Recht
Neue EU-Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung
Worum geht es?
Gemäß Artikel 101 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind Vereinbarungen, die den Wettbewerb auf dem EU-Binnenmarkt beschränken, zwischen Unternehmen grundsätzlich verboten (Kartellverbot). Bei einem Verstoß sind die getroffenen Vereinbarungen nichtig und es drohen Bußgelder.
Die Vertikal-GVO nimmt Vereinbarungen zwischen zwei oder mehr Unternehmen, die auf verschiedenen Ebenen der Produktions-oder Vertriebskette tätig sind, von dem vorgenannten Verbot aus, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Es geht um Vereinbarungen, die Bedingungen betreffen, zu denen die beteiligten Unternehmen Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können.
Die Vorschriften der Vertikal-GVO sehen somit einen geschützten Bereich vor, in dem die betreffenden Vereinbarungen von dem Verbot ausgenommen sind. Die Vertikal-GVO stellt für die Vertriebsbranche somit einen verlässlichen rechtlichen Rahmen bereit, in dem Hersteller und Händler ihre Geschäftsbeziehung regeln können.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick
Die wichtigsten Änderungen an den Vorschriften betreffen die Anpassung des geschützten Bereichs, um sicherzustellen, dass dieser weder zu weit noch zu eng gefasst ist. Insbesondere sehen die neuen Vorschriften Folgendes vor:
- Einschränkung des geschützten Bereichs in Bezug auf: (1) den zweigleisigen Vertrieb, d. h. Situationen, in denen ein Anbieter seine Waren oder Dienstleistungen nicht nur über unabhängige Händler, sondern auch direkt an Endkunden verkauft, und (2) Paritätsverpflichtungen, die den Verkäufer verpflichten, seinen Vertragspartnern Bedingungen anzubieten, die den Bedingungen der Vertriebskanäle Dritter, wie anderen Plattformen, und/oder den Bedingungen der Direktvertriebskanäle des Verkäufers, wie seinen Websites, entsprechen oder besser sind. Somit werden bestimmte Aspekte des zweigleisigen Vertriebs und bestimmte Arten von Paritätsverpflichtungen nach der neuen Vertikal-GVO nicht mehr freigestellt sein, sondern müssen stattdessen einzeln nach Artikel 101 AEUV geprüft werden.
- Erweiterung des geschützten Bereichs in Bezug auf: (1) bestimmte Beschränkungen der Möglichkeit eines Abnehmers, sich aktiv an einzelne Kunden zu wenden (aktiver Verkauf), und (2) bestimmte Praktiken in Bezug auf den Online-Verkauf, d. h. die Möglichkeit, ein und demselben Händler für online und für offline verkaufte Produkte unterschiedliche Großhandelspreise in Rechnung zu stellen, sowie die Möglichkeit, für Online-und für Offline-Verkäufe in selektiven Vertriebssystemen unterschiedliche Kriterien festzulegen. Derartige Beschränkungen sind nach der neuen Vertikal-GVO künftig freigestellt, sofern alle anderen Freistellungsvoraussetzungen erfüllt sind.
Die neuen Vorschriften der Vertikal-GVO wurden auch klarer gefasst und vereinfacht, um sie für diejenigen zugänglicher zu machen, die sie in ihrem Geschäftsalltag anwenden. Unter anderem wurden die Vorschriften in Bezug auf die Prüfung von Online-Beschränkungen, vertikalen Vereinbarungen in der Plattformwirtschaft und Vereinbarungen, mit denen Nachhaltigkeitsziele verfolgt werden, aktualisiert. Darüber hinaus enthalten die Leitlinien ausführliche Erläuterungen zu einer Reihe von Themen wie selektiven und Alleinvertriebsvereinbarungen und Handelsvertreterverträgen.