IHK-Nachhaltigkeitsprojekt Circularity-Scouts: Viel zu wertvoll für die Tonne
Ein Azubi-Einsatz, der Kreise zieht. Nicht nur, weil es beim IHK-Azubi-Projekt Circularity-Scouts um Kreislaufwirtschaft geht. Denn profitiert haben Teilnehmende und ihre Betriebe.
Kreisläufe schließen, Energie und Rohstoffe einsparen, Klima und Umwelt schützen – das sind die ehrgeizigen Ziele der Teams aus den Unternehmen, die in diesem Jahr an der ersten Auflage des IHK-Azubi-Projekts „Circularity-Scouts“ teilgenommen haben. Die Bilanz: Nach intensiven Schulungen haben die Auszubildenden wirksame Maßnahmen entwickelt, die teils schon in der praktischen Umsetzung sind. Und für die Azubis selbst war das Projekt eine absolute Bereicherung.
„Ich habe sehr viel für den weiteren Berufsweg gelernt, die Arbeit war auch persönlich enorm wertvoll“, sagt Nina Liebsch, die bei der ASS Maschinenbau GmbH in Overath zur Industriekauffrau ausgebildet wird. Gemeinsam mit Annika Grimberg und Ralf Baczewski hat sie einen Plan entwickelt, gebrauchte Greiferteile, wie sie an Industrierobotern montiert werden, wieder vom Kunden zurückzunehmen. Gelohnt hat es sich: Sie wurden mit dem 1. Platz ausgezeichnet!
Ein zweites Leben für ausgediente Greiferteile, wie sie an Industrierobotern montiert werden: Dafür haben Nina Liebsch, Ralf Baczewski und Annika Grimberg, Auszubildende bei ASS Maschinenbau in Overath, einen Plan entwickelt.
© IHK Köln / Thilo Schmülgen
Aufgearbeitete Greiferteile können nun wiederverwendet, nicht mehr nutzbare Elemente gezielt recycelt werden. Vor allem bei Aluminium, für dessen Herstellung viel Energie nötig ist, ist damit eine deutliche CO2-Reduzierung möglich. Und das Projekt gibt auch Anstoß für weitere Ideen, sagt Ralf Baczewski, der bei ASS eine Ausbildung zum Technischen Produktdesigner absolviert: „Es hat sich gezeigt, dass der Aufbau der Teile aus einzelnen Modulen gerade für die Wiederverwendung sehr sinnvoll ist. Das machen wir heute schon und werden das in der Entwicklung sicher noch ausbauen.“
Kreislaufwirtschaft ganz praktisch
Die Circularity-Scouts entwickeln nicht nur eigene Ideen, sondern geben auch Impulse, die im Unternehmen weiterwirken. Das bestätigt auch Lars Giesbrecht, der das Projekt bei Walterscheid in Lohmar betreut hat: „Die Teammitglieder wirken bei uns als Multiplikatoren. Der Erfolg motiviert andere Azubis und Mitarbeitende, sich ebenfalls mit dem Thema Kreislaufwirtschaft zu beschäftigen.“
Walterscheid stellt Gelenkwellen, Kupplungen und Traktor-Anbau-Systeme her. Das Team mit Jannik Willms, angehender Industriemechaniker, und Dominik Vollmar, in der Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker, hat gleich zwei Ideen verfolgt. Zum einen sollen Verpackungen von Fräsern und Wendeplatten nicht mehr entsorgt, sondern zentral gesammelt und schließlich beim Hersteller wiederverwendet werden. Zum anderen sollen Werkzeuge aus hochwertigem Hartmetall nach Gebrauch künftig gezielter verwertet oder im besten Fall aufgearbeitet und wieder eingesetzt werden.
Und das ist alles andere als Theorie: Ab September wird das Konzept bereits praktisch umgesetzt. Für die Azubis ein beruflicher Erfolg, aber auch ein persönlicher Gewinn. „Wir haben tiefe Einblicke in das Thema Kreislaufwirtschaft bekommen, das hat meinen Horizont erweitert“, berichtet Dominik Vollmar, der zusammen mit Jannik Willms auf Platz drei kam.
Das Konzept von Jannik Willms und Dominik Vollmar wird schon ab September umgesetzt. Die beiden sind Azubis bei Walterscheid in Lohmar.
© IHK Köln / Thilo Schmülgen
Großes Einsparpotenzial
Auch für Inci Senlik ist wichtig, dass im Unternehmen echtes Interesse an den Ideen besteht. „Wir werden das Konzept sogar der Geschäftsführung präsentieren“, erzählt die Auszubildende zur Chemikantin aus dem Leverkusener Unternehmen Kronos Titan. Sie hat gemeinsam mit Tom Kluge und Marvin Schallenberg untersucht, wie man Erze und andere Stoffe, die nach dem Prozess im Bett eines Chlorierungsreaktors übrigbleiben, zurückgewinnen und erneut in dem Reaktor einsetzen kann, anstatt sie, wie bisher, zu entsorgen. Dafür soll nun das Reaktorbett ausgesiebt und gereinigt, die Stoffe aufbereitet werden. Das Potenzial, das die Azubis errechnet haben, ist groß: 48 Tonnen Rohmaterial können so wiederverwertet werden, und das Unternehmen könnte demnach jährlich etwa 50.000 Euro einsparen. Dafür gab es Platz zwei.
Aus dem Bett des Chlorierungsreaktors lassen sich Erze zurückgewinnen. Das haben u.a. Marvin Schallenberg (2. v.l.) und Inci Senlik (3. v.l.), Azubis bei Kronos Titan in Leverkusen, herausgefunden. Kollegen und Vorgesetzte
stehen an ihrer Seite.
© IHK Köln/Thilo Schmülgen
Das Projekt wird auch im nächsten Jahr wieder von der IHK Köln organisiert und u.a. von der Effizienz-Agentur NRW, dem Innovationszentrum :metabolon und dem VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH begleitet. Wie Inci Senlik würde auch Mike Wupperfeld von LANXESS die Teilnahme allen empfehlen, die sich für das Thema interessieren. Der angehende Elektroniker für Automatisierungstechnik wünscht sich für die Zukunft noch mehr Praxisanteile und das Ausprobieren neuer Lernmethoden. Wupperfeld war Teil eines gemischten Teams mit seinem Berufskollegen Kevin Kreider, der künftigen Biologielaborantin Kim Trinh und der angehenden Kauffrau Nadja Limbach. Mit ihren Ideen zur Ressourceneinsparung durch Digitalisierung kamen sie auf Platz vier unter den beteiligten Teams.
Kontakt
Stella Zöllig
Energie und Umwelt