Liefervereinbarungen im Auslandsgeschäft

Die Incoterms®: Liefervereinbarungen im Auslandsgeschäft

Zum 1. Januar 2020 sind die Incoterms® 2020 in Kraft getreten. Unsere Informationen sollen Ihnen einen ersten Überblick über die Anwendung und die wesentlichen Inhalte der Incoterms geben. Bitte beachten Sie, dass für die detaillierte Feststellung der mit einem Incoterm verbundenen Rechte und Pflichten nur das offizielle Regelwerk der Internationalen Handelskammer (ICC), im Zweifelsfall in englischer Sprache, verbindlich ist. Ohne diese Regeln zur Auslegung nationaler und internationaler Handelsklauseln können Incoterms® nicht rechtssicher angewendet werden.

Einleitung

Die Internationale Handelskammer (ICC) in Paris gibt seit 1936 „Internationale Regeln für die Auslegung der handelsüblichen Vertragsformeln“ heraus, die als Incoterms (International Commercial Terms) bekannt sind. Seit dieser Zeit sind diese immer wieder an die sich ändernden Handelsbräuche angepasst worden, zuletzt zum Herbst 2019. In dieser letzten Fassung werden sie als Incoterms® 2020 bezeichnet.
Incoterms sind weltweit anerkannte, einheitliche Vertrags- und Lieferbedingungen, die den Parteien eines Kaufvertrags eine standardisierte Abwicklung von Handelsgeschäften ermöglichen. Sie haben die Aufgabe, die Kostenverteilung, die Risikoverteilung und die Sorgfaltspflichten festzulegen. Durch die Verwendung der Incoterms werden die gegenseitigen Verpflichtungen klar geregelt. Dadurch kann Missverständnissen und kostenintensiven Streitigkeiten vorgebeugt und das Risiko rechtlicher Komplikationen vermindert werden. Rechtsfragen wie beispielsweise der Vertragsabschluss, die Eigentumsübertragung, die Zahlungsabwicklung oder die Rechtsfolgen von Vertragsbrüchen werden hingegen nicht geregelt. Maßgeblich hierfür sind die kaufvertraglichen Bestimmungen oder das dem Vertrag zugrundeliegende Recht.
Eine Matrix (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 35 KB) stellt die Lieferbedingungen übersichtlich dar und zeigt die Verteilung der wichtigsten Pflichten bei den Incoterms® 2020 auf.

Die 11 Klauseln im Überblick

EXW
Ex Works / Ab Werk … benannter Lieferort
FCA
Free Carrier / Frei Frachtführer … benannter Lieferort
CPT
Carriage paid to / Frachtfrei … benannter Bestimmungsort
CIP
Carriage, Insurance paid to / Frachtfrei versichert … benannter Bestimmungsort
DAP
Delivered at Place / Geliefert benannter Ort … benannter Bestimmungsort
DPU
Delivered at Place Unloaded / Geliefert benannter Ort entladen
DDP
Delivered Duty paid / Geliefert verzollt … benannter Bestimmungsort
FAS
Free alongside Ship / Frei Längsseite Schiff … benannter Verschiffungshafen
FOB
Free on Board / Frei an Bord … benannter Verschiffungshafen
CFR
Cost and Freight / Kosten und Fracht … benannter Bestimmungshafen
CIF
Cost, Insurance and Freight/ Kosten, Versicherung und Fracht... benannter Bestimmungshafen

Die Einteilung der Incoterms

Nach Transportarten

Die Incoterms lassen sich in zwei Arten des Transports aufteilen:
  • Klauseln, die für jede Art des Transportmittels gelten (EXW, FCA, CPT, CIP, DPU, DAP, DDP)
  • Klauseln, die nur für den Schiffstransport und/oder den Binnenschiffstransport gelten (FAS, FOB, CFR, CIF)
Ob eine Klausel für alle Transportmittel oder nur für Schiffstransporte gilt, kann man leicht erkennen: Wird in der Übersetzung der Klausel in die Langform (z.B. Frachtfrei ... benannter Bestimmungsort) kein Bezug auf das Transportmittel genommen, ist die Klausel für alle Transportarten verwendbar.

