Konjunkturbericht der IHK Karlsruhe zum Jahresbeginn 2024

Auf dünnem Eis 

IHK-Präsident Grenke: Unsichere Rahmenbedingungen  hemmen Investitionsbereitschaft
Eine schleppende Nachfrage, Fachkräftemangel, hohe Kosten  bei Energie und Personal, wachsende bürokratische Lasten und eine deutlich gestiegene Verärgerung über das Hin und Her in  der Wirtschaftspolitik - die Stimmungslage in der regionalen Wirtschaft hat sich zum Jahresbeginn 2024 gegenüber dem vergangenen Herbst nur wenig verbessert. Im Branchendurchschnitt ist  der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Beurteilung der Geschäftslage und der Geschäftserwartungen in einem Wert dar stellt, von 100 Indexpunkten im Herbst 2023 auf 107 Punkte zu 
Jahresbeginn 2024 angestiegen und ist damit noch weit von dem  Zehn-Jahres-Durchschnitt von 126 Punkten entfernt. Die aktuelle  Geschäftslage wird von den Unternehmen insgesamt minimal positiver bewertet als noch vier Monate zuvor. 

Viele Probleme sind hausgemacht

IHK-Präsident Wolfgang Grenke: „Vier von zehn Unternehmen 
sehen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mittler weile als belastend an. Diese sind zu einem Bremsklotz für Investitionen und unternehmerisches Handeln geworden. Bei Investitionen kommt es auf die langfristige Perspektive an. Wenn wirtschaftspolitische Entscheidungen jedoch ohne Vorwarnung 
häufigen und oftmals kurzfristigen Änderungen unterliegen wie es derzeit immer wieder der Fall ist, entsteht eine Atmosphäre der Unsicherheit, die Unternehmen und Verbraucher ihr Geld lieber zusammenhalten lässt. Um die Investitionsbereitschaft steht es daher aktuell nicht zum Besten. Der Saldo der Investitionsabsichten ist gegenüber der Herbstumfrage nochmals abgesunken.“ Mit Blick auf die kommenden zwölf Monate zeigen sich die Unternehmen zwar weniger pessimistisch als im vergangenen 
Herbst, sehen aber noch keine wirklichen Anzeichen für einen konjunkturellen Aufschwung. Die Beschäftigung dürfte aufgrund der weiterhin trüben Geschäftsperspektiven und des in vielen 
Bereichen bestehenden Fachkräftemangels nur moderat zulegen.

Nur wenig Besserung

Zum Jahresbeginn 2024 hat sich im Branchendurchschnitt die Zufriedenheit der Unternehmen mit ihrer Geschäftslage nur geringfügig verbessert. Unverändert berichten 36 % der Unternehmen von (noch) gut laufenden Geschäften. 53 % der Betriebe melden eine zufriedenstellende Gesamtsituation (Herbst 2023: 
50 %). Der Anteil der Unternehmen mit kritischem Geschäftsverlauf hat sich um 3 Prozentpunkte auf 11 % verringert. Gegenüber der Vorumfrage ist der Geschäftslagesaldo somit um 3 Punkte auf aktuell 25 Punkte gestiegen. Der Rückgang der Auftragseingänge hat sich in den vergangenen Monaten etwas abgeschwächt.
Die Anteile der Unternehmen mit gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigenden bzw. fallenden 
Umsätzen hält sich mit je rund einem Drittel die Waage. Während sich die Lagebeurteilungen bei den Dienstleistern verbessert und in Industrie und Bau kaum verändert haben, hat in Groß- und Einzelhandel sowie dem Gastgewerbe die Zufriedenheit mit der eigenen wirtschaftlichen Situation abgenommen. Im Großhandel melden erstmals seit Sommer 2020 wieder mehr Unternehmen eine schlechte als eine gute Geschäftslage.

