Vertragsrecht

Kostenvoranschlag

Ein Kostenvoranschlag ist eine kaufmännische Vorkalkulation voraussichtlicher Kosten. Der Kunde soll sich ein Bild davon machen können, wie viel der Auftrag kosten würde.

Unterschied zum Angebot

Der Kostenvoranschlag ist hinsichtlich seiner Bindungswirkung von einem verbindlichen Angebot zu unterscheiden.
Das Zustandekommen eines Vertrags erfordert zwei übereinstimmende Willenserklärungen; also die Annahme eines verbindlichen Angebots. Bei einem verbindlichen Angebot braucht der Kunde / die Kundin dieses lediglich anzunehmen und der Vertrag ist zustande gekommen. Der genannte Preis für die beschriebene Leistung ist dann verbindlich vereinbart. Es ist dem Unternehmer / der Unternehmerin nicht möglich, hiervon später abzuweichen oder den Leistungsumfang zur Kostendeckung zu reduzieren. Mehrkosten gehen zu Lasten des Unternehmers / der Unternehmerin, geringere Kosten kommen ihm / ihr zugute.
Bei einem Kostenvoranschlag handelt es sich, wie bei einem „unverbindlichen“ oder „freibleibenden“ Angebot, hingegen nicht um ein Vertragsangebot, sondern vielmehr um eine Aufforderung zur Angebotsabgabe. Es fehlt hier noch der erforderliche Rechtsbindungswille. Daher kann die endgültige Rechnungssumme die veranschlagte Summe des Kostenvoranschlags möglicherweise überschreiten.

Definition: Unwesentliche und wesentliche Überschreitung

Überschreitet die Summe der Rechnung die Höhe des Kostenvoranschlags, ist danach zu differenzieren, ob es sich um eine wesentliche oder um eine unwesentliche Überschreitung der veranschlagten Gesamtsumme handelt. Abweichungen, die sich nur auf einzelne Positionen beziehen, wirken sich nicht aus.
Auch eine Erweiterung des Leistungsumfangs auf Wunsch des Bestellers oder eine Kostenerhöhung wegen behördlicher Auflagen sind unerheblich für die Beurteilung, ob eine wesentliche Überschreitung vorliegt. Ob eine Überschreitung der veranschlagten Gesamtsumme wesentlich ist, muss im Einzelfall festgestellt werden. Maßgebend sind die konkreten Umstände der Vertragssituation.

Dazu gehören

  • Art und Umfang der Werkleistung,
  • das Verhältnis der Kosten des Werks zu seinem Nutzen,
  • der Zeitpunkt der Erkennbarkeit der Kostenüberschreitung,
  • der Bestimmtheitsgrad des Anschlags,
  • die Kostenhöhe (Schwenker/Rodemann in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 649 BGB Rn. 7a).
Eine allgemein gültige Prozentzahl gibt es nicht. Eine unwesentliche Überschreitung dürfte bei Abweichungen von 10 bis 20 Prozent, in besonderen Ausnahmefällen von 25 Prozent, anzunehmen sein.

Ansprüche bei unwesentlicher Überschreitung

Eine unwesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags muss in der Regel vom Kunden akzeptiert werden.

Unternehmerpflichten bei wesentlicher Überschreitung

Eine wesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags löst für den Unternehmer zwei wichtige Pflichten aus:
  • Der Unternehmer muss dem Kunden unverzüglich mitteilen, dass eine Überschreitung der veranschlagten Gesamtsumme zu erwarten ist. Erfolgt diese Mitteilung durch den Unternehmer schuldhaft nicht, wird er wegen einer Pflichtverletzung schadensersatzpflichtig. Dann ist der Besteller so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die Anzeigepflicht rechtzeitig erfüllt worden wäre (Schwenker/Rodemann in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 649 BGB Rn. 8).
  • Der Unternehmer muss dem Kunden den entstandenen Schaden ebenfalls ersetzen, wenn er den Kostenanschlag schuldhaft zu niedrig erstellt hat oder die Mehrkosten vermeidbar gewesen wären.

Zahlungsanspruch bei wesentlicher Überschreitung

Eine wesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags kann sich auf den Zahlungsanspruch des Unternehmers auswirken, da dem Kunden in diesem Fall ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht (§ 649 BGB). Der Umfang des Zahlungsanspruchs bestimmt sich danach, ob der Kunde das Kündigungsrecht geltend macht.
  • Wenn der Kunde sein Kündigungsrecht ausübt, kann der Unternehmer nur den Teil der Vergütung verlangen, der den bereits geleisteten Arbeiten entspricht. Hinzu kommen die nicht in der Vergütung enthaltenen Auslagen.
  • Wenn der Kunde sein Kündigungsrecht nicht ausübt, dann kann der Unternehmer die tatsächlich anfallende (und den Kostenvoranschlag wesentlich überschreitende) Vergütung verlangen.

Vergütung des Kostenvoranschlags

Häufiger Streitpunkt ist, ob ein Kostenvoranschlag zu vergüten ist. Wenn ein übereinstimmender Wille der Parteien zur Vergütung des Kostenvoranschlags nicht durch Auslegung ermittelt werden kann, besteht im Zweifel keine Vergütungspflicht im Hinblick auf den erteilten Kostenvoranschlag (§ 632 Abs. 3 BGB). Dieser Annahme liegt die gesetzliche Wertung zugrunde, dass Leistungen des Unternehmers im Vorfeld des Vertragsschlusses grundsätzlich nicht zu vergüten sind, sofern nicht eine abweichende Parteivereinbarung getroffen wurde.
  • Grundsatz:
    Das Gesetz geht davon aus, dass es dem Unternehmer freisteht, eine Vereinbarung über die Vergütung des Kostenvoranschlags herbeizuführen oder alternativ keinen Kostenvoranschlag bzw. kein Angebot abzugeben. Er kann deshalb ein Entgelt in der Regel nur verlangen, wenn zwischen den Parteien eine entsprechende ausdrückliche oder im Einzelfall unter der Voraussetzung der Branchenüblichkeit konkludente Vereinbarung getroffen wurde. Das Vorliegen einer solchen muss vom Unternehmer bewiesen werden. Dies gilt auch für Ausarbeitungen, die einen besonderen Aufwand erfordern. Vorarbeiten wie Pläne, Zeichnungen oder Berechnungen sind im Regelfall nicht zu bezahlen. Auch ausgehängte Preislisten reichen nicht aus.
    Ausnahme:
    Liegt in der Entwicklung eines Entwurfs bereits die eigentliche, kreative Leistung, kann man zumeist davon ausgehen, dass die Parteien eine Angebotserstellung gegen Vergütung gewollt haben (Beispiel: Herstellung eines Layouts), auch wenn sie dies nicht ausdrücklich vereinbart haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Besteller die Leistung tatsächlich verwertet.
  • Regelung in AGB:
    Legt der Unternehmer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen fest, dass stets eine Vergütungspflicht für Kostenvoranschläge besteht, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird, so ist diese Klausel nach der Rechtsprechung unwirksam (OLG Köln, Beschl. v. 27.06.2011 – 19 U 45/11). Dies ist jedoch nicht unumstritten. Teilweise wird die Zulässigkeit einer solchen Klausel in den AGB zumindest bei Branchenüblichkeit befürwortet.
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