlag erhoben. Er beträgt 5,5 % der Körperschaft-, Lohn- bzw. Einkommen- (Kapitalertrag-) Steuer.
4.4 Gewerbesteuer
Außerdem unterliegt der Gewinn einer Niederlassung oder einer Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens der Gewerbesteuer.
Das System und die Berechnung der Gewerbesteuer sind relativ kompliziert. In der Höhe ist sie aufgrund eines kommunalen Hebesatzrechts von Gemeinde zu Gemeinden unterschiedlich. Als "Faustregel" gilt jedoch, dass die durchschnittliche Gewerbesteuerbelastung bei ca. 13 bis 15 Prozent liegt. Bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird die Gewerbesteuer pauschaliert mit der Einkommensteuer verrechnet, was dazu führt, dass sie sich bei diesen Unternehmen in vielen Fällen in ihrer Belastungswirkung nahezu neutralisiert. Dies trägt dem Gedanken Rechnung, dass durch die zusätzliche Addition der Gewerbesteuer zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer kein zu großer Unterschied zwischen Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen entstehen soll. Einzelheiten zur Höhe und zur Berechnung der Gewerbesteuer mit Beispielen finden Sie in unserem "Realsteueratlas - Informationen zur Grund- und Gewerbesteuer" in der seitlichen Linkleiste.
4.5 Umsatzsteuer
Lieferungen und Dienstleistungen, die das Unternehmen im Inland erbringt, unterliegen der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer). Der Regelsatz der Umsatzsteuer beträgt 19 Prozent. Ein ermäßigter Steuersatz von 7 Prozent gilt vor allem für bestimmte Lebensmittel, Bücher und bestimmte Kunstgegenstände. Bestimmte Lieferungen, insbesondere innergemeinschaftliche Lieferungen und Ausfuhrlieferungen, sind von der Umsatzsteuer befreit.
Die Umsatzsteuerschuld, die eine Niederlassung oder eine Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens dem Finanzamt gegenüber hat, wird um die Vorsteuerbeträge gemindert. Vorsteuer sind die Umsatzsteuerbeträge, die der Gesellschaft von einem anderen Unternehmen für die an die Gesellschaft ausgeführten steuerpflichtigen Umsätze offen in Rechnung gestellt werden.
Stand September 2018
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