Gründung

Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit durch ausländische Staatsangehörige

Einschränkung der Gewerbefreiheit

Nach § 1 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) ist der Betrieb eines Gewerbes jedem und jeder gestattet, unabhängig davon, ob es sich um eine natürliche oder juristische Person oder um deutsche Staatsangehörige beziehungsweise deutschen Staatsangehörigen gleichgestellten Unionsbürger und Unionsbürgerinnen oder aber um ausländische Staatsangehörige handelt.
Beschränkungen und Ausnahmen sind per Gesetz vorgeschrieben, beziehungsweise durch ein solches in manchen Fällen zugelassen. Beschränkungen für den Betrieb eines Gewerbes durch einen ausländischen Staatsangehörigen ergeben sich aus dem Ausländerrecht.

Zuständigkeit der Ausländerbehörden

Für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen sowie Entscheidungen nach dem Aufenthaltsgesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen sind (mit Ausnahme der Einbürgerung) grundsätzlich die Ausländerbehörden zuständig. Hierbei richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem tatsächlichen oder beabsichtigten Aufenthalt der Ausländer.
Damit sind alle Verlängerungen und Änderungen von Aufenthaltsgenehmigungen, einschließlich der Streichung oder teilweisen Aufhebung belastender Nebenbestimmungen, grundsätzlich bei der Ausländerbehörde am Wohnort zu beantragen. Auch Anträge auf eine selbstständige Erwerbstätigkeit sind von im Inland lebenden Ausländern bei der örtlichen Ausländerbehörde zu stellen.

Selbstständige Erwerbstätigkeit

Jede selbstständige, erlaubte, auf Gewinnerzielung und auf eine gewisse Dauer angelegte Tätigkeit ist als „selbstständige Tätigkeit“ einzustufen, sofern es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt.

Zu den typischen selbstständigen Tätigkeiten zählen zum Beispiel der Betrieb

  • eines Groß-/Einzelhandels,
  • eines Im-/Export-Geschäfts,
  • einer Gastronomie,
  • einer Handelsvertretung, etc.
Auch die freiberufliche Tätigkeit wie die von Künstlern (Maler, Musiker, Schriftsteller) oder Journalisten, Ingenieuren, Architekten und das Führen von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist als selbstständige Tätigkeit anzusehen.

Ferner gelten als Selbstständige

  • bei einer Kommanditgesellschaft (KG): jeder Komplementär und jede Komplementärin der KG,
  • bei einer offenen Handelsgesellschaft (OHG): jeder einzelne Gesellschafter und jede einzelne Gesellschafterin,
  • bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft): jeder einzelne Gesellschafter und jede einzelne Gesellschafterin, da Personengesellschaften nicht selbst als Gewerbetreibende angesehen werden können.

Vergleichbare Unselbstständige

Die vertretungsberechtigten Organe juristischer Personen wie Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen von GmbHs oder Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften üben zwar rein formal keine selbstständige Tätigkeit aus, können aber aufgrund ihrer Funktion wie Selbstständige behandelt werden. Dafür kommt es darauf an, in welcher Höhe sie kapitalmäßig an der Gesellschaft beteiligt sind.

Kapitalmäßige Beteiligung an Unternehmen

Grundsätzlich ist eine rein kapitalmäßige Beteiligung an Unternehmen nicht als Erwerbstätigkeit einzustufen. Dies gilt für den „stillen Gesellschafter“ und die „stille Gesellschafterin“ genauso wie für Kommanditisten einer KG. In der Regel gilt dies auch für alle Gesellschafter und Gesellschafterinnen einer GmbH.

Voraussetzungen für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit

Infolge des Inkrafttretens des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes am 1. März 2020 sind die Anforderungen für eine selbständige Tätigkeit durch Ausländer deutlich herabgesetzt worden. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ist nunmehr bei Besitz eines Aufenthaltstitels erlaubt, es sei denn, es besteht ein gesetzliches Verbot oder eine gesetzliche Beschränkung (§ 4a Abs. 1 AufenthG).
Damit ist eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in der Regel für alle in Deutschland ansässigen Ausländer möglich.
Gesetzlichen Verbote bestehen beispielsweise bei bestimmten Aufenthaltstiteln wie einem Schengen-Visum oder bei einer Duldung. Gesetzliche Beschränkungen bestehen unter anderem für Aufenthaltstitel zum Zwecke des Studiums. Ob eine selbständige Tätigkeit erlaubt ist, ist in der Regel im jeweiligen Aufenthaltstitel vermerkt.