Groß- und Einzelhandel mit besonders negativen Erwartungen 

Zum Jahresbeginn 2024 fällt der Blick auf die kommenden zwölf Monate nicht mehr ganz so pessimistisch aus wie im vergangenen Herbst, insgesamt bleibt die Skepsis in den Unternehmen je doch weiter bestehen. Der Geschäftserwartungssaldo ist im Branchendurchschnitt von minus 18 Punkten auf aktuell minus 7 Punkte angestiegen. Hoffnung auf bessere Geschäfte hegen aktuell 21 % der Unternehmen nach zuvor 16 %. Der Anteil der Skeptiker ist von 34 % auf 28 % zurückgegangen. Mit Ausnahme des per Saldo positiv nach vorne schauenden Dienstleistungssektors liegen die Erwartungssalden der übrigen Wirtschaftszweige im negativen Bereich, besonders deutlich in Groß- und Einzelhandel. Top-Geschäftsrisiken sind aus Unternehmenssicht die Entwicklung der Inlandsnachfrage (64 %), der Fachkräftemangel (60 %), die hohen Arbeitskosten (51 %) und  die Energiepreise (50 %). Deutlich angestiegen sind mittlerweile die Sorgen hinsichtlich der derzeitigen Wirtschaftspolitik. Mittler weile stufen vier von zehn Unternehmen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland als Geschäftsrisiko ein. Mit der etwas zurückgegangenen Skepsis hinsichtlich der Entwicklung ihrer Geschäfte denkt das eine oder andere Unternehmen wieder über die Einstellung zusätzlicher Beschäftigter nach. Zu Jahresbeginn 2024 plant jedes vierte Unternehmen eine Ausweitung der Personalkapazitäten, sofern es geeignete Kandidaten auf dem leergefegten Fachkräftemarkt findet.

Schwieriges Umfeld für Investitionen

Das volatile konjunkturelle Umfeld, die mangelnde Verlässlichkeit bei den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und die ho hen Kosten am Standort Deutschland dämpfen die Investitionsneigung gewaltig. Der Saldo der Investitionsabsichten ist auf mi nus 13 Punkte weiter abgesackt. Nach derzeitigem Planungsstand wollen 21 % der Betriebe im laufenden Jahr mehr investieren. Immerhin 44 % der Unternehmen möchten die Investitionsausgaben konstant halten. 24 % der Betriebe wollen ihre Investitionsbudgets (weiter) reduzieren, nach wie vor 11 % werden komplett auf Investitionen verzichten. Hauptinvestitionsmotiv bleibt die Ersatzbeschaffung (62 %). Die unternehmensinterne Digitalisierung voranzutreiben steht bei 51 % der Unternehmen im Fokus. Dritthäufigstes Investitionsmotiv sind Produkt- oder Prozessinnovationen (44 %). Umweltschutz und Energieeffizienzmaßnahmen plant derzeit nicht zuletzt infolge der unvorhersehbaren Klima- und Umweltpolitik nur noch ein Drittel der Be triebe (nach 40 % im Herbst 2023). Angesichts der schwierigen Suche nach Fachkräften erwägen 28 % der Unternehmen weitere Rationalisierungsmaßnahmen. Immerhin noch fast jeder vierte Betrieb denkt über eine Erweiterung des Geschäftsbetriebes nach. Mehrfachnennungen waren möglich. IHK-Präsident Grenke appelliert: „In vielen Bereichen wächst der  Problemdruck. Neben den konjunkturellen und erheblichen geopolitischen Risiken setzen auch strukturelle Probleme wie der Fachkräftemangel, Technologieumbrüche oder hohe Energie und Finanzierungskosten den Unternehmen zu. Bei den Energie preisen ist man auch von Angebot und Nachfrage auf den Welt märkten abhängig und der Fachkräftemangel lässt sich nicht kurzfristig lösen. Aber bei den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen liegt es in der Hand der Regierung, schnellstens et was zu ändern. Unsere innovativen Betriebe sind bereit für Investitionen und stehen in den Startlöchern. Sie brauchen keine staatliche Bevormundung durch ständig neue oder sich ändernde Regeln, Auflagen und Gesetze, sondern einen starken Rückenwind aus der Politik – jetzt!“
Karlsruhe, 12.02.2024