Recht und Steuern

Geänderte Regelungen im Zwangsvollstreckungsrecht

1. Einleitung

Das Mitte 2009 beschlossene und zum 1. Januar 2013 in Kraft getretene „Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung“ führte zu einer umfassenden Änderung des Rechts der Zwangsvollstreckung. Die frühzeitige Sachaufklärung mit der Informationsbeschaffung über schuldnerisches Vermögen und der damit verbundene Sanktionsdruck stehen nunmehr im Vordergrund. Herzstück der Reform war die sog. Vermögensauskunft, die nun bereits vor einem – im Regelfall erfolglosen- Vollstreckungsversuch vom Schuldner verlangt werden kann.

2. Die wesentlichen Änderungen

2.1. Rolle des Gerichtsvollziehers

Der Gerichtsvollzieher ist das Organ der Zwangsvollstreckung, bei dem nun alle wesentlichen Informationen zusammenlaufen. So ermittelt er den Aufenthaltsort des Schuldners, holt die durch die Reform neu geschaffene Vermögensauskunft sowie Auskünfte bei Dritten über das Vermögen des Schuldners ein. Zudem soll der Gerichtsvollzieher in jeder Lage des Verfahrens – also auch ohne ausdrücklichen Auftrag des Schuldners- auf eine gütliche Einigung hinwirken.

2.2. Zentrale Vollstreckungsgerichte

Die Länder haben in ihrem Bereich jeweils ein zentrales Vollstreckungsgericht eingerichtet (für Baden- Württemberg das Amtsgericht Karlsruhe), bei denen die vom Gerichtsvollzieher erhobenen Vermögensauskünfte der Schuldner in elektronischer Form hinterlegt und wo die (reformierten) Schuldnerverzeichnisse elektronisch geführt werden.
Über das Internetportal www.vollstreckungsportal.de (das auch über die seitliche Servicespalte aufgerufen werden kann) erfolgt die zentrale länderübergreifende Abfrage, wobei hierbei der Kreis der Einsichtsberechtigten zu unterscheiden ist: Während die Abfrage der Schuldnerverzeichnisse jedem gestattet ist, der ein berechtigtes Interesse darlegen kann, können die Vermögensverzeichnisse nur von Gerichtsvollziehern oder bestimmten, in § 802 k Abs. 2 ZPO genannten Stellen eingesehen und zentral abgerufen werden.

2.3. Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher

Der Gerichtsvollzieher kann nun aufgrund eines Vollstreckungsauftrages den Aufenthaltsort des Schuldners über die Meldebehörden ermitteln. Führt dies nicht zum Erfolg, darf der Gerichtsvollzieher beim Ausländerzentralregister und- sofern der zu vollstreckende Anspruch 500 Euro übersteigt- bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und beim Kraftfahrtbundesamt anfragen, § 755 Abs. 2 ZPO.
§ 829a ZPO bietet zudem einen vereinfachten Vollstreckungsantrag bei Vollstreckungsbescheiden, sofern die sich aus dem Vollstreckungsbescheid ergebende fällige Geldforderung nicht mehr als 5.000 Euro beträgt.
Nach dem Gesetz zur Reform der Sachaufklärung wurden sukzessive neue Formulare für sämtliche Vollstreckungsanträge geschaffen. Am 23.08.2012 wurde die sog. Zwangsvollstreckungsformular- Verordnung erlassen, die zunächst zwei Formulare für die Forderungspfändung und ein Formular für die Wohnungsdurchsuchung enthielt, die zum 01. März 2013 verbindlich wurden. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat auf Grundlage des § 753 Abs. 3 ZPO einen Vordruck für den Zwangsvollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher eingeführt. Dieses Formular kann sofort benutzt werden, ist aber ab dem 01. April 2016 verbindlich zu nutzen. Aufträge, die ab diesem Zeitpunkt unter Nichtverwendung des Vordrucks gestellt werden, werden abgelehnt. Der Vordruck wurde auf der Seite des BMJV eingestellt.

Weitere Informationen finden Sie in der seitlichen Serviceleiste.

2.4. Vermögensauskunft des Schuldners

Die sog. Vermögensauskunft bildet den Kern der Reform und löst die bisherige eidesstattliche Versicherung ab. Die Vermögensauskunft stellt eine selbständige Vollstreckungsmaßnahme dar, die auf Antrag des Gläubigers schon zu Beginn des Vollstreckungsverfahrens erfolgen kann und unabhängig von einem erfolglosen Vollstreckungsversuch ist. Damit soll der Gläubiger frühzeitig in die Lage versetzt werden, vollstreckbares Vermögen des Schuldners zu ermitteln. So hat der Schuldner dem Gerichtsvollzieher aber nicht nur Auskunft über seine Vermögensgegenstände zu geben, sondern muss zudem noch alle entgeltlichen Veräußerungen an nahestehende Personen in den letzten zwei Jahren sowie alle unentgeltlichen Leistungen in den letzten Jahren vor Abgabe der Vermögensauskunft aufführen.
Der Schuldner ist innerhalb von zwei Jahren grundsätzlich nur einmal verpflichtet, die Vermögensauskunft abzugeben.

2.5. Vermögensauskunft bei bestimmten Dritten

Des Weiteren kann der Gerichtsvollzieher bei bestimmten, in § 802 l ZPO genannten Stellen Vermögensauskünfte über den Schuldner einholen, sofern die zu vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 Euro betragen und der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder bei einer Vollstreckung eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist.

2.6. Das reformierte Schuldnerverzeichnis

Eine Eintragung in das reformierte Schuldnerverzeichnis nach § 882b ZPO erfolgt künftig immer dann, wenn ein Schuldner seinen vollstreckungsrechtlichen Auskunftspflichten nicht nachkommt oder wenn dessen Liquidität offenbar nicht gegeben ist. Die Eintragung ergeht von Amts wegen und wird regelmäßig erst nach Ablauf von drei Jahren (seit dem Tag der Eintragungsanordnung) wieder gelöscht.

2.7. Übergangsvorschriften

Das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung trat am 01. Januar 2013 in Kraft. Für die vor dem 01. Januar 2013 beim Gerichtsvollzieher eingegangenen Vollstreckungsaufträge finden die bisherigen (bis zum 31.12.2012) geltenden Vorschriften der ZPO weiterhin Anwendung. Somit werden auch die am 31.12.2012 noch laufenden Vollstreckungsverfahren nach altem Recht fortgesetzt.
Stand März 2016
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