Recht

Regelungen für Finanzanlagenvermittler/-innen und Honorar-Finanzanlagenberater/-innen

Zur Umsetzung der Vorgaben der EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) wurden zum 1. August 2020 zusätzliche Wohlverhal­tensregelungen für gewerbliche Finanzanlagenvermittler in die Finanzanlagenvermittlungsverordnung aufgenommen bzw. bestehende Regelungen an die Vorgaben der MiFID II angepasst. Betroffen sind Finanzanlagenvermittler/-innen und Honorar-Finanzanlagenberater/-innen mit einer Erlaubnis nach § 34f bzw. § 34h Gewerbeordnung (GewO) und ihre mitvermittelnden Angestellten. Im Wesentlichen geht es um folgende Regelungen:

Vermeidung, Regelung und Offenlegung von Interessenkonflikten

Es wird eine Pflicht zur Vermeidung, Regelung und Offenlegung von Interessenkonflikten und zur Ausgestaltung der Vergütungsstruktur, durch die Interessenkonflikte vermieden werden sollen, eingeführt.
Sofern sich Interessenkonflikte im Vorfeld nicht vermeiden lassen, sind diese so zu regeln, dass Vor­kehrungen getroffen werden, die verhindern, dass die Interessenkonflikte auf den Anleger durchschla­gen. Dies betrifft insbesondere Interessenkonflikte, die durch die Gewährung und/oder Entge­gennahme von Zuwendungen oder durch andere Anreize oder die bestehende Vergütungsstruktur entstehen können. Sofern sich Interessenkonflikte nicht vermeiden lassen, sind diese rechtzeitig vor Abschluss eines Geschäftes gegenüber dem Anleger offen zu legen. Beschäftigte dürfen nicht in einer Weise vergütet oder bewertet werden, die mit ihrer Pflicht kollidiert, im bestmöglichen Kundeninte­resse zu handeln. Insbesondere dürfen keine Vereinbarungen über Vergütung und Verkaufsziele ge­troffen werden, die Beschäftigte dazu verleiten könnten, einem Anleger eine bestimmte Finanzanlage zu empfehlen, obwohl sie eine andere Anlage empfehlen könnten, die den Bedürfnissen des Anlegers besser entsprechen.
Soweit Interessenkonflikte daraus resultieren können, dass der Gewerbetreibende Anlageberatung oder Anlagevermittlung im Hinblick auf Finanzanlagenprodukte nur eines oder nur weniger Emittenten oder Anbieter anbietet, gilt die Mitteilung über mögliche Interessenkonflikte durch die Erteilung der sta­tusbezogenen Informationen nach § 12 Abs. 1 Nummer 4 Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) als erfüllt.

Jährliche Kosteninformation

Der Gewerbetreibende hat den Anleger darüber hinaus regelmäßig, mindestens jedoch jährlich wäh­rend der Laufzeit der Anlage, über die Kosten und Nebenkosten zu informieren. Der Gewerbetrei­bende kann dazu die ihm vom Emittenten oder dem depotverwaltenden Institut zur Verfügung gestellten Kos­teninformationen verwenden. Dies gilt allerdings nicht für die Informationen über die Kosten, die bei dem Gewerbetreibenden anfallen. Über diese muss der Gewerbetreibende in jedem Fall eine eigen­ständige Information zur Verfügung stellen, da dem Emittenten oder depotverwaltenden Institut dar­über keine Informationen vorliegen. Die Pflicht zur regelmäßigen, mindestens aber jährli­chen Informa­tion des Anlegers besteht nur, sofern im Laufe des Kalenderjahres eine laufende Geschäftsbeziehung zwischen dem Gewerbetreibenden besteht oder bestand.

Geeignetheitsprüfung

Der Gewerbetreibende ist verpflichtet, den vom Produktgeber bzw. Konzepteur bestimmten Zielmarkt zu berücksichtigen und mit dem jeweiligen Anleger abzugleichen. Der Gewerbetreibende muss sich dazu alle erforderlichen Informationen zum Zielmarkt des Produktgebers bzw. Konzepteurs beschaf­fen und die Merkmale der jeweiligen Finanzanlage sowie den Zielmarkt verstehen. Er muss die Ver­einbarkeit der Finanzanlage mit den Bedürfnissen des Anlegers beurteilen und muss sicherstellen, dass er die Finanzanlage nur empfiehlt, wenn dies im Interesse des Anlegers ist. Dabei ist es grund­sätzlich auch zulässig, wenn der Gewerbetreibende in begründeten Ausnahmefällen eine Anlage au­ßerhalb des Zielmarktes vertreibt. Dies kann in begründeten Fällen unter dem Gesichtspunkt der Diversifizierung sogar im bestmöglichen Interesse des Anlegers sein.

