Recht
Fairness und Transparenz auf Onlineplattformen (P2B-Verordnung)
Die P2B-Verordnung (Platform-to-Business-Verordnung) regelt Anforderungen an Online-Vermittlungsdienste gegenüber gewerblichen Nutzern.
- Anforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sowie besondere Vertragsbestimmungen (Artikel 3 und 8)
- Einschränkung, Aussetzung und Beendigung von Diensten (Artikel 4)
- Ranking (Artikel 5)
- Nebenwaren und -dienstleistungen (Artikel 6)
- Differenzierte Behandlung (Artikel 7)
- Datenzugang (Artikel 9)
- Einschränkung anderweitiger Angebote (Artikel 10)
- Beschwerde-Management, Streitbeilegung und Rechtsdurchsetzung (Artikel 11, 12, 13)
- Fazit
Die Verordnung ergänzt den Digital Services Act Plattformrecht für digitale Dienste. Sie gilt zwischen Anbietern von Online-Vermittlungsdiensten bzw. Online-Suchmaschinen unabhängig von deren Niederlassungsort oder Sitz einerseits und gewerblichen Nutzern mit Niederlassung oder Wohnsitz in der EU, die über diese Dienste Waren oder Dienstleistungen in der EU befindlichen Verbrauchern anbieten, andererseits.
Sie erfasst damit sowohl Handels- als auch Buchungs-, Vergleichsportale oder soziale Netzwerke. Dagegen gilt sie nicht für Online-Zahlungsdienste, Online-Werbeinstrumente oder Online-Werbebörsen, die nicht bereitgestellt werden, um die Anbahnung direkter Transaktionen zu vermitteln und bei denen kein Vertragsverhältnis mit Verbrauchern besteht.
Anforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sowie besondere Vertragsbestimmungen (Artikel 3 und 8)
Die Verordnung stellt zunächst Anforderungen an AGB von Online-Vermittlungsplattformen. Sie müssen
- klar und verständlich formuliert
- jederzeit (auch vor Vertragsschluss) für gewerbliche Nutzer leicht verfügbar sein
- die Gründe benennen, bei deren Vorliegen entschieden werden kann, die Bereitstellung der Dienste vollständig oder teilweise auszusetzen oder zu beenden oder einzuschränken
- Informationen über zusätzliche Vertriebskanäle oder Partnerprogramme zur Vermarktung enthalten
- Informationen zu Inhaberschaft und Kontrolle von geistigem Eigentum enthalten.
Wollen Plattformen ihre AGB ändern, müssen sie vorher die betroffenen gewerblichen Nutzer auf einem dauerhaften Datenträger (zum Beispiel per E-Mail) hierüber informieren. Erst nach Ablauf einer angemessenen Frist, die mindestens 15 Tage ab dem Zeitpunkt der Unterrichtung beträgt, dürfen die Änderungen umgesetzt werden. Müssen Nutzer technische oder geschäftliche Anpassungen vornehmen, sind längere Fristen einzuräumen.
Ausnahmen sind möglich, wenn die Änderungen auf Grund von gesetzlichen oder behördlichen Verpflichtungen erfolgen oder in Ausnahmefällen aus Gründen der IT-Sicherheit bei einer unvorhergesehenen und unmittelbaren Gefährdung.
Der Nutzer hat das Recht, den Vertrag vor Ablauf der Frist zu kündigen. Ein Verzicht des gewerblichen Nutzers auf die Einhaltung der Frist nach Erhalt der Mitteilung ist möglich durch schriftliche Erklärung oder eindeutige bestätigende Handlung, zum Beispiel durch das Einstellen neuer Waren oder Dienstleistungen vor Ablauf der Frist, soweit diese nicht mehr als 15 Tage beträgt.
AGB oder einzelne Klauseln, die diesen Anforderungen nicht genügen, sind nichtig. Dabei gilt die Nichtigkeitsfolge nicht nur zwischen den am Vertrag beteiligten Parteien, sondern für alle und nicht erst ab Feststellung des Verstoßes, sondern mit Wirkung von Anfang an (ex tunc).
AGB dürfen nicht rückwirkend geändert werden, es sei denn die Änderung geschieht auf Grund von gesetzlichen oder behördlichen Verpflichtungen bzw. ist für den gewerblichen Nutzer vorteilhaft. Sie müssen Informationen über die Möglichkeiten der Vertragsbeendigung sowie eine Beschreibung der Datennutzung nach Vertragsablauf enthalten.
Plattformen müssen zudem sicherstellen, dass die Identität der gewerblichen Nutzer klar erkennbar ist.
Einschränkung, Aussetzung und Beendigung von Diensten (Artikel 4)
Schränkt ein Plattformbetreiber seine Dienste für einen gewerblichen Nutzer ein (zum Beispiel durch Rückstufung) oder beendet sie, muss er diese Entscheidung begründen und dem gewerblichen Nutzer auf einem dauerhaften Datenträger übermitteln.