Daneben kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit für nicht in Deutschland ansässige Nicht-EWR-Ausländer erteilt werden, wenn:

  • ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis besteht,
  • die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und
  • die Finanzierung des Projektes durch Eigenkapital oder eine Kreditzusage gesichert ist.
Die Beurteilung richtet sich nach der Tragfähigkeit der zu Grunde liegenden Geschäftsidee, den unternehmerischen Erfahrungen des Ausländers, der Höhe des Kapitaleinsatzes, den Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation und dem Beitrag für Innovation und Forschung. Der Ausländerbehörde steht dabei ein weiter Entscheidungsspielraum zu.
Konkrete Mindestanforderungen an die Summe der Investitionen oder die Anzahl neu zu schaffender Arbeitsplätze sieht das Gesetz nicht vor.
Bei dem zu prüfenden „regionalen Bedürfnis“ werden versorgungs- oder sonstige kommunalpolitische Gründe in die Entscheidung einbezogen. Es kann insbesondere dann bestehen, wenn Lücken in der Infrastruktur vorhanden sind, zu deren Schließung der Ausländer mit seiner angestrebten Tätigkeit beitragen kann. Vergünstigungen können sich auch aus bilateralen Abkommen ergeben.
Die Ausländer müssen nachweisen beziehungsweise glaubhaft machen können, dass die Voraussetzungen gegeben sind. Dem Antrag sollte daher idealerweise ein detaillierter Businessplan beigefügt werden.

Die oben genannten Voraussetzungen müssen nicht erfüllt sein, wenn die Ausländer stattdessen

  • zuvor an einer deutschen staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung ein Studium erfolgreich abgeschlossen wurde
    oder
  • über einen Aufenthaltstitel als Forscher oder Forscherin oder Wissenschaftler und Wissenschaftlerin verfügt (§§ 18b, 18d, 19c AufenthG)
    und
  • die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit einen Zusammenhang zu den Kenntnissen aus der Hochschulbildung, Forschung oder Tätigkeit als Wissenschaftler und Wissenschaftlerin erkennen lässt.
Auch diese abweichenden Voraussetzungen sind nachzuweisen beziehungsweise glaubhaft zu machen.
Die vorgenannten Voraussetzungen müssen ferner dann nicht erfüllt werden, wenn die Ausländer eine freiberufliche Tätigkeit anstreben. In diesen Fällen muss für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis lediglich eine sonstige erforderliche Erlaubnis zur Ausübung des freien Berufes erteilt worden oder deren Erteilung zugesagt sein.
Die Aufenthaltserlaubnis wird zunächst – in der Regel auf ein Jahr – befristet erteilt. Nach drei Jahren kann diese in eine unbefristete Niederlassungserlaubnis übergehen, wenn die geplante Tätigkeit erfolgreich verwirklicht wurde und der Unterhalt dauerhaft gesichert ist.
Ausländische Selbstständige, die älter als 45 Jahre alt sind, sollen nur dann eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn eine ausreichende Altersvorsorge nachgewiesen werden kann.

Beantragung der Aufenthaltserlaubnis

Ausländer, die zur Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in die Bundesrepublik einreisen wollen, müssen eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis bereits vor der Einreise bei der jeweils zuständigen deutschen Auslandsvertretung beantragen. Der Antrag wird über das Auswärtige Amt der für den beabsichtigten Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde mit der Bitte um Zustimmung zugeleitet. Ungeachtet des Prüfungsergebnisses durch die jeweilige Ausländerbehörde trifft die Auslandsvertretung die alleinige Entscheidung über die Erteilung des Einreisevisums.
Halten sich Ausländer bereits legal in der Bundesrepublik auf und beabsichtigt er oder sie, eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder zum Beispiel den Gegenstand einer aufenthaltsrechtlich schon zugelassenen Tätigkeit auszudehnen oder zu wechseln, ist der Antrag unmittelbar bei der Ausländerbehörde zu stellen.

Beteiligung der Wirtschafts- oder sonstigen Fachbehörden

Nach § 21 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) werden zur Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die für den Ort der geplanten Tätigkeit fachkundigen Körperschaften (Industrie- und Handelskammer beziehungsweise Handwerkskammer), die zuständigen Gewerbebehörden, die öffentlich-rechtlichen Berufsvertretungen sowie für die Berufszulassung zuständigen Behörden beteiligt.

Entscheidung der Ausländerbehörde

Bei ihrer Entscheidung ist die Ausländerbehörde an die Stellungnahmen nicht gebunden. Sie hat eine ermessensfehlerfreie Entscheidung unter Würdigung aller Umstände zu treffen. Die Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer gegenüber der Ausländerbehörde hat lediglich internen Charakter. Ihr Ergebnis (positiv oder negativ) wird Antragstellern grundsätzlich nicht mitgeteilt oder zugänglich gemacht, um der zur alleinigen Entscheidung berufenen Ausländerbehörde nicht vorzugreifen.