Zuwendungen

Die Annahme und Gewährung von Zuwendungen darf nicht nur der ordnungsgemäßen Vermittlung und Beratung im Interesse des Anlegers nicht entgegenstehen, sondern darf sich darüber hinaus auch nicht nachteilig auf die Qualität der erbrachten Finanzdienstleistung auswirken. Die Verpflichtung des Gewerbetreibenden, im bestmöglichen Interesse des Anlegers ehrlich, redlich und professionell zu handeln, darf nicht beeinträchtigt werden. Unter den genannten Voraussetzungen ist die Annahme von Zuwendungen auch weiterhin zulässig.

Geeignetheitserklärung

Das bisher anzufertigende Beratungsprotokoll wird durch die Geeignetheitserklärung ersetzt. Diese ist dem Anleger bei einer Anlageberatung vor Abschluss des Vertrages auf einem dauerhaften Datenträ­ger zur Verfügung zu stellen. Die Pflicht zur Erstellung und Zurverfügungstellung der Geeignetheitser­klärung gilt nicht gegenüber professionellen Kunden und Privatkunden, die als professionelle Kunden eingestuft werden. Die Verpflichtung, dem Anleger regelmäßige Geeignetheitsberichte zur Verfügung zu stellen, besteht nur in den Fällen, in denen der Gewerbetreibende dem Anleger eine regel­mäßige Beurteilung der Geeignetheit der empfohlenen Finanzanlagen angeboten hat.

Aufzeichnungspflicht von Telefongesprächen und sonstiger elektronischer Kommunikation