Bei Beendigung des Vertrags muss die Übermittlung mindestens 30 Tage vor Wirksamwerden erfolgen. Diese Frist gilt nicht, wenn die Entscheidung auf einer gesetzlichen oder behördlichen Verpflichtung beruht oder bei einer nach nationalem Recht zulässigen fristlosen Kündigung oder bei wiederholten Verstößen des Nutzers gegen die AGB.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sollen Plattformbetreiber vor einer vollständigen Beendigung des Plattformnutzungsvertrags prüfen, ob es zunächst angemessen und technisch möglich ist, nur einzelne Waren oder Dienstleistungen auszulisten.
Was passiert, wenn die Begründungspflicht oder die Verhältnismäßigkeit nicht eingehalten werden, regelt die Verordnung nicht, sondern überlässt es dem nationalen Gesetzgeber Maßnahmen zu treffen.
Ranking (Artikel 5)
Online-Vermittlungsdienste und Online-Suchmaschinen müssen in ihren AGB die Hauptparameter angeben, die das Ranking bestimmen, sowie die Gründe für ihre Gewichtung gegenüber anderen Parametern darstellen. Online-Suchmaschinen haben zudem klar und verständlich formulierte Erläuterungen bereitzustellen, die öffentlich und leicht verfügbar sowie stets aktuell sind. Sollten bei einem Ranking Provisionen oder andere Entgelte berücksichtigt werden, ist darzustellen, wie sich diese auf das Ranking auswirken. Aus den Erläuterungen müssen sich ergeben:
- die Merkmale der Waren und Dienstleistungen, die Verbrauchern über Online-Vermittlungsdienste oder Online-Suchmaschinen angeboten werden,
- die Relevanz dieser Merkmale für diese Verbraucher,
- bei Online-Suchmaschinen die Gestaltungsmerkmale der Website.
Eine umfassende Transparenz verlangt die Verordnung nicht; der Schutz von Geschäftsgeheimnissen soll gewahrt bleiben.
Nebenwaren und -dienstleistungen (Artikel 6)
Werden Verbrauchern durch den Onlinevermittlungsdienst selbst oder durch Dritte Nebenwaren und -dienstleistungen angeboten (zum Beispiel Versicherungen bei Mietwagen), müssen die AGB eine Beschreibung enthalten sowie eine Angabe, ob und inwieweit der gewerbliche Nutzer ebenfalls seine eigenen Nebenwaren und -dienstleistungen anbieten darf.
Differenzierte Behandlung (Artikel 7)
Bietet der Plattformbetreiber selbst Waren oder Dienstleistungen an, muss er in seinen AGB erklären, ob und inwieweit diese anders behandelt werden als die der anderen gewerblichen Nutzer (Transparenzgebot bei Selbstbevorzugung). Dies gilt entsprechend für Suchmaschinen.
Datenzugang (Artikel 9)
Online-Vermittlungsdienste müssen in ihren AGB den technischen und vertraglichen Zugang zu personenbezogenen und sonstigen Daten erläutern, die Nutzer zur Verfügung gestellt oder im Rahmen der Online-Vermittlungsdienste generiert werden. Einen Anspruch auf Datenzugang für gewerbliche Nutzer gibt es allerdings nicht.
Einschränkung anderweitiger Angebote (Artikel 10)
Beschränkt der Plattformbetreiber die Möglichkeit andere Vertriebswege zu nutzen (zum Beispiel über Bestpreisklauseln), muss dies in den AGB angegeben und öffentlich leicht verfügbar gemacht werden.
Beschwerde-Management, Streitbeilegung und Rechtsdurchsetzung (Artikel 11, 12, 13)
Plattformanbieter müssen ein internes Beschwerde-Management-System einrichten, das für gewerbliche Nutzer leicht zugänglich und kostenfrei sein muss. Die Bearbeitung innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens muss sichergestellt sein. Alle Informationen hierzu sind in den AGB zur Verfügung zu stellen.
Zudem müssen Anbieter Informationen zur Funktionsweise und Wirksamkeit des Beschwerde-Management-Systems erstellen und öffentlich leicht verfügbar machen. Diese Informationen sind mindestens einmal jährlich auf Aktualisierungsbedarf hin zu überprüfen. Die Anzahl der eingereichten Beschwerden, die wichtigsten Arten, der durchschnittliche Bearbeitungszeitraum und zusammengefasst das Ergebnis der Beschwerden sind anzugeben.
Der Plattformanbieter muss in seinen AGB zwei oder mehr Mediatoren angeben, mit denen er in Streitigkeiten mit dem gewerblichen Nutzer bereit ist zusammenzuarbeiten. Ungeachtet des freiwilligen Charakters einer Mediation sollen sich Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten und gewerbliche Nutzer nach Treu und Glauben an allen Mediationsversuchen beteiligen. Im Falle einer Mediation trägt der Plattformanbieter einen angemessenen Anteil der Kosten.
Diese Verpflichtungen gelten nicht für Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von weniger als 10 Mio. EUR.
Daneben sieht die Verordnung ein Verbandsklagerecht vor.
Fazit
Insgesamt wirft die Verordnung noch eine Reihe ungelöster Fragen auf, die erst durch die Rechtsprechung oder durch schon jetzt vorgesehene Novellierungen beantwortet werden können. Der Verordnungstext ist auf der Seite der Europäischen Union abrufbar.
Mitgliedsunternehmen der IHK Köln und Personen, die in der Region Köln die Gründung eines Unternehmens planen, erhalten gerne weitere Informationen.