Recht

Störungen im Mietverhältnis – zu Minderung berechtigende Mängel?

Wie wirken sich Baumaßnahmen, Lärm und andere Störungen auf ein gewerbliches Mietverhältnis aus?
Bei einem gewerblichen Mietverhältnis kann es zu vielfältigen Störungen kommen, zum Beispiel durch Lärm, Schmutz, Geruch oder andere Immissionen oder durch Verschlechterung der Erreichbarkeit des Mietobjekts.
Der betroffene Betrieb kann Entschädigungsansprüche gegen den Verursacher haben.
Hat er auch ein Anspruch auf Minderung oder Kündigung von Miete oder Pacht gegen den Vermieter bzw. die Vermieterin oder den Verpächter bzw. die Verpächterin? Dies ist zwischen den verschiedenen Gerichten und auch innerhalb der rechtswissenschaftlichen Literatur umstritten.
Im Jahr 2003 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der Mieter, der Gewerberäume unter der vertragsgemäßen Voraussetzung eines intakten Umfelds mietet, die Miete mindern kann, wenn Umstände wie beschwerliche Zugänge, fehlende Einbindung in eine funktionierende Infrastruktur und ein insgesamt weniger attraktives Erscheinungsbild die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht nur unerheblich beeinflussen.
Vom OLG Düsseldorf wurde allerdings angesichts des möglichen Anspruchs für Mieter/Pächter aus § 20 Absatz 6 StrWG NW (siehe dazu unseren Artikel zu Entschädigungsansprüchen) entschieden, dass ein Mangel der Mietsache aufgrund von Straßenbaumaßnahmen nicht vorliege. Eine Minderung komme daher nicht in Frage. Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass durch den Anspruch des § 20 Absatz 6 StrWG NW unbillige Belastungen abgefangen werden und somit ein Mangel durch diesen Anspruch gegen die Stadt kompensiert wird.
Des Weiteren hat der VIII. Zivilsenat des BGH 2015 und 2020 entschieden, dass die Risikozuweisung aus dem Nachbarrecht des § 906 BGB auf das Mietrecht übertragbar ist. Deshalb seien außerhalb der Mietsache liegende Immissionen (wie Staub, Lärm, Geruch) vom Mieter hinzunehmen, wenn auch der Vermieter selbst diese gegenüber dem Verursacher hinnehmen müsse. Diese Rechtsprechung stößt teilweise auf Kritik, auch bei anderen Gerichten (zum Beispiel: LG Berlin, Urteil vom 5.12.2023, 67 S 178/23). Es bleibt abzuwarten, ob der VIII. Senat daran festhält.
Auch im Übrigen kommt es auf den konkreten Einzelfall an. Der Leitsatz einer Entscheidung des OLG Hamburg lautet: „Mit gelegentlichen Straßenbaumaßnahmen begrenzten Ausmaßes in der Nähe eines innerstädtischen Ladenlokals muss der Mieter eines langfristigen Mietvertrages von vornherein rechnen.“
Zu berücksichtigen ist auch, ob der Vermieter / die Vermieterin bzw. der Verpächter / die Verpächterin von den Planungen der Baumaßnahmen vor Vertragsschluss wusste und sie der anderen Vertragspartei vor Abschluss des Vertrages nicht mitgeteilt hat, und ob die Baumaßnahmen von Vermieter / Vermieterin / Verpächter / Verpächterin selbst in Auftrag gegeben worden sind
Hat der Vermieter eine Vereinbarung über eine Entschädigung mit dem den Baulärm verursachenden Nachbarn abgeschlossen, so kann der von Immissionen belastete Mieter seine Miete mindern (LG Berlin).

Rechtsprechungsübersicht:

LG Berlin
Urteil vom 15.01.2019 – 67 S 309/18 (Lärm)
Urteil vom 05.12.2023 – 67 S 178/23 (Baulärm, Kritik an BGH)
KG Berlin
Urteil vom 12.11.2007, Az. 8 U 194/06
BGH
Urteil vom 17.10.2003, Az. V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79
Urteil vom 29.04.2015, Az. VIII ZR 197/14, NJW 2015, 2177 (Lärm; § 906 BGB)
Urteil vom 29.04.2020, Az. VIII ZR 31/18
OLG Hamburg
Urteil vom 06.12.2000, Az. 4 U 121/00, WuM 2003, 146
OLG Dresden
Urteil vom 18.12.1998, Az. 5 U 1774/98, ZMR 1999, 241
OLG Düsseldorf
Urteil vom 18.11.1997, Az. 24 U 261/96, NJW-RR 1998,1236
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