„Bitte nicht noch weniger Parkplätze!“
Was ist für Kölner Händlerinnen und Händler in den Veedeln wichtig? 86 Veedel, jedes ein eigenes Gefühl: Die Identität vieler Kölnerinnen und Kölner ist eng mit ihrem Stadtteil verknüpft, aus dem man sich vermeintlich gar nicht herausbewegen muss, weil es alles gibt, was man braucht. Wie erleben das die Gewerbetreibenden?
Text: Johanna Tüntsch
Leerstand ist ein zunehmendes Problem in vielen Stadtteilen. In Ehrenfeld hat die IHK Köln einen direkten Zusammenhang ermitteln können zwischen mehrfachen Verkehrsversuchen und Umsatzeinbußen bis hin zu Geschäftsaufgaben – denn geänderte Verkehrskonzepte erschweren es Kundinnen und Kunden, von ihnen angesteuerte Ladenlokale wie gewohnt zu erreichen. Darauf lassen sich viele nicht ein und orientieren sich schließlich anderweitig. Die Händlerinnen und Händler merken das unmittelbar.
Hinzu kommt eine schwierige wirtschaftliche Gesamtlage, sagt eine Ehrenfelder Geschäftsfrau, die nicht namentlich genannt werden möchte. Zwar hielten die Stammkunden ihr die Treue, „aber manche haben eben nur einen bestimmten Betrag zur Verfügung und kaufen jetzt weniger als früher.“
Im Vergleich mit anderen, deren Kundschaft auf Erreichbarkeit mit dem Auto angewiesen sind, hat sie noch Glück, denn viele ihrer Kundinnen und Kunden kommen zu Fuß oder mit dem Rad aus umliegenden Stadtteilen. „Ich verstehe allerdings nicht, warum sie nicht wenigstens 15 oder 30 Minuten mit dem Auto hier parken und ihre Einkäufe erledigen dürfen“, bedauert sie.
„Wir müssen als Subzentrum erreichbar sein auch für Menschen, die nicht in Kalk wohnen und hier zum Beispiel zur Arztpraxis müssen.“
– Oliver Wessel, Inhaber der St. Josef-Apotheke und Mitglied im Vorstand des Vereins Standortgemeinschaft Kalk
Die Verkehrssituation beschäftigt auch die Händlerinnen und Händler in Kalk. „Zufällig haben wir erfahren, dass die Bezirksvertretung geplant hatte, die Kalker Hauptstraße in eine Einbahnstraße umzuwandeln“, so Oliver Wessel, Inhaber der St. Josef-Apotheke und Mitglied im Vorstand des Vereins Standortgemeinschaft Kalk.
Im Austausch mit IHK Köln, Handwerkskammer und anderen Kölner Institutionen habe man erreicht, dass nun noch einmal eine ergebnisoffene Diskussion angestoßen worden sei. „Kalk ist ein zunehmend gentrifiziertes Viertel mit jungen Leuten, da versteht nicht jeder das Gleiche unter Aufenthaltsqualität. Die jungen Leute finden es schön, wenn auf der Straße etwas los ist, und es gibt wenig Leerstände – das lässt mich hoffen. Aber man muss im Blick haben: Wir müssen als Subzentrum erreichbar sein auch für Menschen, die nicht in Kalk wohnen und hier zum Beispiel zur Arztpraxis müssen“, so der Apotheker.
Ein Anliegen der Gewerbetreibenden in allen Stadtvierteln ist es, von Politik und Verwaltung in Gespräche einbezogen zu werden, statt Konzepte übergestülpt zu bekommen, sagt Dr. Kristel Degener, Leiterin Wirtschaft und Politik bei der IHK Köln: „Es ist absolut wichtig, miteinander zu sprechen und die jeweiligen Interessen zu berücksichtigen.“
Marc Düssel betreibt in Nippes ein Schreibwarengeschäft, das seit Jahrzehnten fest im Stadtteil verankert ist. Auch aus anderen Teilen Kölns kommt Kundschaft zu ihm.
© IHK Köln/Klaudius Dziuk
Auch Marc Düssel, Inhaber von Schreibwaren Düssel an der Neusser Straße/Ecke Florastrasse in Nippes, sagt: „Es sollen nur nicht noch mehr Parkplätze ohne entsprechenden Ausgleich abgeschafft werden, zu uns kommen kommen Menschen aus allen Stadtteilen nördlich des Doms.“ Die Neusser Straße erlebt er als eine der letzten intakten Einkaufsstraßen der Stadt: „Die ist noch nicht durch Experimente in die Knie gezwungen worden wie so viele andere Standorte.“
Das bunte Miteinander ist das Schöne am Geschäftsleben im Veedel: Man hat alle Schichten und alle Altersgruppen.“ Das bringt Begegnungen mit sich, wie sie nur an traditionsreichen Standorten möglich sind: „Neulich war ein Kunde da, der sagte: ‘Ich bin jetzt 98 Jahre alt und komme seit 94 Jahren bei Euch hier einkaufen.’“
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Dr. Kristel Degener
Leiterin Wirtschaft und Politik