Ziel der Pflicht zur Aufzeichnung von Telefongesprächen und sonstiger elektronischer Kommunikation ist die Stärkung des Anlegerschutzes, die Verbesserung der Marktüberwachung und die Schaffung von Rechtssicherheit im Interesse der Finanzanlagenvermittler und der Anleger. Die Aufzeichnung dient dem Zweck der Beweissicherung und soll insbesondere dokumentieren, ob der Anleger über die Chancen, Risiken und Eigenschaften einer empfohlenen Finanzanlage informiert wurde. Der Umfang der Aufzeichnung darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des genannten Zwecks der Beweissicherung hinausgeht.
Aufzeichnungspflichtig sind Telefongespräche und sonstige elektronische Kommunikation, sobald sie sich auf die Vermittlung von oder die Beratung zu Finanzanlagen im Sinne des § 34f Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung beziehen. Der Aufzeichnungspflicht unterliegen hingegen nicht telefonische Termin­absprachen, Anbahnungsgespräche und Gespräche, die nicht die Beratung zu oder Vermittlung von einzelnen oder mehreren konkreten Finanzanlagen zum Inhalt haben. Telefongespräche und elektro­nische Kommunikation, die sich auf Versicherungsprodukte oder Darlehen beziehen, fallen daher nicht unter die Aufzeichnungspflicht. Soweit Internet-Dienstleistungsplattformen keine Anlageberatung oder Anlagevermittlung durch Telefon oder sonstige elektronische Korrespondenz erbringen und diese als rein digitale Prozesse ablaufen, unterfallen diese nicht der Aufzeichnungspflicht nach § 18a FinVermV, wohl aber der allgemeinen Aufzeichnungspflicht nach § 22 FinVermV.
Sofern der Gewerbetreibende sowohl als Finanzanlagenvermittler nach § 34f bzw. als Honorar-Finanzanlagenberater nach § 34h GewO als auch als Versicherungsvermittler nach § 34d und/oder Immobiliardarlehensvermittler nach § 34i GewO tätig ist, kann ein Gespräch in seinem Verlauf von der aufzeichnungspflichtigen Finanzanlagenvermittlung auf die nicht aufzeichnungspflichtige Versiche­rungsvermittlung oder Immobiliardarlehensvermittlung übergehen. Ein genauer Zeitpunkt, ab dem oder bis zu dem eine Aufzeichnung des Telefongesprächs vorzunehmen ist, lässt sich daher nicht in jedem Fall genau bestimmen. Denn nicht immer ist im Vorhinein absehbar, ob der Anleger in einem Telefongespräch, das zunächst Finanzanlagen zum Inhalt hat, zu einem späteren Zeitpunkt von sich aus z. B. Versicherungsprodukte ansprechen wird. Genauso gut kann im Verlauf eines Telefonge­sprächs der Gewerbetreibende zu dem Ergebnis kommen, dass z. B. ein Versicherungsprodukt die Bedürfnisse des Kunden besser erfüllt als eine Finanzanlage. Das zunächst aufzeichnungspflichtige Gespräch kann sich somit zu einem nicht aufzeichnungspflichtigen Gespräch entwickeln. Der Gewer­betreibende ist verpflichtet, angemessene technische und elektronische Maßnahmen zu ergreifen, um die Aufzeichnung von einschlägigen Telefongesprächen und elektronischer Kommunikation zu ermög­lichen. Dies gilt sowohl für die vom Gewerbetreibenden zur Verfügung gestellten dienstlichen techni­schen Geräte, z. B. Smartphone, Festnetztelefon oder Laptop, wie auch für die genutzten privaten technischen Geräte des Gewerbetreibenden und seiner Angestellten.
Der Gewerbetreibende ist verpflichtet, die Anleger über die Aufzeichnung von Telefongesprächen und elektronischer Kommunikation vorab zu informieren. In gleicher Weise müssen die Beschäftigten des Gewerbetreibenden vorab über die Aufzeichnungspflicht informiert werden. Dabei ist es ausreichend, wenn der Gewerbetreibende die Information einmalig vor einem aufzeichnungspflichtigen Telefonge­spräch oder elektronischer Kommunikation informiert, eine wiederholte Information über die Aufzeich­nungspflicht ist nicht erforderlich. Sofern die Vorabinformation über die Aufzeichnung nicht erfolgt ist oder der Anleger der Aufzeichnung widersprochen hat, darf der Gewerbetreibende keine telefonische oder mittels sonstiger elektronischer Kommunikation durchgeführte Anlageberatung oder Anlagever­mittlung durchführen.
Ferner ist der Gewerbetreibende verpflichtet, technische Vorkehrungen zu treffen, die die Aufzeich­nungen gegen nachträgliche Verfälschung und unbefugte Verwendung sichern. Zudem wird klarge­stellt, dass die Aufzeichnungen nur zu dem genannten Zweck der Beweissicherung dienen und nicht zu anderen Zwecken genutzt werden dürfen. Insbesondere darf der Gewerbetreibende die Aufzeich­nungen nicht zum Zweck der Überwachung seiner Beschäftigten nutzen. Eine Auswertung der Auf­zeichnungen darf nur durch den Gewerbetreibenden selbst oder gesondert zu benennende Beschäf­tigte des Gewerbetreibenden und durch die für die Überwachung des Gewerbebetreibenden zustän­dige Behörde, deren Beauftragte oder eine Strafverfolgungsbehörde erfolgen. Der Gewerbetreibende darf die von ihm angefertigten Aufzeichnungen im Schadenfall verwenden und auswerten und z. B. an seine Berufshaftpflichtversicherung weiterleiten.
Der Gewerbetreibende hat dem Anleger jederzeit auf Verlangen eine Kopie der ihn betreffenden Auf­zeichnungen zur Verfügung zu stellen. Die Aufzeichnungen sind nach zehn Jahren zu löschen bzw. zu vernichten sind und die Löschung bzw. Vernichtung zu dokumentieren ist.
Der Gewerbetreibende muss sicherstellen, dass seine Beschäftigten auch die Pflicht zur Aufzeich­nung von Telefongesprächen und sonstiger elektronischer Kommunikation einhalten.

Aufbewahrungsfrist

Die Pflicht des Gewerbetreibenden, Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem dauerhaften Datenträ­ger aufzubewahren, wird auf die Aufzeichnungen von Telefongesprächen und elektronischer Kommu­nikation erstreckt. Die bisherige fünfjährige Aufbewahrungsfrist wird auf zehn Jahre ausgeweitet. Grund für die Ausweitung der Aufbewahrungsfrist ist, dass Finanzanlagen oftmals eine längere Lauf­zeit als fünf Jahre haben. So können Anteile an geschlossenen Investmentfonds häufig in den ersten fünf bis zehn Jahren nicht veräußert werden. Die Unterlagen sind so aufzubewahren, dass sie von den Geschäftsräumen aus zugänglich sind. Dies kann z. B. durch die physische Aufbewahrung der Unterlagen in den Geschäftsräumen selbst erfolgen, aber auch durch eine Aufbewahrung von elektro­nischen Kundenakten auf externen Servern, soweit diese von den Geschäftsräumen aus zugänglich sind.

Sachkundeprüfung

Die in der Anlage 1 der FinVermV aufgeführten inhaltlichen Anforderungen an die Sachkundeprüfung werden um die in der Verordnung neu geregelten Pflichten des Gewerbetreibenden ergänzt. Dies be­trifft insbesondere die Anforderungen zur Vermeidung, Regelung und Offenlegung von Interessenkon­flikten sowie zur Vergütungspolitik sowie die Pflicht zur Aufzeichnung von telefonischen Vermittlungs- und Beratungsgesprächen und elektronischer Kommunikation.