Nach der Art der Abwicklung

Die Einteilung erfolgt in vier Gruppen:
  • Gruppe E – Abholklausel (EXW)
  • Gruppe F – Absendeklauseln ohne Übernahme der Kosten für den Haupttransport durch den Verkäufer (FCA, FAS, FOB)
  • Gruppe C – Absendeklauseln mit Übernahme der Kosten für den Haupttransport durch den Verkäufer (CPT,CIP, CFR, CIF)
  • Gruppe D – Ankunftsklauseln (DPU, DAP, DDP)
Jede Gruppe ist dadurch gekennzeichnet, dass die Kosten- und Risikotragung (Gefahrübergang) innerhalb der Gruppe nach dem gleichen Grundprinzip ausgestaltet ist. Während außerdem die Pflichten des Verkäufers mit jeder Gruppe steigen, reduzieren sich die des Käufers entsprechend.

Haupt- und Nebenfunktionen der Incoterms

Der Lieferweg einer Ware vom Versandort zum Bestimmungsort wird durch den von den Vertragsparteien vereinbarten Übergabepunkt in zwei Wegstrecken geteilt. Welche Verpflichtungen die Vertragsparteien jeweils für ihre Wegstrecke treffen, regeln die Incoterms. Grundsätzlich gilt: Für die Wegstrecke bis zum Übergabepunkt ist der Verkäufer, danach ist der Käufer zuständig.

Hauptfunktionen der Incoterms

Die Incoterms regeln hauptsächlich,
  • welche Verpflichtungen jede Vertragspartei für ihre Wegstrecke übernehmen muss;
  • welche Kosten jede Vertragspartei für ihre Wegstrecke zu tragen hat;
  • wer welches Risiko abdeckt.

Nebenfunktionen der Incoterms

Daneben wird geregelt,
  • wer die Warendokumente beschaffen muss, wer dafür die Kosten trägt und wer eventuell entstehende Einfuhrabgaben zu zahlen hat;
  • wer welche Transportdokumente beschaffen muss und wer dafür die Kosten zu tragen hat;
  • wer für wen die Ware versichern und wer dafür die Kosten übernehmen muss;
  • wer den anderen Partner, wann und worüber informieren muss;
  • wer die Warenprüfung durchführen und wer die Kosten dafür übernehmen muss;
  • wie die Ware verpackt wird und wer die Verpackung zahlen muss.

Die einzelnen Klauseln

E-Gruppe

Bei der einzigen Klausel der E-Gruppe gehen Kosten und Risiken ab der Bereitstellung der Ware am benannten Ort auf den Käufer über.

EXW – Ex Works / Ab Werk ... benannter Lieferort

Sie enthält die Mindestverpflichtung des Verkäufers. Dem Verkäufer entstehen keine Transportkosten. Er muss die Ware lediglich am benannten Ort zur Abholung bereitstellen und dem Käufer alle für die Abholung notwendigen Daten zukommen lassen. Die Ware muss nicht verladen oder zur Ausfuhr frei gemacht werden, sondern lediglich verpackt und gekennzeichnet sein.
Die EXW- Klausel ist aus folgenden Gründen mit Bedacht anzuwenden:
Aus praktischen Gesichtspunkten wird das Verladen der Ware häufig vom Verkäufer übernommen. Verlädt der Verkäufer, geschieht dies auf Gefahr und Kosten des Käufers, was im Schadensfall zu Streitigkeiten führen kann. Zudem ist es dem Käufer unter Umständen nicht möglich, im Exportland die Ausfuhrabwicklung vorzunehmen. Die EXW-Klausel verpflichtet allerdings den Verkäufer, den Käufer auf dessen Kosten und Gefahr bei der Ausfuhrabwicklung zu unterstützen. Aus diesen Gründen könnte die FCA-Klausel besser geeignet sein.

F-Gruppe

Innerhalb der F-Gruppe trägt der Käufer die Kosten des Haupttransports. Die Gefahr geht mit der Übergabe der Ware an den Frachtführer des Haupttransportes auf ihn über.

FCA – Free Carrier / Frei Frachtführer ... benannter Lieferort.

Der Verkäufer muss die Ware zu dem vom Käufer bestimmten Lieferort bringen. Der Verkäufer sorgt auf seine Kosten für Verpackung, Warenprüfung und Freimachung der Ware zur Ausfuhr. Wenn der vereinbarte Ort beim Verkäufer liegt, muss er die Ware auch verladen. Für den Haupttransport, die Durchfuhr und die Einfuhr im Bestimmungsland ist der Käufer verantwortlich.
Die Klausel ist für alle Transportarten verwendbar. Sie eignet sich sehr gut für den Container-Transport.

