Ausbildung
Mobiles Ausbilden als ergänzende Ausbildungsform
Mobiles Ausbilden kann die klassische Ausbildung im Unternehmen ergänzen. Dieser Leitfaden soll den Ausbildungsunternehmen helfen, mobiles Arbeiten als optionale Ergänzung zum klassischen Ausbilden in Präsenz im Unternehmen erfolgreich einzuführen.
Der Leitfaden basiert grundsätzlich auf einer Empfehlung des Bundesinstituts für Berufliche Bildung und der zum 1. August 2024 in Kraft getretenen Gesetzesänderung des BBiG (§ 28 Abs. 2 & § 14 Abs. 1 Nr. 3). Das Impulspapier des DIHK bietet einen guten Gesamtüberblick und Definitionen.
Die folgenden Punkte und Fragestellungen zu grundsätzlichen und rechtlichen Voraussetzungen, pädagogischen Aspekten und zur Rolle der Vorgesetzten und der Ausbildenden, technischen Voraussetzungen, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Kommunikation, Didaktik und Regeln für die Zusammenarbeit, sollen Ausgestaltungsmöglichkeiten und Rahmenbedingungen aufzeigen.
1. Grundsätzliche und rechtliche Voraussetzungen
Die Voraussetzungen sind:
Mobiles Ausbilden soll eine ergänzende Ausbildungsform sein. Die Auszubildenden verfügen über die notwendige Reife und werden zu Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein angeleitet. Ausbildende und Auszubildende entscheiden gemeinsam, dass in bestimmtem Umfang mobil ausgebildet werden soll.
Wenn die Anwesenheit der Auszubildenden im Unternehmen für notwendig oder sinnvoll erachtet wird, oder die Auszubildenden ins Ausbildungsunternehmen kommen möchten, ist dies zu ermöglichen. Ein Wechsel in die klassische betriebliche Ausbildung in Präsenz in der Ausbildungsstätte muss beidseitig kurzfristig ermöglicht werden.
Alle gesetzlichen Regelungen wie Berufsbildungsgesetz, Arbeitszeitgesetz, Betriebsverfassungsgesetz oder Jugendschutzgesetz gelten unverändert. Es besteht weiterhin die Pflicht, Ausbildungsnachweise ordnungsgemäß zu führen. Die Grundsätze über die Eignung von Ausbildungsstätte und Ausbilderinnen und Ausbilder gelten unvermindert weiter.
Die für das Ausbildungsunternehmen örtlich zuständige IHK ist für die Überwachung der Ausbildung zuständig. Das Ausbildungsunternehmen weist gegenüber der IHK nach, dass die Qualität der Vermittlung der Ausbildungsinhalte im mobilen Ausbilden der der klassischen Ausbildung gegenüber gleichwertig ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausbilder oder die Ausbilderin jederzeit zu den betriebsüblichen Zeiten für den oder die Auszubildende erreichbar ist, den Lernprozess steuert und begleitet sowie notwendige Lernfortschritte kontrolliert.
Im betrieblichen Ausbildungsplan werden Elemente und Inhalte des mobilen Ausbildens aufgeführt bzw. entsprechend ergänzt. Das Ausbildungsunternehmen stellt den Auszubildenden geeignete Arbeitsmittel, insbesondere Hard- und Software zur Verfügung.
Zur Ausgestaltung sollten Sie sich im Vorfeld folgende Fragen beantworten:
- Kann in dem geplanten Berufsbild mobil ausgebildet werden? Sind die geplanten Tätigkeiten und Aufgaben grundsätzlich für das mobile Ausbilden und die virtuelle Vermittlung geeignet?
- Welche Inhalte wollen Sie virtuell vermitteln? Wählen Sie anhand der geltenden Ausbildungsverordnung die passenden Inhalte aus. Eine Auflistung der Themenfelder erleichtert die Einschätzung.
- Soll es einen Anspruch zum mobilen Ausbilden in Ihrem Ausbildungsunternehmen geben?
