Recht
Arbeitszeit
Die Bestimmung der jeweils gültigen Arbeitszeit in einem Arbeitsverhältnis unterliegt verschiedenen Grenzen, die aus Gesetzen, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder dem individuellen Arbeitsvertrag stammen können.
- Geltungsbereich des ArbZG
- Begriff der Arbeitszeit
- Bereitschaftsdienst, Arbeitsbereitschaft und Rufbereitschaft
- Höchstdauer der Arbeitszeit
- Ruhepausen
- Ruhezeit
- Sonn- und Feiertagsrecht, Ladenöffnungsgesetz
- Jugend- und Mutterschutzbestimmungen
- Individuelle Dauer der Arbeitszeit
- Lage der Arbeitszeit
- Arbeit auf Abruf
- Arbeitszeitmodelle / flexible Arbeitszeit
- Aushangpflichten
- Aufzeichnungspflichten
- Rechte des Betriebsrates
- Aufsichtsbehörde
Die Einhaltung des Arbeitszeitrechts ist dabei nicht nur eine arbeitsvertragliche Verpflichtung, sondern unterliegt auch öffentlich-rechtlichen Vorschriften.
Das öffentliche Arbeitszeitrecht hat die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten durch Begrenzung der höchstzulässigen Arbeitszeit und die Verpflichtung zu Ruhepausen und Ruhezeiten zum Ziel. Grundlage hierfür ist vor allem das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Das private Arbeitsrecht bestimmt die konkrete Dauer und Lage der Arbeitszeit sowie die Vergütung.
Geltungsbereich des ArbZG
Das ArbZG gilt für alle Angestellten, Arbeiter und Arbeiterinnen sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten, nicht aber für in Heimarbeit Beschäftigte und leitende Angestellte. Besondere Vorschriften gelten für Fahrtätigkeit.
Begriff der Arbeitszeit
Arbeitszeit ist die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit, die Ruhepausen nicht mitgerechnet. Die konkrete Regelung erfolgt durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung und Arbeitsvertrag. Zur Arbeitszeit gehören in der Regel nicht die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Umkleide- und Waschzeiten, hier kommt es aber auf den konkreten Einzelfall an.
Bereitschaftsdienst, Arbeitsbereitschaft und Rufbereitschaft
Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft verlangen von Beschäftigten, dass sie sich an einer bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufhalten müssen, um spontan ihre volle Arbeitstätigkeit aufnehmen zu können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs handelt es sich dabei um Arbeitszeit.
Dies gilt nicht nur für den ärztlichen Bereitschaftsdienst wie im entschiedenen Fall, sondern für alle Bereiche. Danach darf diese Zeit nicht als Ruhezeit berücksichtigt werden und ist zu vergüten.
Bei Rufbereitschaft müssen sich die Beschäftigten zwar zur Arbeit bereithalten, können dabei aber ihren Aufenthaltsort grundsätzlich frei bestimmen und wechseln. Die Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit. Nur die tatsächlich geleistete Arbeit gilt als Arbeitszeit. Tritt der Bereitschaftsfall ein und wird dadurch die Ruhezeit unterbrochen, so muss unmittelbar nach Beendigung des Falls oder später die volle Ruhezeit eingehalten werden.
Höchstdauer der Arbeitszeit
Die werktägliche Arbeitszeit darf grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten. Werktage sind die Tage von Montag bis Samstag. Damit gilt als Grundsatz maximal die 48-Stundenwoche. Die werktägliche Arbeitszeit kann, wenn keine tariflichen oder arbeitsvertraglichen Einschränkungen bestehen, auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen acht Stunden werktäglich im Durchschnitt nicht überschritten werden.
Saisonschwankungen und Arbeitsspitzen können so ausgeglichen werden. Die wöchentliche Arbeitszeit kann daher bis zu 60 Stunden betragen.
