Umwelt, Energie und Nachhaltigkeit

Betriebsbeauftragte für Abfall

Änderungen bei den Bestellpflichten und neue Anforderungen an die Fachkunde nach der Verordnung über Betriebsbeauftragte für Abfall (Abfallbeauftragtenverordnung - AbfBeauftrV)

1. Was ist ein Betriebsbeauftragter für Abfall?

Die Bestellung eines Betriebsbeauftragten (der Einfachheit halber wird hier jeweils die männliche Form verwendet) wird in diversen Umweltvorschriften gefordert. Diese Beauftragten haben jeweils die Aufgabe, intern zu überwachen, zu informieren und zu sensibilisieren. Sie dienen als Ansprechpartner für ihre Kollegen sowie die Geschäftsleitung und sollen auf Verbesserungen hinwirken. Klassische Betriebsbeauftragte sind zum Beispiel jene für Abfall, für Gewässerschutz und für Immissionsschutz.

2. Werden die Bestellpflichten für Abfallbeauftragte ausgeweitet oder reduziert?

Dies lässt sich nicht pauschal sagen, da die Bestellpflicht auf mehreren Vorgaben beruhen kann. Tendenziell werden sie seit 2017 im produzierenden Gewerbe reduziert, hingegen ausgeweitet auf weitere Unternehmen in deren Rolle als (vorübergehende) Abfallbesitzer, obwohl sie nur bestimmte Abfälle zurücknehmen.

3. Gilt weiterhin die Bestellpflicht?

Falls ein Unternehmen bisher einen Abfallbeauftragten (= Betriebsbeauftragten für Abfall) bestellen musste, konnte dies drei rechtliche Ursachen haben:

a) Die Bestellung wird in einem Genehmigungsbescheid gefordert. In diesem Fall bleibt die Bestellpflicht grundsätzlich erhalten, ungeachtet der nachfolgend skizzierten Mengenschwellen etc.! Falls gewünscht wird, diese Bestellung ersatzlos zu beenden, müsste dazu eine entsprechende Änderungsgenehmigung beantragt werden mit dem konkreten Antrag, die entsprechende Auflage im Bescheid zu streichen.
b) Die Bestellung erfolgte aufgrund der Branchen-Auflistung in der bisher geltenden Abfallbeauftragtenverordnung von 1977.
Diese seit Anfang 1978 unverändert gebliebene Verordnung trat im Jahr 2017 außer Kraft, d. h. für die bisher darunter fallenden Unternehmen gilt dann die neue Rechtslage. Voraussichtlich werden dadurch in diesen Branchen weniger Unternehmen als bisher bestellpflichtig sein.
c) Die Bestellung erfolgte aufgrund der - ziemlich schwammigen - Vorgaben in § 59 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) bzw. seiner Vorgängergesetze.Diese Vorgaben gelten unverändert fort, aber sie werden mit der neuen Verordnung konkretisiert. Wer bisher aufgrund des § 59 KrWG eine Bestellung vorgenommen hat, kann mit Hilfe der neuen Verordnung prüfen, ob dies ab Juni 2017 weiterhin notwendig ist.

4. Welche Betriebe fallen seit 2017 unter die Bestellpflichten?

Dies wird in § 2 der Verordnung aufgelistet (siehe unten S. 5).

Es handelt sich im Wesentlichen um

a) die Betreiber von BImSchG-Anlagen, sofern im Betrieb mehr als 100 Tonnen gefährliche Abfälle pro Jahr oder mehr als 2.000 Tonnen nicht gefährliche Abfälle pro Jahr anfallen (in der Regel werden sie bisher schon einen Beauftragten bestellt haben);
b) Unternehmen, die Abfälle zurücknehmen, zum Beispiel im Rahmen von freiwilligen Rücknahmen oder Rücknahmepflichten z. B. für Elektro-/Elektronikaltgeräte oder größere Verpackungsmengen (siehe S. 5; hier nimmt die Zahl der verpflichteten Abfallbesitzer sicherlich deutlich zu).

