Hochwasserschutz im Unternehmen: Frühzeitig Eigenvorsorge betreiben, für finanzielle Absicherung sorgen und regelmäßige Notfallübungen durchführen
Hochwasser sind Naturereignisse, die nicht verhindert werden können. Eine frühzeitige Hochwasservorsorge im Betrieb kann aber dazu beitragen, dass Hochwasserschäden möglichst eingedämmt werden können und der Betriebsablauf nach einem Hochwasserereignis bald wieder aufgenommen werden kann. Dazu ist es erforderlich, dass Unternehmen einen umfassenden und realistischen Hochwasser-Notfallplan erstellen. Dabei können beispielsweise folgende Schritte hilfreich sein. Letztlich sollte jedes Unternehmen jedoch aufgrund der jeweiligen Gegebenheiten individuell prüfen, wie es im Falle einer Hochwasserschutzplanung vorgehen sollte.
Gesetzliche Pflichten beachten, Hochwasserschutz auf Rechtscompliance abstimmen
Wichtige Pflicht jedes Unternehmens ist die Eigenvorsorge beim Hochwasserschutz. Unternehmen haben dabei im Rahmen des Hochwasserschutzes gesetzliche Pflichten zu beachten, wie z. B. im Rahmen der Umsetzung der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie, bei der Anwendung der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, der Störfallverordnung, etc.
Der Hochwasser-Notfallplan des Unternehmens sollte daher auf die betriebseigene Rechtscompliance abgestimmt werden (z. B. wegen Haftungsfragen), da jedes Unternehmen je nach Tätigkeitsfeld, räumlicher Lage, etc. eine eigene, spezifische potenzielle Hochwassergefährdungslage aufweist, die es in einem individuellen, rechtlich abgestimmten Notfallplan zu berücksichtigen gilt (wie z. B. Ansiedelung in einem Überschwemmungsgebiet, § 65 Landeswassergesetz; Lagerung von Gefahrstoffen, etc.).
Betriebsbezogene Hochwasserrisikoabschätzung durchführen – Hochwassergefahrenkarten einsehen, Starkregengefahr nicht unterschätzen
Jedes Unternehmen sollte frühzeitig prüfen, inwieweit es vom Hochwasser betroffen sein kann – unabhängig davon, ob es an einem Fluss oder Bach angesiedelt ist oder nicht, da ein Hochwasser z. B. auch durch Starkregen verursacht werden kann.
Mittels Hochwassergefahrenkarten (HWGK) können Unternehmen feststellen, welcher potenziellen Hochwassergefahr ihr Unternehmen durch angrenzende Gewässer ausgesetzt ist. Hochwassergefahren bilden die Überschwemmungsgefahren durch größere Oberflächengewässer ab. Die interaktive Gefahrenkarte des Landes ist auf Homepage des Umweltministeriums zum Hochwasserrisikomanagement unter www.hochwasser-bw.de (dort rechts unter dem Button „Interaktive HWGK“) abrufbar und einsehbar. In der interaktiven Gefahrenkarte kann die Kommune in das Suchfeld eingegeben werden und einzelne Gebäude herangezoomt werden. Die interaktive Gefahrenkarte des Landes bildet dabei alle bereits endgültig von den Behörden veröffentlichten Hochwassergefahrenkarten ab sowie die vorläufig veröffentlichten Hochwassergefahrenkarten.
Wichtig dabei ist: Die Starkregengefahr geht aus den Hochwassergefahrenkarten nicht hervor. Von Starkregen spricht man, wenn bei einem Regenereignis in kurzer Zeit außergewöhnlich große Niederschlagsmengen auftreten. Diese Niederschläge haben eine sehr geringe räumliche Ausdehnung, stellen aber dennoch ein schwer zu kalkulierendes Überschwemmungsrisiko dar, zumal der genaue Ort und Zeitpunkt eines Regenereignisses kaum vorherzusagen ist und es daher für die Betroffenen sehr überraschend auftreten kann. Starkregen kann zu Kellerüberschwemmungen durch einen Rückstau in der Kanalisation führen. Außerdem kann Starkregen zu einem Wassereinstau auf Straßen führen, sodass Oberflächenwasser von außen in tief liegendes Gelände eindringen kann (z. B. Kellerfenster, Garageneinfahrt). Das Betriebsgelände sollte daher auch darauf überprüft werden, ob es gegen Starkregen geschützt ist.
Im Rahmen der Hochwasserrisikoabschätzung sollte sowohl der Betrieb einer umfassenden Hochwasserrisikoabschätzung unterzogen werden als z. B. auch geprüft werden, ob im Falle eines Hochwassers ggf. vom Betrieb/ Betriebsgelände potenziell Gefahren ausgehen könnten (z. B. durch gelagerte Chemikalien). Ebenfalls wichtig kann es sein, zu prüfen, inwieweit im Falle eines Hochwassers ggf. von außen durch externe Gegebenheiten zusätzliche Gefahren für den Betrieb drohen könnten (z. B. Energieversorgung).