Abweichende Regelungen von den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sind möglich, benötigen aber in der Regel einer Ermächtigung durch einen Tarifvertrag oder einer tarifvertraglichen Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen. Besteht kein Betriebsrat, können die tarifvertraglichen Regelungen durch schriftliche Vereinbarung im individuellen Arbeitsvertrag angewendet werden.
In vom Gesetz bestimmten außergewöhnlichen Fällen kann vom ArbZG abgewichen werden, teilweise bedarf es einer Ausnahmegenehmigung der Aufsichtsbehörde (siehe unten).
Da die gesetzliche Höchstdauer der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten dient, ist die Arbeitszeit bei mehreren Arbeitsverhältnissen zusammenzurechnen. Sonntagsarbeit wird auf die werktägliche Arbeitszeit angerechnet.
Ruhepausen
Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden bis zu neun Stunden ist die Arbeitszeit durch eine im Voraus feststehende Ruhepause von mindestens 30 Minuten, bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt durch eine von 45 Minuten zu unterbrechen. Lage und Dauer kann der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin unter Berücksichtigung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats festlegen.
Ruhezeit
Von den Ruhepausen ist die Ruhezeit zu unterscheiden: Nach Ende der Arbeitszeit ist eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden einzuhalten. Die Ruhezeit kann für bestimmte Branchen durch Gesetz auf zehn Stunden verkürzt werden, wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraums für entsprechenden Ausgleich gesorgt ist.
Durch Tarifvertrag oder durch Betriebsvereinbarung auf der Grundlage eines Tarifvertrages kann die Ruhezeit auf bis zu neun Stunden gekürzt werden, wenn die Art der Arbeit es erfordert und die Kürzung innerhalb eines bestimmten Zeitraums ausgeglichen wird.
Sonn- und Feiertagsrecht, Ladenöffnungsgesetz
Bei der Festlegung der Arbeitszeit ist das Sonn- und Feiertagsrecht zu berücksichtigen, wonach eine Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 0.00 bis 24.00 Uhr grundsätzlich nicht erlaubt ist.
Für bestimmte Branchen existieren jedoch Ausnahmebestimmungen.
Bei Verkaufsstellen ist für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen zusätzlich das Ladenöffnungsgesetz NRW zu beachten.
Jugend- und Mutterschutzbestimmungen
Für die Beschäftigung von Kindern (unter 15 Jahre) und Jugendlichen (zwischen 15 und 18 Jahren) gelten nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz besondere Bestimmungen. Auf Jugendliche, die der Vollzeitschulpflicht unterliegen, finden die für Kinder geltenden Vorschriften Anwendung. Weitere Informationen finden Sie in unserem Artikel Beschäftigung von Minderjährigen.
Werdende und stillende Mütter dürfen auf Grund des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) grundsätzlich nicht mehr als achteinhalb Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche (bei Frauen unter 18 Jahren acht Stunden täglich oder 80 Stunden in der Doppelwoche) beschäftigt werden, wobei Sonntage in die Doppelwoche eingerechnet werden.
Nachtarbeit ist in der Regel zwischen 20.00 und 6.00 Uhr verboten. Das grundsätzlich geltende Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit kann unter bestimmten Voraussetzungen (§ 6 MuSchG) durchbrochen werden.
Individuelle Dauer der Arbeitszeit
Die individuelle Dauer der Arbeitszeit betrifft den Umfang der geschuldeten Arbeitszeit. Sie unterliegt nicht dem Weisungsrecht, sondern ergibt sich entweder aus der ausdrücklichen Absprache der Vertragsparteien, aus kollektiven Regelungen oder aus stillschweigender Akzeptanz der im Betrieb üblichen Handhabung.
Eine vertragliche Regelung, nach der sich der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin vorbehält, den Umfang der Arbeitszeit zu bestimmen, ist nicht möglich.
Lage der Arbeitszeit
Die Lage der Arbeitszeit betrifft die Verteilung der zur Verfügung stehenden Zeit.