5. Welche Unternehmen können dagegen seit 2017 auf eine Bestellung verzichten?

Bisher wurden in der alten Verordnung diverse Branchen bzw. Tätigkeiten genannt. Einige davon erfordern keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung (z. B. unterhalb von Mengenschwellen) und fallen damit seit 2017 aus der Abfallbeauftragten-Bestellpflicht heraus.
Außerdem wurde (und wird) im Kreislaufwirtschaftsgesetz auf den Anfall gefährlicher Abfälle sowie auf den Betrieb von immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen (BImSchG-Anlagen) Bezug genommen. Dies wird jedoch im gleichen Satz mit umständlichen Formulierungen eingeschränkt. De facto läuft es darauf hinaus, „ob es im Hinblick auf die Abfallentsorgung erforderlich ist“.
Diese schwammigen Kriterien werden konkretisiert: Eingeführt werden hierzu erstmals die zwei oben erwähnten Mengenschwellen in Höhe von 100 Tonnen gefährlicher Abfälle bzw. 2.000 Tonnen nicht gefährlicher Abfälle pro Jahr. Diese Mengenschwellen erscheinen vergleichsweise hoch, da bei vielen BImSchG-Anlagen-Betreibern (in ihrer Rolle als Abfallerzeuger) wohl nur zweistellige Mengen an gefährlichen Abfällen anfallen. Damit fallen sie aus der Bestellpflicht heraus.
Auch bei Abfallentsorgungsanlagen gemäß Ziffer 8 der Anlage 1 der 4. BImSchV wird eine Bestellung nur dann gefordert, wenn die Entsorgungsanlage einer vollständigen (statt nur einer vereinfachten) Genehmigungspflicht unterliegt, was in vielen Fällen von der Bestellpflicht befreien wird.

6. Ist eine freiwillige Bestellung künftig noch sinnvoll?

Bisher wurden Abfallbeauftragte häufig „freiwillig“ bestellt. Teilweise war dies wohl eine Folge der ungenauen Rechtslage. Abgesehen davon ergab es sich vermutlich in vielen Fällen aus einer innerbetrieblichen Einschätzung, dass es sinnvoll wäre, eine geeignete Person zu benennen, die das komplette Abfall-Thema mit im Blick hat.
Wenn dies bisher so eingeschätzt wurde, dann kann eine Fortführung der bestehenden Praxis grundsätzlich empfohlen werden (sofern die neuen Fachkunde-Anforderungen und der damit verbundene Aufwand nicht als übertrieben angesehen werden, siehe unten). Denn zu beachten ist, dass bei einer formalen Bestellung eines Abfallbeauftragten in der Regel auf § 59 und § 60 KrWG Bezug genommen wird, da in § 60 die Aufgaben des Beauftragten beschrieben werden.
Für die – auf diese Weise bestellten – Beauftragten gelten ab 2017 auch die erhöhten Anforderungen an Zuverlässigkeit und Fachkunde.

7. Welche Alternativen bestehen zu einer freiwilligen Bestellung?

Wer z. B. aufgrund der Fachkunde- oder Fortbildungs-Anforderungen auf eine freiwillige Bestellung verzichten will, könnte z. B. stattdessen ein Umweltmanagementsystem im Unternehmen gemäß EMAS oder ISO 14.001 einführen. Der Aufwand dafür ist zunächst größer, aber er könnte sich mittelfristig lohnen. Weniger zu empfehlen ist, den bisher freiwillig bestellten Abfallbeauftragten einfach abzuberufen und ihm dann einen neuen Titel als „Abfallmanager“ oder „Abfall-Ansprechpartner“ zu verleihen. Denn falls ein Bedarf für die Ernennung einer solchen Person gesehen wird, erscheint es im Sinne der Sache ratsam, dieser Person auch entsprechende Fortbildungen sowie sonstige Rechte (z. B. Vortragsrecht) zu gewähren und ihr die korrespondierenden Pflichten (z. B. Vorlage eines Jahresberichts) aufzuerlegen.

8. Welche Fachkunde wird seit 2017 bei Neubestellungen verlangt?

§ 9 Absatz 1 der Verordnung definiert erstmals die notwendige Fachkunde in Form einer Kombination aus geeigneter Ausbildung, mindestens einjähriger einschlägiger Berufserfahrung und Besuch eines (mehrtägigen) anerkannten Fachkunde-Grundlehrgangs.  § 9 Absatz 2 verlangt darüber hinaus die Teilnahme an anerkannten Fortbildungslehrgängen im 2-Jahres-Rhythmus. Dieser 2-Jahres-Turnus beginnt für seit 2017 neu Bestellte mit dem Besuch des Grundlehrgangs.