Bei der umfassenden Hochwasserrisikoabschätzung des Betriebs sollte z. B. auch der (bauliche) Objektschutz (wie z. B. technische Hochwasserschutzvorrichtungen, Erddämme, Mauern, mobile Dammbalkensysteme, Einsatzelemente für Eingangs- und Fensteröffnungen (= Schotts), etc.) im Betrieb einer Analyse unterzogen werden und geprüft werden, ob und ggf. an welcher Stelle Verbesserungsbedarf besteht. Dabei sollte beispielsweise auch ein potenzieller Schadenseintritt im Falle eines Hochwassereintritts geprüft werden, um feststellen zu können, an welcher Stelle (technische/ bauliche/ sonstige) Schutzmaßnahmen unbedingt vonnöten sind. Schäden können z. B. Gebäudeschaden, Schaden an der Betriebseinrichtung, Schaden an Waren, Lager, Produkten sein.
Prüfung, ob Betriebsgelände im Überschwemmungsgebiet (z. B. HQ 100) liegt
Unternehmen, die in einem Überschwemmungsgebiet angesiedelt sind, sind einem besonderen Hochwasserrisiko ausgesetzt. Daher sollte jedes Unternehmen Kenntnis darüber haben, ob es in einem Überschwemmungsgebiet angesiedelt ist oder nicht.
Als Überschwemmungsgebiet wird gemäß § 65 Landeswassergesetz (WG) ein Gebiet mit der Gefahr eines hundertjährigen Hochwassers (HQ 100) eingestuft. Ebenfalls als Überschwemmungsgebiet gelten gemäß § 65 WG Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Dämmen oder Hochufern, sowie Gebiete, die auf der Grundlage einer Planfeststellung oder Plangenehmigung für die Hochwasserentlastung oder Rückhaltung beansprucht werden.
Wichtig dabei ist: Überschwemmungsgebiete können sowohl im baulichen Innenbereich als auch Außenbereich liegen. Für Unternehmen, die im Überschwemmungsgebiet liegen, gelten bestimmte Verbote gemäß § 78 Wasserhaushaltsgesetz - wie z. B. das Verbot zur Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen. Behördliche Ausnahmen sind nur bei Vorliegen zahlreicher, gesetzlich vorgegebener Voraussetzungen möglich.
Unternehmen können Informationen dazu, ob sie mit ihrem Betriebsgelände in einem Überschwemmungsgebiet angesiedelt sind, bei der Kommune oder dem Stadt- oder Landkreis erfragen sowie mittels interaktiver Hochwassergefahrenkarte (HWGK) des Umweltministeriums (unter www.hochwasser-bw.de; dort rechts unter dem Button „Interaktive HWGK“) feststellen, ob sie in einem HQ100-Gebiet liegen. Die Hochwassergefahrenkarten haben gemäß § 65 WG deklaratorische Wirkung.
Betriebsbezogenen Notfallplan erstellen
Aufbauend auf den Ergebnissen der Risikoanalyse sollte für die konkrete betriebliche Hochwasserplanung ein Notfallplan (mit entsprechenden Schutzmaßnahmen, technischen Schutzvorrichtungen, etc.) erstellt werden, der insbesondere
- auf den Betrieb und dessen Lage zugeschnitten ist,
- die betriebseigenen Hochwasserrisiken umfassend erfasst,
- mit der betrieblichen Rechtscompliance abgestimmt ist.
Der Notfallplan sollte auch auf die interne betriebliche Rechtscompliance abgestimmt werden (z. B. wegen Haftungsfragen).
Notfallplan: Vorsorge- und Nachsorgemaßnahmen festlegen
Der betriebseigene Notfallplan kann dabei einen Katalog an Maßnahmen
- vor dem Hochwasserereignis (z. B. technische Hochwasserschutzvorrichtungen aktivieren/ Objektschutz in Gang setzen, Evakuierungsmaßnahmen, Sichern von Anlagen/ Maschinen/ Betriebsmittel, Wegfahren des Kfz-Fuhrparks aus der Gefahrenzone, Inbetriebnahme von Hochwasserschutzvorrichtungen, etc.),
- während des Hochwassereintritts (z. B. Kommunikation mit Lieferanten und Kunden, betriebliches Abpumpen des Wassers) und
- nach dem Hochwasserereignis im Unternehmen (z. B. Dokumentation des Schadens für Versicherung, Koordination der Aufräumarbeiten, Information wichtiger Stellen (z. B. Behörden))
vorsehen.
