22.05.2024

Steuereinnahmen wachsen weniger als bisher erwartet

Die Ergebnisse der 166. Steuerschätzung korrigieren den Pfad der Mehreinnahmen bis 2028 nach unten. Angesichts der schwachen konjunkturellen Entwicklung und den IST-Zahlen zu den Einnahmen aus dem ersten Quartal 2024 bedarf es selbst für das Erreichen dieser neuen Schätzung noch einer deutlichen Erholung.
Die Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen fallen geringer aus als mit der letzten Schätzung von Oktober 2023 angenommen.  Die Gesamteinnahmen sollen in diesem Jahr insgesamt 950,3 Milliarden Euro betragen (2023: 915 Milliarden Euro). Das sind 13,8 Milliarden Euro weniger als noch von der Novemberschätzung 2023 prognostiziert.
Im kommenden Jahr 2025 wird jetzt mit Einnahmen in Höhe von 995,2 Milliarden Euro gerechnet (21,9 Milliarden Euro weniger als im November geschätzt). Die Korrektur nach unten setzt sich bis zum Ende des Schätzzeitraums 2028 fort. Kumuliert fallen die Mehreinnahmen bis 2028 um 80,7 Milliarden Euro geringer aus.
Den größten Teil der geringeren Mehreinnahmen hat der Bund zu tragen. 2024 sind es 5,6 Milliarden Euro, 2025 sind es 11 Milliarden Euro. Da die Haushaltsplanung immer einen Sicherheitsabschlag beim Ansatz der Steuereinnahmen vornimmt, gibt es nach Aussage von Bundesfinanzminister Lindner im Kernhaushalt für das Jahr 2024 einen Handlungsbedarf von rd. 2 Milliarden Euro. Ohne unerwartete andere Mehrausgaben ist das ein Betrag, der im Regelfall im Rahmen des regulären Haushaltsvollzuges eingespart werden kann, u.a. wenn einzelne Maßnahmen aus dem Bundeshaushalt nicht umgesetzt werden können.  

Vor allem Einnahmen aus den gemeinschaftlichen Steuern fallen geringer aus

Mindereinnahmen gegenüber der Oktober-Schätzung sind dabei bei fast allen aufkommensstarken Gemeinschaftsteuern zu verzeichnen. Lediglich das erwartete Aufkommen aus der Abgeltungsteuer wurde nach oben revidiert. Darin spiegeln sich die Zinserträge in Deutschland wider, die deutlich stärker gestiegen sind als angenommen worden war.
Sowohl die Körperschaftsteuereinnahmen als auch die Einnahmen aus der veranlagten Einkommensteuer der Personenunternehmen und Selbständigen steigen geringer als erwartet. Für 2024 werden sogar echte Mindereinnahmen bei diesen beiden Steuerarten erwartet. Dahinter verbergen sich aber nicht nur die konjunkturelle Lage, sondern auch Entlastungen wie z. B. aus dem Wachstumschancengesetz.  
Die Gewerbesteuereinnahmen für 2024 wurden nicht angepasst (Schätzung: 75,5 Milliarden Euro). In den Folgejahren fallen die Einnahmen jeweils 2 Mrd. Euro niedriger aus als bisher geschätzt. Am Ende des Schätzzeitraumes 2028 sollen die Gewerbesteuereinnahmen dann 87,3 Milliarden Euro betragen.

DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben zur heutigen Steuerschätzung: „Nur erfolgreiche Unternehmen sichern Steuereinnahmen“

„Mit weniger Wirtschaft lässt sich auch weniger Staat machen. Die schwachen Wachstumsdaten hinterlassen ihre Spuren bei den Steuereinnahmen. Deshalb sind die Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung ein Weckruf, die Rahmenbedingungen für die Unternehmen am Standort Deutschland zu verbessern. Denn nur dann kann sich auch wieder eine gute, stabile Aufwärtsentwicklung bei den öffentlichen Haushalten einstellen. Im Vergleich zur Schätzung im Herbst des Vorjahres fehlen in diesem Jahr gesamtstaatlich knapp 14 und in 2025 fast 22 Mrd. Euro. Es kommt jetzt darauf an, dass der Staat die zur Verfügung stehenden Mittel effektiv und effizient nutzt, um international wettbewerbsfähige Bedingungen für die Unternehmen zu schaffen. Nur erfolgreiche Betriebe, die attraktive Arbeitsplätze erhalten und schaffen, sichern die zukünftigen Einnahmen von Bund, Ländern und Kommunen. Mehr Schulden zu machen, schwächt den Standort Deutschland zusätzlich, weil die Prioritätensetzung auf die lange Bank geschoben wird und die dadurch entstehenden Belastungen durch Tilgungs- und Zinszahlungen die zukünftigen Haushalte belasten. Unser Land braucht jetzt vor allem Investitionen, insbesondere von privaten Akteuren. Dafür muss die Bundesregierung die richtigen Anreize setzen, zum Beispiel für einen Wettbewerb von Ideen und Innovationen. Es gilt, die Planungen und Genehmigungen für die Modernisierung der Infrastruktur und die Energiewende schneller zu erteilen. Die Steuerbelastung der Unternehmen sollte gesenkt werden – und zwar über das hinaus, was wegen den Inflationseffekten ohnehin ausgeglichen werden muss. Zum Beispiel könnte der Soli komplett abgeschafft werden. Mit dem Gesetzgebungsverfahren des Bürokratieentlastungsgesetzes sollten weitere Maßnahmen zu einem radikalen Abbau unnötiger Bürokratie genutzt werden.“
Aus dem Steuer-Newsletter der DIHK (Ausgabe Nr. 5/2024)