9. Welchen Umfang muss die Fortbildung im Zwei-Jahres-Rhythmus haben?

Hierzu sollen auf Vollzugsebene noch Empfehlungen formuliert werden. Denn der Bundesrat hat die lange Auflistung der Lehrgangsthemen in Anlage 1 zur Verordnung dahingehend eingeschränkt, dass die Lehrgänge (nur) Kenntnisse vermitteln sollen, die „für die Erfüllung der Aufgaben... erforderlich sind“.
Damit sollen laut der offiziellen Begründung Lehrgangsmodule zulässig werden, so dass kürzere Lehrgangszeiten ermöglicht werden insbesondere für Unternehmen, die nur aufgrund der Rücknahme von Abfällen bestellpflichtig sind.
Im Vergleich dazu gibt es im Abfallrecht seit Jahren Fortbildungspflichten für Betriebsleiter und Betriebsverantwortliche von Entsorgungsfachbetrieben und von Unternehmen, die gefährliche Abfälle transportieren und dafür eine abfallrechtliche Erlaubnis benötigen.
Diese Fortbildungslehrgänge müssen gemäß Vollzugshinweisen der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) mindestens 15 Schulstunden umfassen. Gerade für Unternehmen, die nun nur infolge von Abfallrücknahmen bestellpflichtig werden, wäre ein solcher Umfang aus Sicht der IHK-Organisation weit übertrieben. Hier wären deutlich kürzere Module angebracht.

10. Wie wird die gesetzlich geforderte Zuverlässigkeit der Beauftragten definiert?

Laut der Verordnung ist die geforderte Zuverlässigkeit nicht gegeben, wenn der Betroffene
  • innerhalb der letzten fünf Jahre wegen Verletzung diverser Vorschriften mit einer Geldbuße in Höhe von mehr als fünfhundert Euro belegt oder zu einer Strafe verurteilt worden ist
  • oder wiederholt oder grob pflichtwidrig gegen diverse Vorschriften verstoßen hat
  • oder seine Pflichten aus einer Beauftragten-Bestellung verletzt hat oder
  • ähnliches.
Die besagten Vorschriften bzw. Rechtsbereiche werden im Einzelnen aufgelistet. Relevant könnte z. B. das Gefahrgutrecht sein, in dem Bußgelder vergleichsweise häufig sind (allerdings nur selten für Beauftragte).

11. Gibt es Ausnahmeregelungen?

Es gibt die Möglichkeit zur Bestellung eines Beauftragten für mehrere Standorte bzw. für Konzerne. Beibehalten wird auch die Vorgabe, dass ein interner Mitarbeiter als Abfallbeauftragter bestellt werden soll. Wer bestellpflichtig ist, aber anstelle eines internen einen externen Beauftragten bestellen will, muss dies auch künftig bei seiner zuständigen unteren Abfallbehörde beantragen.
Sie soll dem Antrag zustimmen, wenn hierdurch „die sachgemäße Erfüllung der Aufgaben nicht beeinträchtigt wird“. (Diese Anforderung dürfte in vielen Fällen erfüllbar sein). Ebenfalls beibehalten wird die Option, eine Befreiung von der Bestellpflicht zu beantragen. Diesem Antrag muss die Behörde sogar zustimmen, sofern die Voraussetzung dafür erfüllt ist („Die Behörde hat ... zu befreien“). Ob dies der Fall ist, liegt im Ermessen der Behörde.
Die Voraussetzung lautet, dass „die Bestellung im Einzelfall im Hinblick auf die Größe der Anlage, des Rücknahmesystems oder der Rücknahmestelle oder auf die Art oder Menge der entstehenden, angelieferten oder zurückgenommenen Abfälle nicht erforderlich ist.“

Bestellpflichtige gemäß § 2 der neuen Abfallbeauftragtenverordnung (leicht verkürzt zitiert)

