IHK-Merkblatt (Stand: März 2024)

Arbeitnehmerüberlassung

1. Allgemeines

Die Arbeitnehmerüberlassung, auch Leiharbeit genannt, ist in dem Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) normiert. Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn ein Unternehmer als Verleiher einen seiner Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer), mit dem er einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, vorübergehend einem anderen Unternehmer als Entleiher überlässt. Dabei bleibt das Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers mit dem Verleiher, also seinem ursprünglichen Arbeitgeber, bestehen. Der Entleiher erhält jedoch ein Weisungsrecht gegenüber dem betreffenden Arbeitnehmer während der Zeit der Überlassung an ihn.

2. Überlassungshöchstdauer: 18 Monate

Die Überlassungshöchstdauer beträgt grundsätzlich 18 Monate. Das bedeutet: Sollen Leiharbeitnehmer weiterhin im gleichen Entleihbetrieb arbeiten, müssen sie grundsätzlich nach 18 Monaten von diesem Betrieb übernommen werden. Soll dies nicht geschehen, so muss der Verleiher sie aus diesem Entleihbetrieb abziehen.
Allerdings ist eine Einigung der Tarifpartner auf eine längere Überlassung durch Tarifvertrag in den einzelnen Einsatzbranchen möglich. Auch nicht tarifgebundene Entleiher können im Rahmen der in ihrer Branche geltenden tariflichen Vorgaben die Überlassungshöchstdauer verlängern. Hierzu können sie entweder einen Tarifvertrag mit einer festgelegten Überlassungshöchstdauer 1:1 mittels Betriebsvereinbarung nachzeichnen oder eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag für Betriebsvereinbarungen nutzen. Das geht aber nur, wenn der Tarifvertrag für die Einsatzbranche repräsentativ ist.

3. Erlaubnispflicht

Unternehmer, die Arbeitnehmer im Wege der Arbeitnehmerüberlassung verleihen möchten, bedürfen einer Erlaubnis. Diese Erlaubniserteilung erfolgt nur auf schriftlichen Antrag hin.
Nicht erlaubnispflichtig ist jedoch die „gelegentliche“ Arbeitnehmerüberlassung, sofern der betroffene Arbeitnehmer nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, denn auch der erstmalige Verleih eines Arbeitnehmers kann erlaubnispflichtig sein, wenn die Verleihtätigkeit des Unternehmens von vornherein auf Dauer angelegt ist.
Unternehmen mit Sitz in Rheinland-Pfalz müssen ihre Erlaubnis beantragen bei der:
Agentur für Arbeit Nürnberg
90300 Nürnberg
Telefon: +49 (911) 529 4343
Telefax: +49 (911) 529 400 4343
E-Mail-Adresse: Nuernberg.091-ANUE@arbeitsagentur.de
Zunächst wird die Erlaubnis nur befristet erteilt, sodass in den ersten drei Jahren zweimalig ein schriftlicher Verlängerungsantrag erfolgen muss. Erst nach dreijähriger erlaubter Tätigkeit im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung kann eine unbefristete Erlaubnis beantragt werden. Wird in den ersten drei Jahren einmalig kein Verlängerungsantrag gestellt, so wird die erneute Antragstellung als neuer Antrag behandelt und es muss folglich erst zwei Mal ein Antrag auf Verlängerung gestellt werden, bevor eine unbefristete Erlaubnis erteilt werden kann.
Die Erteilung einer Erlaubnis nach dem AÜG ist kostenpflichtig. So werden derzeit bei Erteilung oder Verlängerung einer befristeten Erlaubnis Gebühren in Höhe von 218 € bis 2060 € erhoben.
Die einmal erteilte Erlaubnis ist an die Person des Unternehmers gebunden. Sollte der Betriebsinhaber wechseln, so muss eine neue Erlaubnis beantragt werden, wenn weiterhin Arbeitnehmer verliehen werden sollen. Dies liegt daran, dass es bei der Erlaubniserteilung um die erforderliche Zuverlässigkeit des Antragstellers geht, die er im Rahmen des Antragsverfahrens durch die Einreichung verschiedener Belege nachweisen muss. Bei einem Wechsel des Betriebsinhabers ist folglich dessen Zuverlässigkeit neu zu belegen.
Eine Erteilung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung ist danach zu versagen, wenn der Verleiher nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dies beispielsweise deshalb, weil er unter anderem die Vorschriften des Sozialversicherungs- und Lohnsteuerrechts sowie die des Arbeitsschutzrechts nicht einhält. Eine Erlaubnis ist ebenso zu versagen, wenn der Antragsteller nach der Gestaltung seiner Betriebsorganisation nicht in der Lage ist, die üblichen Arbeitgeberpflichten ordnungsgemäß zu erfüllen oder er nicht bereit ist, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung die wesentlichen Arbeitsbedingungen des ausleihenden Betriebes, die dieser seinen Arbeitnehmern zugesteht, ebenfalls zu gewähren.