FAS – Free alongside Ship / Frei Längsseite Schiff ... benannter Verschiffungshafen.

Der Verkäufer muss die Ware auf seine Kosten verpacken, zu dem vom Käufer benannten Verschiffungshafen verbringen und zur Ausfuhr freimachen. Die Lieferung ist erfolgt, wenn die Ware längsseits des Schiffs im benannten Verschiffungshafen gebracht ist.
Diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar.

FOB – Free on Board / Frei an Bord ... benannter Verschiffungshafen.

Free on Board bedeutet, dass der Verkäufer seiner Lieferverpflichtung nachkommt, wenn er die Ware an Bord des Schiffes im benannten Verschiffungshafen liefert. Der Verkäufer muss die Ware auf seine Kosten verpacken und die Ware zur Ausfuhr freimachen.
Diese Klausel ist ebenfalls nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar.

C-Gruppe

Als gemeinsames Kennzeichen der C-Gruppe hat der Verkäufer zwar den Haupttransport auf eigene Kosten zu tragen, die Gefahr geht jedoch bereits mit der Übergabe der Ware an den Frachtführer des Haupttransports auf den Käufer über.

CPT – Carriage paid to / Frachtfrei ... benannter Bestimmungsort.

Der Verkäufer muss die Ware dem von ihm benannten Frachtführer liefern. Zusätzlich muss er die Frachtkosten bis zum benannten Bestimmungsort übernehmen. Weiter hat er die Ware zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen.
Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar.

CIP – Carriage, Insurance paid to / Frachtfrei versichert ... benannter Bestimmungsort.

Der Verkäufer muss die Ware dem von ihm benannten Frachtführer liefern. Zusätzlich muss er die Frachtkosten bis zum benannten Bestimmungsort übernehmen. Außerdem hat er den Transportversicherungsvertrag (umfassender Versicherungsschutz) auf seine Kosten abzuschließen. Die CIP-Klausel verpflichtet den Verkäufer außerdem, die Ware zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen. Die Klausel ist ebenfalls für alle Transportarten anwendbar.

CFR – Cost and Freight / Kosten und Fracht ... benannter Bestimmungshafen.

Der Verkäufer liefert, wenn die Ware an Bord des Schiffes gebracht ist. Er trägt zudem die Kosten und die Fracht bis zum benannten Bestimmungshafen. Der Verkäufer hat außerdem die Ware auf eigene Kosten zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen.
Diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar.

CIF – Cost, Insurance and Freight / Kosten, Versicherung und Fracht ... benannter Bestimmungshafen.

Der Verkäufer liefert, wenn die Ware an Bord des Schiffes gebracht ist. Er trägt außerdem die Kosten und die Fracht bis zum benannten Bestimmungshafen. Zusätzlich hat er den Transportversicherungs-vertrag (nur mit Mindestdeckung) auf eigene Kosten abzuschließen. Der Verkäufer hat außerdem die Ware auf eigene Kosten zu verpacken und zur Ausfuhr freizumachen.
Auch diese Klausel ist nur für den See- oder Binnenschiffstransport verwendbar und für den Container-Transport in der Regel nicht geeignet. Für letzteres ist CIP anzuwenden.

D-Gruppe

Bei den D-Klauseln trägt der Verkäufer alle Kosten und Risiken bis zum Eintreffen der Ware am benannten Bestimmungsort.

DPU - Delivered at Place Unloaded / Geliefert ... benannter Ort entladen

Der Verkäufer hat alle Kosten und Gefahren der Beförderung der Ware bis zum benannten Bestimmungsort einschließlich der Entladung zu tragen. Der Verkäufer sollte sicherstellen, dass er der Verpflichtung, die Ware zu entladen, nachkommen kann. Der Käufer übernimmt die Einfuhrabwicklung und bezahlt die Einfuhrabgaben.
Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar.

DAP - Delivered at Place / Geliefert ... benannter Bestimmungsort

Der Verkäufer muss dem Käufer die Ware auf dem ankommenden Beförderungsmittel entladebereit am Bestimmungsort zur Verfügung stellen. Der Käufer übernimmt die Einfuhrabwicklung und bezahlt die Einfuhrabgaben.
Die Klausel ist für alle Transportarten anwendbar.

DDP – Delivered Duty paid / Geliefert verzollt ... benannter Bestimmungsort.