Für die Hochwasserschutzplanung im Unternehmen ist es wichtig, bereits frühzeitig festzulegen, wie sich der Krisenstab zusammensetzt und welche Mitarbeiter konkret für welche Maßnahmen/ Aufgaben/ Abläufe örtlich, zeitlich und praktisch zuständig sind. Damit kann im Notfall ein reibungsloser zeitlicher Ablauf der einzelnen Schutzmaßnahmen (z. B. Wegfahren des betriebseigenen Kfz-Fuhrparks) und weiterer Maßnahmen (z. B. Do-kumentation des Schadens für die Versicherung) gewährleistet werden. Neben den Zuständigkeiten sollten auch die Verantwortlichkeiten im Betrieb bereits sehr zeitig detailliert geregelt sein. Darüber hinaus sollten auch die Entscheidungswege festgelegt werden, d. h. wer trifft welche Entscheidungen (z. B. Freigabe im Unternehmen zum Start der Hochwasserschutz- und Evakuierungsmaßnahmen) und sollte wen worüber informieren. Zudem sollten auch die Kommunikationswege festgelegt werden, um einen stetigen Informationsfluss sicher zu stellen. Dabei ist auch die Erreichbarkeit der jeweiligen Mitglieder des Krisenstabs wichtig, um eine reibungslose interne/ externe Kommunikation sicherstellen zu können.
Auch der Aktivierungsaufwand (zeitlich, personell, sachbezogen, etc.) für eine Maßnahme sollte im Vorhinein kalkuliert werden. Dabei ist es wichtig, dass die einzelnen Schutzmaßnahmen reibungslos ineinandergreifen; dies sollte bei der Notfallplanung ebenfalls bedacht werden.
Für die Erstellung eines betrieblichen Hochwasser-Notfallplanes kann es zudem sehr wichtig sein, die Hochwasservorwarnzeiten als essentiellen Zeitfaktor zu kennen und einzuplanen. Denn je nachdem, wie die Vorlaufzeiten eines Betriebs für ein Hochwasser sind (dies hängt u. a. auch vom zeitlichen und personellen Aktivierungsaufwand für eine Maßnahme ab), errechnet sich daraus, wieviel Zeit letztlich noch für Schutzmaßnahmen zur Verfügung steht. Bei einem großen Flusshochwasser kann die Vorwarnzeit oft mehrere Tage betragen, bei kleineren Flüssen oder Sturzfluten ist sie wesentlich kürzer. Dies kann die Wahl der Vorsorgemaßnahmen ggf. erheblich beeinflussen. Wasserstandsvorhersagen für rund 90 Pegel in Baden-Württemberg und Frühwarnungen für kleine Einzugsgebiete sind z. B. bei der Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg abrufbar (unter: http://www.hvz.baden-wuerttemberg.de/). Informationen zu einer möglichen Vorwarnzeit für die jeweilige Region können in der Anlage 1 in den Hinweisen zu den Wasserstands- und Abflussvorhersagen der Hochwasservorhersagezentrale der LUBW (unter: http://www.hvz.baden-wuerttemberg.de/pdf/Hinweise-WHM-Vorhersage.pdf) entnommen werden.
Wichtiges Ziel des Notfallplanes ist es, sicherstellen zu können, dass der Betrieb nach einem Hochwasserereignis schnellstmöglich wieder aufgenommen werden kann.
Finanzielle Schadensvorsorge betreiben (z. B. durch Versicherung)
Die (ggf. zu erweiternden) finanziellen Schadensvorsorgeelemente des Betriebs - bestehende Versicherungsverträge, finanzielle Rücklagen, etc. – sollten einer regelmäßigen umfassenden Prüfung unterzogen werden. Für Informationen zu Versicherungsmöglichkeiten des Betriebs sollten sich Unternehmen an ihren Versicherungsträger wenden.
Information Dritter über betrieblichen Notfallplan
Für die Umsetzung des betrieblichen Notfallplanes kann es ggf. hilfreich, notwendig, erforderlich oder gesetzlich verpflichtend vorgesehen sein, Dritte über den eigenen Notfallplan zu informieren, wie z. B. die gemeindliche Feuerwehr, zuständige Behörden, etc.
Umsetzung des Notfallplanes, regelmäßige Überprüfung und Notfallübungen
Der Notfallplan sollte schnellstmöglich im Unternehmen umgesetzt und einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen werden. Nach einem Hochwasserereignis sollte der Notfallplan ggf. überarbeitet und angepasst werden. Regelmäßige betriebliche Notfallübungen sind hilfreich, um im tatsächlichen Hochwasserfall einen möglichst routinierten Ablauf der Umsetzungsschritte gewährleisten zu können.
Regelmäßige Wartung der technischen Schutzvorrichtungen und Notfalleinrichtungen
Der Umgang mit den technischen Hochwasserschutzvorrichtungen und Notfalleinrichtungen (z. B. Notstromaggregat) durch die im Betrieb zuständige Person(en) sollte bekannt sein und die Schutzeinrichtungen ohne große Zeitverzögerung genutzt werden können. Dazu ist es wichtig, dass die technischen Einrichtungen, die das Unternehmen im Hochwasserereignis nutzen will, auch tatsächlich im Notfall einwandfrei und ohne Zeitverzögerung funktionieren. Die zuständigen Personen sollten sich daher mit den technischen Einrichtungen vertraut machen und die Nutzung und Funktionsweise kennen. Darüber hinaus ist wichtig, dass diese Einrichtungen regelmäßig gewartet werden, um die Einsatzbereitschaft der technischen Schutzeinrichtungen und –vorrichtungen im Notfall sicherstellen zu können.