4. Ausnahmen von der Erlaubnispflicht

Einer Erlaubnis bedarf es nicht bei einer Arbeitnehmerüberlassung
  • zwischen Arbeitgebern desselben Wirtschaftszweiges zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen, wenn ein für den Entleiher und Verleiher geltender Tarifvertrag dies vorsieht.
  • zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 Aktiengesetzes, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird,
  • zwischen Arbeitgebern, wenn die Überlassung nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird, oder
  • in das Ausland, wenn der Leiharbeitnehmer in ein auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen begründetes deutsch-ausländisches Gemeinschaftsunternehmen verliehen wird, an dem der Verleiher beteiligt ist.
Durch diese Ausnahmen sollen bürokratische Förmlichkeiten in den Fällen vermieden werden, in denen der Schutzzweck des AÜG auch ohne Erlaubnis gewährleistet ist.

5. Abgrenzungsfragen

Keine Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer lediglich die Pflichten erfüllt, die seinem Arbeitgeber gegenüber dem dritten Unternehmer obliegen. In diesem Fall ist der Arbeitnehmer lediglich Erfüllungsgehilfe seines Arbeitsgebers und erfüllt dessen werk-/dienstvertragliche Pflichten gegenüber dem anderen Unternehmer. Für das Vorliegen eines Werk- oder Dienstvertrages spricht die Übernahme von Gewährleistungspflichten des Arbeitgebers.
Ebenso liegt eine Arbeitnehmerüberlassung nicht vor, wenn der Arbeitgeber einem Dritten eine seiner Maschinen mit einem seiner Arbeitgeber als Bedienungspersonal überlässt. In diesem Fall steht nicht die Arbeitnehmerüberlassung im Vordergrund, sondern die Überlassung des Gebrauchs der Sache.
Sollte jedoch der bisherige Arbeitgeber nach dem Vertragsinhalt dem dritten Unternehmer die Entscheidung darüber überlassen, wann und wie er die Arbeitskraft des Arbeitnehmers einsetzen möchte, so liegt wiederum ein Fall der Arbeitnehmerüberlassung vor. Dies liegt daran, dass der betreffende Arbeitnehmer in dem Fall in den Betrieb des Dritten eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt.

6. Pflichten des Verleihers

Spätestens einen Monat nach Beginn des vereinbarten Leiharbeitsverhältnisses hat der Verleiher seinem Arbeitnehmer die wesentlichen Vertragsbedingungen über die konkrete Arbeitnehmerüberlassung schriftlich auszuhändigen.
Der Verleiher ist ebenso verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer bei Vertragsschluss mit einem Entleiher ein Merkblatt der Erlaubnisbehörde über den wesentlichen Inhalt des AÜG auszuhändigen. Leiharbeitnehmer, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, haben Anspruch auf Aushändigung des Merkblattes in ihrer Muttersprache.
Für die Zeit der Überlassung muss der bisherige Arbeitgeber dem Leiharbeitnehmer die Arbeitsbedingungen (einschließlich des Arbeitsentgelts) gewähren, die den Arbeitnehmern im Betrieb des Entleihers zustehen.
Über den Wegfall der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat der Verleiher den Leiharbeitnehmer unverzüglich zu unterrichten.
Verträge zwischen dem Verleiher und dem Entleiher bedürfen der Schriftform und müssen die Erklärung des Verleihers darüber enthalten, ob er eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt.

7. Pflichten des Entleihers

Auf Verlangen des Leiharbeitnehmers ist der Entleiher verpflichtet, Auskunft über die in seinem Betrieb für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen zu geben.
Der Entleiher hat den Leiharbeitnehmer über offene Stellen im Unternehmen zu informieren. Dadurch soll eine Übernahme der Leiharbeitnehmer in die Stammbelegschaft erleichtert werden.

8. Folgen der unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung

Für den Fall, dass der Verleiher nicht über die nötige Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt, ist der Vertrag zwischen ihm und dem Leiharbeitnehmer unwirksam. Stattdessen gilt ein Arbeitsvertrag zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zu den Vereinbarungen als zustande gekommen, die ursprünglich zwischen Verleiher und Entleiher vereinbart worden waren. Hat der Leiharbeitnehmer seine Tätigkeit bei dem Entleiher bereits aufgenommen, so gilt der Vertrag mit dem Eintritt der Unwirksamkeit zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen.
Unter Umständen ist der Verleiher dem Leiharbeitnehmer zum Schadensersatz verpflichtet, wenn dem Arbeitnehmer dadurch, dass er auf die Wirksamkeit des Vertrages vertraut hatte, ein Schaden entstanden ist. Dies gilt nicht, wenn dem Leiharbeitnehmer der Grund für die Unwirksamkeit des Vertrages bekannt war.

9. Verbote und Sanktionen

Grundsätzlich ist die Arbeitnehmerüberlassung im Bereich des Baugewerbes für die Arbeiten unzulässig, die üblicherweise von Arbeitern ausgeführt werden. Es gelten jedoch Ausnahmebestimmungen über Regelungen für allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge oder wenn der Verleiher seit mindestens drei Jahren von denselben Rahmen- und Sozialklassentarifverträgen oder von deren Allgemeinverbindlichkeit erfasst wird.
§ 16 AÜG listet diverse Ordnungswidrigkeiten auf, die mit verschiedenen Geldbußen belegt sind. Wer Arbeitnehmer ohne Vorhandensein der erforderlichen Erlaubnis verleiht oder entleiht, handelt beispielsweise ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße belegt werden.
Strafrechtlich sanktioniert wird der Verleih und Entleih von Arbeitnehmern, die nicht über einen erforderlichen aufenthaltsrechtlichen Titel, eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung, die zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigt, besitzen.
Hinweis
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK - nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.