- Müssen Arbeitnehmervertretungen eingebunden werden und gibt es Dienstanweisungen oder sonstige betriebliche Vorschriften, die beachtet werden müssen?
- Wie viele Tage pro Woche kann bzw. soll mobil ausgebildet werden, und wie werden die Einhaltung der täglichen Ausbildungszeiten, Pausen und Ruhezeiten sichergestellt? Kann oder soll mobiles Ausbilden bereits in der Probezeit stattfinden oder erst später?
2. Pädagogische Aspekte und die Rolle der Ausbildenden
Die Voraussetzungen sind:
Grundsätzlich haben Ausbildungsunternehmen beim mobilen Ausbilden die gleiche Verantwortung und Fürsorgepflicht gegenüber den Auszubildenden wie bei der Ausbildung vor Ort.
Grundsätzlich müssen die Auszubildenden über die entsprechende persönliche Reife und psychische Verfassung verfügen, um die übertragenen Aufgaben auch beim mobilen Ausbilden erfolgreich zu erledigen. Ansonsten ist vom mobilen Ausbilden abzusehen. Die Auszubildenden sollten anhand nachvollziehbarer Kriterien beurteilt und ihnen sollte ein konkretes Feedback gegeben werden.
Digitale Interaktion und Kommunikation sind integrale Bestandteile des mobilen Ausbildens. Deshalb muss das Ausbildungsunternehmen organisatorisch und technisch sicherstellen, dass Ausbilder/innen und Auszubildende jederzeit füreinander erreichbar sind und dass die Anleitung auf gleichem Niveau wie beim Ausbilden in Präsenz erfolgt.
Zur Ausgestaltung sollten Sie sich im Vorfeld folgende Fragen beantworten:
- Hat das Ausbildungspersonal die notwendigen fachlichen und persönlichen Kompetenzen? Sind die zeitlichen und personellen Ressourcen sowie die technische Ausstattung sichergestellt?
- Verfügen die Auszubildenden über die persönliche Reife, um die übertragenen Aufgaben auch beim mobilen Ausbilden erfolgreich zu erledigen? Welche Hilfestellung kann das Ausbildungsunternehmen den Auszubildenden anbieten?
- Aufgrund der Arbeits- und Ausbildungsbeziehung auf Distanz steigt die Anforderung an die Ausbilder/innen, den Auszubildenden Orientierung zu bieten. Achten die Ausbilder/innen darauf, dass Probleme zeitnah besprochen werden können? Haben die Ausbilder/innen geeignete Möglichkeiten, um die notwendigen Gespräche zu führen und unterstützende Maßnahmen zu ergreifen?
3. Technische Anforderungen
Die Voraussetzungen sind:
Das Ausbildungsunternehmen stellt den Auszubildenden eine geeignete IT-Ausstattung wie zum Beispiel Laptop mit geeigneten Softwareprodukten sowie Kommunikationsmittel wie zum Beispiel Smartphone als kostenfreies Arbeitsmittel für mobiles Ausbilden zur Verfügung.
Betriebliche und gesetzliche Datenschutzvorschriften müssen bekannt sein und beachtet werden.
Arbeit und Ausbildung betreffende Informationen sollten nur über betrieblich legitimierte Kanäle (zum Beispiel MS Teams) geteilt werden. Die Nutzung privater Endgeräte sollte insbesondere im Blick auf den Datenschutz sensibel und zurückhaltend gehandhabt werden.
Zur Ausgestaltung sollten Sie sich im Vorfeld folgende Fragen beantworten:
- Welche Sicherheitsaspekte müssen berücksichtigt werden? Dürfen Dritte betriebliche Daten zu Gesicht bekommen oder geschäftliche Telefonate mithören?
- Welche wichtigen Datenschutz- und Sicherheitsvorschriften müssen auch beim mobilen Ausbilden beachtet werden?
- Sollten die Beteiligten eine darauf ausgerichtete Unterweisung oder Anweisung erhalten?