Sofern keine Arbeitszeitregelungen durch individuelle oder kollektive Vereinbarungen vorliegen, kann der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin vorbehaltlich der Mitbestimmung des Betriebsrats Pausen, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie den Arbeitszeitrahmen aufgrund des Weisungsrechtes innerhalb der gesetzlichen Grenzen festlegen.
Auch eine langjährige unveränderte Beibehaltung der gleichen Lage der Arbeitszeit begründet keinen „Anspruch“ auf Beibehaltung aus betrieblicher Übung.
Arbeit auf Abruf
Ein besonderer Fall ist die Arbeit auf Abruf. Diese liegt vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit bezogen auf einen bestimmten Zeitraum im Arbeitsvertrag festgelegt ist und die Lage der Arbeitszeit von der Konkretisierung des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin (entsprechend des Arbeitsanfalls) abhängt. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung muss die (Mindest-)Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festlegen.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass bei einer vereinbarten Mindestarbeitszeit höchstens 25 Prozent zusätzlich, bei einer vereinbarten Höchstarbeitszeit nur bis zu 20 weniger abgerufen werden dürfen. Erfolgt keine Festlegung, fingiert das Gesetz eine wöchentliche Arbeitszeit von zwanzig Stunden, es sei denn, aus der tatsächlichen Vertragsabwicklung ergibt sich eine höhere Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit.
Wird keine tägliche Arbeitszeit vereinbart, muss der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin die Arbeitsleistung jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch nehmen. Dies soll den Vergütungsanspruch sichern.
Für die Abrufarbeit ist ein Zeitrahmen mit Referenzstunden und Referenztagen festzulegen, in dem der Abruf der Arbeitsleistung erfolgen kann.
Beschäftigte sind nur zur Leistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin die Lage der Arbeitszeit mindestens vier Tage im Voraus mitteilt und die Arbeitsleistung im festgelegten Zeitrahmen zu erfolgen hat.
Auch wenn die vereinbarte Arbeitszeit nicht abgerufen wird, besteht ein Anspruch auf Vergütung.
Auch bei Abrufarbeit besteht im Krankheitsfall ein Entgeltfortzahlungsanspruch. (Allgemeine Informationen zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall finden Sie in unserem Artikel Krankheit).
Die Höhe der Entgeltfortzahlung bemisst sich nach der durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Krankheitsbeginn.
Arbeitszeitmodelle / flexible Arbeitszeit
Anstelle starrer Arbeitszeitregeln werden zunehmend flexible Arbeitszeitmodelle vereinbart. Bei der Gleitzeit ist es den Beschäftigten überlassen, Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit innerhalb eines vorgegebenen Rahmens individuell zu regeln. Sie sind lediglich zur Einhaltung einer bestimmten Kernzeit verpflichtet.
Die tatsächlich geleisteten Stunden werden auf einem Gleitzeitkonto erfasst. Über- und Unterschreitungen sind innerhalb bestimmter Zeiten auszugleichen. Kann der Ausgleich wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgen, sind die nicht ausgeglichenen Stunden in Geld zu vergüten.
Daneben gibt es vor allem im Einzelhandel rollierende Systeme. Dabei werden auf Basis der Arbeitszeit die Arbeitstage für einen bestimmten Bezugszeitraum festgelegt, wobei die Einsatztage „vorwärts“ oder „rückwärts“ wechseln. Schichtsysteme bieten die Möglichkeit zur Mehrfachbesetzung von Arbeitsplätzen.
Aushangpflichten
Eine Kopie des Arbeitszeitgesetzes, der für den Betrieb geltenden Verordnungen sowie der Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen müssen über die im Betrieb übliche Informations- und Kommunikationstechnik (z.B. Intranet) zur Verfügung gestellt oder an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme ausgelegt oder ausgehängt werden. Weitergehende Pflichten können sich bei der Beschäftigung bestimmter Personengruppen ergeben.