1. Die Betreiber folgender Anlagen:

a) genehmigungsbedürftige Anlagen, die in den folgenden Nummern des Anhangs 1 zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) in der jeweils geltenden Fassung aufgeführt sind:
aa) Anlagen nach den Nummern 1 bis 7 sowie den Nummern 9 und 10, soweit pro Kalenderjahr mehr als 100 Tonnen gefährliche Abfälle oder 2000 Tonnen nicht gefährliche Abfälle anfallen, und
bb) Anlagen nach Nummer 8, für die in Spalte c die Verfahrensart G vorgesehen ist,
b) Deponien bis zur endgültigen Stilllegung,
c) Krankenhäuser und Kliniken, soweit pro Kalenderjahr mehr als 2 Tonnen gefährliche Abfälle anfallen sowie
d) Abwasserbehandlungsanlagen der Größenklasse 5 gemäß Anhang I der Abwasserverordnung in der jeweils geltenden Fassung, soweit Abfälle verwertet oder beseitigt werden

2. Folgende Besitzer im Sinne von § 27 des KrWG:

a) Hersteller und Vertreiber, die pro Kalenderjahr mehr als 100 Tonnen Transportverpackungen
gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 des Verpackungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung
zurücknehmen,
b) Hersteller und Vertreiber, die Verkaufsverpackungen gemäß § 8 Absatz 1 Satz 1 des Verpackungsgesetzes zurücknehmen, es sei denn, die von ihnen hierfür beauftragten Dritten haben einen Abfallbeauftragten bestellt („Branchenlösungen für b2c“)
c) Hersteller und Vertreiber, die pro Kalenderjahr mehr als 100 Tonnen Verkaufsverpackungen gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 des Verpackungsgesetzes zurücknehmen („gewerbliche Verpackungen, b2b“)
d) Hersteller und Vertreiber, die pro Kalenderjahr mehr als 2 Tonnen Verkaufsverpackungen gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 des Verpackungsgesetzes zurücknehmen („Verpackungen von schadstoffhaltigen Füllgütern“)
e) Hersteller, die Elektro- und Elektronikaltgeräte gemäß § 19 des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes vom 20. Oktober 2015 in der jeweils geltenden Fassung zurücknehmen, es sei denn, die von ihnen hierfür beauftragten Dritten haben einen Abfallbeauftragten bestellt,
f) Vertreiber, die Elektro- und Elektronikaltgeräte gemäß § 17 Absatz 1 oder Absatz 2 des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes zurücknehmen (das sind die zur Rücknahme verpflichteten Elektromärkte mit min. 400 Quadratmetern Verkaufsfläche),
g) Hersteller von Fahrzeug- und Industriebatterien, die Fahrzeug- und Industrie-Altbatterien gemäß § 8 des Batteriegesetzes in der jeweils geltenden Fassung zurücknehmen, es sei denn, sie sind einem freiwilligen System für die Rücknahme von Fahrzeug- und Industriebatterien angeschlossen, das selbst über einen Abfallbeauftragten verfügt,
h) Vertreiber, die Fahrzeug- und Industrie-Altbatterien gemäß § 9 des Batteriegesetzes zurücknehmen, es sei denn, sie sind einem freiwilligen System für die Rücknahme von Fahrzeug- und Industriebatterien angeschlossen, das selbst über einen Abfallbeauftragten verfügt sowie
i) Hersteller und Vertreiber, die mehr als 2 Tonnen gefährliche Abfälle oder mehr als 100 Tonnen nicht gefährliche Abfälle pro Kalenderjahr freiwillig zurücknehmen.

3. Betreiber folgender Rücknahmesysteme:

a) Systeme, die Verkaufsverpackungen gemäß § 14 Absatz 1 des Verpackungsgesetzes zurücknehmen,
b) herstellereigene Rücknahmesysteme, die Elektro- und Elektronikaltgeräte gemäß § 16 Absatz 5 des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes zurücknehmen,
c) das Gemeinsame Rücknahmesystem, das Geräte-Altbatterien gemäß § 6 des Batteriegesetzes
zurücknimmt („GRS Batterien“)
d) herstellereigene Rücknahmesysteme, die Geräte-Altbatterien gemäß § 7 des Batteriegesetzes zurücknehmen sowie
e) Systeme, die Fahrzeug- oder Industrie-Altbatterien freiwillig zurücknehmen