DDP beinhaltet die Maximalverpflichtung des Verkäufers. Der Verkäufer muss die Ware zur Ausfuhr und auch zur Einfuhr freimachen und am benannten Bestimmungsort auf dem ankommenden Beförderungsmittel unentladen liefern. Der Verkäufer trägt alle Kosten und auch die Gefahr bis zum Eintreffen der Ware am benannten Bestimmungsort.

Hinweise zur Anwendung der Incoterms

Bei der Anwendung der Incoterms sollten Sie folgende Hinweise beachten:

Wählen Sie die geeignete Klausel

  • Die gewählte Klausel der Incoterms sollte passend sein für die Ware, das Beförderungsmittel und vor allem für die von den Parteien gewünschte Pflichtenverteilung.
  • Die Regelungsinhalte der einzelnen Klauseln sind nicht zwingend, sondern können von den Parteien nach ihren Vorstellungen modifiziert werden. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass diese eindeutig und unmissverständlich erfolgen und zudem die Strukturprinzipien der jeweiligen Klausel bzw. ihrer Gruppe respektieren.

Beziehen Sie die Incoterms-Klausel ausdrücklich in Ihren Kaufvertrag ein

  • Die Incoterms werden nur gültig, wenn Sie durch den Kaufvertrag vereinbart werden.
  • Im Kaufvertrag muss auch aufgeführt werden, welche Incoterms-Version maßgeblich sein soll. Bei Verwendung der Incoterms 2020 sollte daher der Zusatz "Incoterms 2020" angefügt werden. Es können aber auch alte Versionen (z. B. von 2010 oder 2000) zugrunde gelegt werden. Dann muss der Zusatz entsprechend gewählt werden. Fehlt eine Versionsangabe wird regelmäßig die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aktuelle Incoterms-Version Vertragsbestandteil.

Benennen Sie Ihren Ort oder Hafen so genau wie möglich

Damit die Klauseln ihren Zweck erfüllen können, sollte der Ort oder Hafen ausdrücklich bestimmt und so genau wie möglich benannt werden.

Beachten Sie, dass die Klauseln keinen vollständigen Kaufvertrag beinhalten

  • Die Incoterms regeln lediglich einige der Primärpflichten des Kaufvertrages. Damit ergänzen und modifizieren sie das an sich maßgebliche Kaufrecht, können es jedoch keinesfalls ersetzen. Regelungsbereiche, die von den Incoterms nicht umfasst sind (z.B. der Eigentumsübergang oder die Rechtsfolgen eines Vertragsbruches) werden durch ausdrückliche Bedingungen im Kaufvertrag oder durch das diesem Vertrag zugrunde liegende Recht bestimmt.
  • Die Incoterms legen verbindliche Pflichten lediglich im Verhältnis des Verkäufers zum Käufer fest, begründen jedoch keine Pflichten oder Rechte gegenüber anderen Parteien. Zur Umsetzung der kaufvertraglich übernommenen Verpflichtungen sind die erforderlichen weiteren Verträge durch Verkäufer und Käufer mit Dritten gesondert einzugehen.

Weiterführende Literatur

  • Das offizielle Regelwerk der ICC zur Auslegung nationaler und internationaler Handelsklauseln - Incoterms® 2020 - ist als zweisprachige Ausgabe (Englisch/Deutsch) erhältlich bei der ICC Deutschland (ISBN-978-3-929621-73-0), Publ. Nr. 723 DE
  • Incoterms® 2020 – Kommentierung für die Praxis inklusive offiziellem Regelwerk Autor: Prof. Dr. Christoph Graf von Bernstorff, Bundesanzeiger Verlag (ISBN: 978-3-8462-1060-4)
Weitere Informationen zu den Incoterms und ihrer Entwicklung erhalten Sie darüber hinaus auf der Homepage der Internationalen Handelskammer in Paris (ICC).
Incoterms® 2020 Digital Guide
Um den Unternehmen die Auswahl der richtigen Klausel zu erleichtern, wurde in Zusammenarbeit zwischen der ICC, ICC Germany und der Kanzlei Luther Law ein interaktives Tool entwickelt, das Nutzern nach ihren Eingaben Vorschläge für Incoterms-Klauseln macht. Dieser interaktive Guide wird als Orientierung bei der Auswahl der geeigneten Incoterms®-Regel kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Quelle: Incoterms® 2020 Digital Guide by ICC Germany & Luther, Dezember 2021