Aufzeichnungspflichten
Das Arbeitszeitgesetz verpflichtet Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die über die werktägliche Arbeitszeit (regelmäßig acht Stunden) hinausgehende Arbeitszeit und jegliche Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen für jeden Beschäftigten aufzuzeichnen.
Außerdem besteht nach dem Mindestlohngesetz die Pflicht die konkrete Arbeitszeit (Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit) bei geringfügig Beschäftigten („Mini-Jobs“) und bei Beschäftigten in den Bereichen des § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes aufzuzeichnen. Entsprechendes gilt für Entleihunternehmen, denen Verleihunternehmen Beschäftigte zur Arbeitsleistung in einer der in § 2a SchwarzArbG aufgeführten Branchen überlässt.
In diesen Fällen sind die für den Nachweis der Zahlung des Mindestlohns erforderlichen Unterlagen im Inland für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung im Geltungsbereich dieses Gesetzes, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, in deutscher Sprache bereitzuhalten.
Zudem hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 13.09.2022 entschieden (AZ 1 ABR 22/21), dass eine grundsätzliche Arbeitszeiterfassung verpflichtend ist. Dies ergebe sich aus einer europarechtskonformen Auslegung des Arbeitsschutzgesetzes.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte mit Urteil vom 14.05.2019 (Aktenzeichen C-55/18) entschieden, dass die Mitgliedstaaten Unternehmen dazu verpflichten müssen, ein „objektives, verlässliches und zugängliches“ System einzurichten, mit dem die von Beschäftigten geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.
Dies bedeutet, dass nicht nur die über die werktägliche hinausgehende Arbeitszeit aufgezeichnet werden muss, sondern auch Beginn, Ende der Arbeitszeit und Dauer der Arbeitszeit. Darüber hinaus muss auch die wöchentliche Höchstarbeitszeit, beziehungsweise eines Zeitausgleiches bei einem Abweichen der Höchstarbeitszeit ersichtlich sein. Die Erfassung kann an die Beschäftigten delegiert werden, solange hierdurch die Zielsetzung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes eingehalten werden kann.
Bei der näheren Ausgestaltung besteht – ggf. unter Einbeziehung des Betriebsrats – ein Spielraum, die Erfassung muss nicht zwingend elektronisch erfolgen. Auch nach dieser Entscheidung dürfte Vertrauensarbeitszeit im Sinne einer selbstbestimmten Lage der Arbeitszeit weiterhin möglich sein, auch hier ist aber eine Zeiterfassung erforderlich. Für die Konkretisierung der Anforderungen an die Arbeitszeiterfassung oder mögliche Ausnahmen muss nun der Gesetzgeber tätig werden.
Rechte des Betriebsrates
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat bei der Festlegung von Beginn und Ende der allgemeinen täglichen Arbeitszeit, der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage ein Mitbestimmungsrecht. Ebenso darf er gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bei vorübergehender Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit mitbestimmen.
Allerdings gilt das Mitbestimmungsrecht nicht für die Konkretisierung der individuellen Arbeitszeit, sondern nur für generelle Fragen, also bei der Einführung, dem Abbau sowie der Ausgestaltung der Arbeitszeitformen (flexible Arbeitszeiten, Gleitzeiten, Ruf- und Bereitschaftsdienst, rollierendes System, Schichtarbeit), bei der Aufstellung von Dienstplänen oder bei der Gestaltung der Teilzeitbeschäftigung. Der Betriebsrat hat darüber hinaus ein Beratungs- und Vorschlagsrecht zur Sicherung und Förderung der Beschäftigung.
Aufsichtsbehörde
Zuständige Aufsichtsbehörde ist die Bezirksregierung Köln, Zeughausstr. 2-10, 50667 Köln, Tel. 0221/147-0, E-Mail: poststelle@bezreg-koeln.nrw.de.
Mitgliedsunternehmen der IHK Köln und Personen, die in der Region Köln die Gründung eines Unternehmens planen, erhalten Sie gerne weitere Informationen.