Können diese technischen Voraussetzungen nicht geschaffen werden, sollte vom mobilen Ausbilden abgesehen werden.
4. Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
Die Voraussetzungen sind:
Auch beim mobilen Lernen ist die Verantwortung für die eigene Gesundheit wichtig. Das Ausbildungsunternehmen muss sich vergewissern, dass vorgeschriebene Standards auch beim mobilen Ausbilden erfüllt und eingehalten werden.
Auch beim mobilen Ausbilden müssen die arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse und Vorschriften beispielsweise über die Gestaltung von Arbeitsplätzen und die Arbeitssicherheit Beachtung finden.
Zur Ausgestaltung sollten Sie sich folgende Fragen beantworten:
- Welche Anforderungen an den Arbeitsschutz müssen berücksichtigt werden?
- Ermöglichen die räumlichen Gegebenheiten beim mobilen Ausbilden ein weitgehend ungestörtes Lernen mit geeigneter Ausstattung beim Auszubildenden?
- Wie kann die Umsetzung gewährleistet werden? Empfehlenswert ist, sich nach der Einrichtung des mobilen Arbeitsplatzes die Gegebenheiten schriftlich beschreiben und bestätigen zu lassen. Zu achten wäre unter anderem insbesondere auf einen geeigneten Tisch, Stuhl sowie ausreichende Beleuchtung.
Können die genannten Aspekte nicht gewährleistet werden, ist vom mobilen Ausbilden abzusehen.
5. Kommunikation, Didaktik und Regeln für die Zusammenarbeit
Die Voraussetzungen sind:
Die Auszubildenden müssen sicherstellen, dass sie genau wie die Ausbildenden während der Ausbildungszeit über die vorher vereinbarten Kommunikationskanäle (zum Beispiel über das dienstliche Smartphone) erreichbar sind.
Das Ausbildungsunternehmen muss sicherstellen, dass die Auszubildenden mit der zu nutzenden Hard- und Software ausreichend vertraut sind oder geschult werden.
Auszubildende sollten beim mobilen Ausbilden Arbeits- und Privatleben im Alltag voneinander trennen und sich jeweils auf eine Tätigkeit fokussieren.
Die Ausbilder/innen sind sich ihrer Fürsorgepflicht bewusst und verfügt über die erforderlichen didaktischen Kompetenzen.
Zur Ausgestaltung sollten Sie sich folgende Fragen beantworten:
- Ist sichergestellt, dass in der Zeit des mobilen Ausbildens regelmäßig ein virtueller Austausch mit den Ausbilderinnen und Ausbildern stattfindet? Findet in der Zeit des mobilen Lernens regelmäßig ein virtueller Austausch mit Kollegen und evtl. Kunden statt?
- Ist die Einhaltung und Dokumentation von Ausbildungs- und Pausenzeiten mit allen Beteiligten (zum Beispiel technische Erfassung oder Mitteilung an die Ausbildenden) abgestimmt und datenschutzkonform ausgestaltet?
- Wann und wie wird mit den Auszubildenden besprochen, welche Lerninhalte vermittelt werden sollen? Was soll bis zu welchem Zeitpunkt als Ergebnis bzw. Lernziel erreicht sein, und wie und wann wird dieses besprochen und dokumentiert?
- Welche regelmäßigen Kontaktpunkte (Check-in/out, Jour Fixe, Unterweisungen, Termine, Gespräche) gibt es?
- Zu welchen Anlässen sollen Auszubildenden sich ansonsten melden und beispielsweise nach Feedback oder Hilfe fragen?
- Welche Kommunikationskanäle werden wann und wie eingesetzt (Telefon, E-Mail, Chat, Video-Telefonie oder MS-Teams)?
- Wie wird im Ausbildungsnachweis dokumentiert, dass die Vermittlung von Ausbildungsinhalten in virtueller Form stattgefunden hat?
Bitte wenden Sie sich bei weiteren Fragen zur konkreten Ausgestaltung des mobilen Ausbildens in Ihrem Ausbildungsbetrieb an die Ausbildungsberatung.