In der Buchhandels-WG
Buchhandlung Eulennest am Leopoldsplatz Baden-Baden
Rund 200 Bücher liest Josua Straß im Jahr. Das allerdings nicht allein zum privaten Vergnügen, sondern auch aus beruflichem Interesse. Schließlich möchte der Baden-Badener Buchhändler seine Kundinnen und Kunden möglichst aus erster Hand über die aktuellen Neuerscheinungen informieren und sie vor dem Kauf kompetent beraten. Alle Neuerscheinungen schafft selbst er als Schnellleser nicht. Aber schließlich hat Straß ja zehn Mitarbeitende. „Wir nutzen unsere Schwarmintelligenz“, erzählt er.
Buchhändler Josua Straß mit Azubi Emilia Zeitvogel.
© IHK Karlsruhe
Das heutige Eulennest ist eigentlich eine Buch-Wohngemeinschaft, die sich aus den bisherigen Buchhandlungen Straß und der Kinderbuchhandlung Mäx und Moritz erst in diesem Jahr im Gebäude der ehemaligen Stadtapotheke zusammengefunden hat. Der von Tanja Eger geführte Jugendbuchladen gehört schon länger zur Buchhandlungsfamilie Straß. Jetzt arbeiten sie unter einem Dach, Seite an Seite.
Das Eulennest hat eine lange Geschichte. 1896 wurde die ursprüngliche Buchhandlung unter anderem Namen gegründet, mehrmals verkauft bis sie 1966 von der Familie Straß übernommen wurde. Josua Straß kennt die Namen aller Vorbesitzenden. Mit seinem Vater Werner hat er im Betrieb ein paar Jahre lang Seite an Seite gearbeitet, was aber durchaus mit einigen Schwierigkeiten verbunden war. Die Nachfolge neben einem übermächtigen Vater anzutreten ist in vielen Unternehmen nicht gerade einfach. Bei aller Liebe. Werner Straß ist 83-jährig im Herbst diesen Jahres verstorben. Nicht nur der Sohn, auch die IHK trauert um ihren ehemaligen Prüfungsausschussvorsitzender der Buchhändler/innen. Josua ist ihm auch in diesem Amt nachgefolgt und leitet schon seit einigen Jahren den Ausschuss. Das ist aber nicht sein einziges Ehrenamt. Straß ist Leiter der Prüfungskommission Nordbaden und Vorstandsmitglied des Börsenvereins Baden-Württemberg. Auch er selbst bildet regelmäßig aus, hat in diesem Jahr wieder einen Azubi unter den Jahresbesten.
„Der Branche geht es nicht gut“, erzählt der Buchhändler, „gerade in der Mittelschicht, der zwei Drittel unserer Kundinnen und Kunden angehören, muss man verstärkt auf die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten achten und sich einschränken.“ Dennoch: Tatsächlich lesen die Menschen, auch im Zeitalter von Netflix und TikTok, noch Bücher. Wie Tanja Eger betont, ist zunächst durch Harry Potter und später auch durch BookTok ein neuer Bücherhype entstanden. „Harry Potter hatte einen Trend zu Fantasy begründet, der so langsam wieder eher realistischen Büchern gewichen ist. Sogar Klassiker wie Jane Austens Romane, oder auch Lyrik sind wieder im Trend.“
Straß und Eger lernen gegenseitig voneinander, konzentrieren sich aber auf ihre jeweiligen Kernkompetenzen in Kinder- und Jugendbuch, bzw. Belletristik. Straß ist auch wichtig zu betonen, dass durch den Zusammenschluss keine Stellen eingespart wurden.
„Einen entscheidenden Vorteil haben wir gegenüber Amazon & Co“, berichtet er. „Um Leseförderung kümmern sich die Online-Konzerne nicht. Elternabende, Schulklassenbesuche, Fortbildungen für Erzieherinnen und Erzieher, aber auch Lesungen haben sie nicht im Angebot.“ Und gerade hier kann das Eulennest punkten. Nicht umsonst wurde die Buchhandlung Straß in den vergangenen acht Jahren schon sechsmal mit dem Deutschen Buchhandlungspreis gewürdigt wurde. Auch die Kinderbuchhandlung wurde mehrfach ausgezeichnet. Dazu gab es für die Beiden das Gütesiegel des Landes Baden-Württemberg als ausgezeichneter Lesepartner.
Kreativ ist Straß außerdem noch: Er bespielt nicht nur die Sozialen Medien, sondern hat in den Corona-Lockdowns vom ersten Tag an ausgeliefert und zwar umweltbewusst mit einem Lasten-E-Bike, das er kurz zuvor angeschafft hatte, um handlungsfähig zu bleiben. „Wir mussten keine Fördergelder in Anspruch nehmen. Innerhalb eines Tages haben wir den Laden in eine Pack- und Ladestation umgewandelt und von dort aus tausende von Kilometern zurückgelegt. Manche Menschen haben in uns ein Symbol für Hoffnung gesehen“, erinnert sich der Buchhändler.