Kommentar

Nachhaltigkeit braucht kreative Lösungen, keine Verbote

Ein Kommentar von Dr. Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln
Nachhaltiges Wirtschaften ist keine Frage von Verboten, sondern eine Frage der Haltung. Eine Haltung, die zu den vielen familiengeführten Unternehmen in unserer Region passt. Denn ihr Streben ist das Schaffen von Werten über Generationen hinweg. Auch andere Unternehmen orientieren sich daran. Denn der schonende Umgang mit Ressourcen ist bei Unternehmen systemimmanent, wie Wirtschaftsstudierende im ersten Semester als ökonomisches Prinzip lernen: Es geht darum, das angestrebte Ergebnis mit möglichst geringem Ressourcenverbrauch zu erreichen, oder mit gegebenen Ressourcen ein Optimum zu erzielen. Nur das bringt wirtschaftlichen – nachhaltigen – Erfolg. Diese Haltung prägt auch die nachhaltige Geschichte unserer IHK Köln. Seit 226 Jahren organisieren sich hier langfristig denkende Kaufleute.
Kreislaufwirtschaft, die es schon lange vor dem Kreislaufwirtschaftsgesetz gab.
Zum sparsamen Umgang mit Rohstoffen und Vorprodukten gehört schon immer die bestmögliche Verwertung von dem, was bei der eigenen Produktion übrig bleibt. Ein die Region prägendes Beispiel liefert die chemische Industrie mit ihren großen Verbundstandorten entlang des Rheins: Schon fast symbiotisch fließt des einen Endprodukt in die Produktion des anderen ein, dasselbe geschieht mit bei der Produktion entstehenden Nebenprodukten und Stoffen, manches fließt am Schluss als wiederzuverwertender Ausgangsstoff zurück. Dieses System wird fortlaufend durch Innovationen weiterentwickelt. Kreislaufwirtschaft eben, die es schon lange vor dem Kreislaufwirtschaftsgesetz gab.

Nachhaltige Lösungen

Auch in Sachen Energieverbräuche ist die Industrie schon lange auf dem richtigen Weg: Die deutsche Industrie produziert ein Drittel mehr als 1990, gleichzeitig ist der Energieverbrauch auf 84 Prozent gesunken. Für die Produktionsmengen von 1990 werden heute nur noch zwei Drittel der Energie von damals eingesetzt. Die Unternehmen stellen sich nicht nur, sie antizipieren die großen Herausforderungen, die mit der Abkehr von fossiler Energie verbunden sind. Dazu gehört auch die Weiterentwicklung von Prozessen und Produkten, die von vornherein so konzipiert sind, dass die verwendeten Komponenten wieder eingesetzt werden können. Das alles gelingt nur durch permanente Weiterentwicklung, Kreativität und Innovationen in den Unternehmen.
Die Geschichten und Beispiele in dieser Ausgabe von IHKplus zeigen zwei Dinge: einmal, mit welchem Ideenreichtum und Engagement die Unternehmen sich längst auf den Weg gemacht haben, und zum zweiten, dass es vielen eine Herzensangelegenheit ist – Haltung eben. Die Quintessenz ist aber, dass wir für eine nachhaltigere Welt genau diese Unternehmen brauchen, denn ohne sie gibt es keine nachhaltigeren Lösungen. Die entstehen nicht aus Parteitagsbeschlüssen oder durch Gesetze des Deutschen Bundestags.

Nachhaltige Impulse

Die Rolle der IHK Köln dabei ist es, wie schon in den letzten 226 Jahren, die Unternehmen auf dem Weg zu immer mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen. Wir waren aus Überzeugung schon immer vorne dabei. Wir setzen Impulse, wie mit unserem Wettbewerb „Going Circular“, dessen Preisträgerinnen und Preisträger wir in der letzten Ausgabe vorstellten. Wir stärken die „Denke“ in Sachen Nachhaltigkeit, indem wir besonders bei jungen Menschen, nämlich den Auszubildenden, das Bewusstsein schärfen. Hierzu haben wir die Programme Energie-Scouts und daraus abgeleitet Circularity-Scouts entwickelt, die andere IHKs von uns übernehmen. Wir qualifizieren Mitarbeitende unserer Unternehmen mit einem Bündel von einschlägigen Zertifikatslehrgängen. Webinare und Beratungen zu unterschiedlichsten Teilaspekten runden diesen Service ab. Unser neues Leitbild ehrbares Unternehmertum der IHK Köln zeigt die zugrunde liegende Haltung bei uns und in unseren Unternehmen.
Unternehmen brauchen Luft zum Atmen für kreative, innovative Entwicklungen.
Diesem Leitbild verpflichtet, wirken wir auf Politik und Verwaltung ein. Denn die Unternehmen brauchen Luft zum Atmen für kreative, innovative Entwicklungen, an die noch keine Politikerin und kein Politiker bzw. Mitarbeitende in Ministerien gedacht haben. Sie brauchen klare, aber viel weniger und weniger bevormundende Regeln. Und sie brauchen gegenüber heute um Lichtjahre einfachere und schnellere Verfahren und Entscheidungen. Was wir nicht brauchen, ist diese immer kurzfristigere, inflationsartige Flut neuer Gesetze. Nachhaltigkeitsaktionismus ist das Gegenteil einer nachhaltigen Entwicklung.