Recht und Steuern

Wahlempfehlungen im Arbeitsleben – Wählen im Sinne des Arbeitgebers?

Aktuell positionieren sich viele Unternehmen gegen die Positionen einiger Parteien. Ein Unternehmenslenker ging so weit, eine Warnung für die Wahl der AfD vor den anstehenden Wahlen auszusprechen. Wie ist das arbeitsrechtlich zu bewerten?
Was sagt das Arbeitsrecht zu derartigen Wahlempfehlungen? Wie stark dürfen sich Arbeitgebende politisch positionieren und ab wann ist dies womöglich eine unzulässige Beeinflussung der Beschäftigten? Bis zu welchem Grad müssen Unternehmen die politischen Ansichten ihrer Mitarbeitenden hinnehmen, wann dürfen sie ihnen kündigen oder in sonstiger Form das Ausscheiden dieser Personen aus dem eigenen Unternehmen anstreben?
Eine Vielzahl von Unternehmen hat die aktuell herrschende extrem-rechte Strömung in Deutschland kritisch beobachtet und kommentiert. In Ihren Äußerungen betonen einige u.a., dass diese rechtsextremen Kräfte die Demokratie gefährden, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands bedrohen. Es wird von einigen aber auch in Frage gestellt, ob Mitarbeitende, die diese Parteien unterstützen, zu der eigenen Unternehmenskultur passen und im Unternehmen noch erwünscht seien. Diese Unternehmen haben keine klaren Wahlempfehlungen ausgesprochen, aber deutlich anklingen lassen, wo sie politisch nicht stehen. Andere wiederum warnen davor, bei den kommenden Wahlen aus Unmut über die Ampelregierung die AfD zu wählen.  
Alle Unternehmen sind international aufgestellt, ihre Beschäftigten haben unterschiedlichste Migrationshintergründe und man ist auf ausländische Fachkräfte und die wirtschaftlichen Errungenschaften durch die Europäische Union angewiesen. Doch erlaubt diese Interessenlage solche Aussagen zu den anstehenden Wahlen? 
Unternehmen dürfen ihre Werte beschreiben und formulieren, dass die politischen Ziele einer konkreten Partei nicht vereinbar sind mit denen des Unternehmens. Nicht erlaubt sei es jedoch Mitarbeitenden zu sagen, dass man ihnen kündigt, wenn sie eine bestimmte Partei wählen. Denn derartige Aussagen könnte abhängig von der konkreten Formulierung sogar eine strafbare Wählernötigung nach § 108 des Strafgesetzbuches sein. 
Auch eine Parteimitgliedschaft von Mitarbeitenden ist reine Privatsache der Beschäftigten und darf keinen Einfluss auf das Beschäftigungsverhältnis haben.
Selbst strafrechtlich relevantes Verhalten wie etwa das Zeigen des Hitlergrußes in sozialen Medien berechtige nicht automatisch zu einer Kündigung dieser Person, solange kein Bezug zum Arbeitsverhältnis hergestellt wird. Ähnliches gilt auch für andere politische Aktivitäten, wie etwa einem Engagement bei den Klimaklebenden oder einem Protest gegen den Kohleabbau und auch gegen Israel. 
Die Grenze ist jedoch für alle politischen Meinungen da erreicht, wo der Betriebsfrieden nachhaltig gestört wird. Die Stimmabgabe für eine bestimmte Partei oder sogar die Mitgliedschaft in einer solchen Partei allein reichen dafür aber nicht aus. Das Zitieren von fremdenfeindliche Parolen oder die Forderung zur Remigration gegenüber Kolleg:innen zu artikulieren kann möglicherweise ausreichend sein, insbesondere wenn derartige Äußerungen während der Arbeitszeit geschehen.  
Solange Menschen ihre Arbeitsleistung erbringen, ist es unerheblich, was sie in ihrer Freizeit ohne Bezug zum Arbeitsverhältnis machen.
Insbesondere für einige politisch anders positionierte Arbeitgebende mögen die politischen (Wahl-)Entscheidungen Ihrer Mitarbeitenden zu einem Auseinanderfallen von Recht und Moral führen. Aber über allem steht der verfassungsgemäße Grundsatz der Wahlfreiheit – und dieser Grundsatz gilt für die Zugehörigkeit und Wahl aller nicht verbotenen Parteien.