USA
USA: Steuern im Blick – Experteninterview
Geschäfte bringen in der Regel nicht nur Geld, sondern müssen auch versteuert werden. Dies gilt auch für die Geschäfte deutscher Unternehmen mit den USA. Wann welche Steuern zu zahlen sind, ist oft schwer nachzuvollziehen, da die steuerliche Beurteilung von US-Geschäften selten den deutschen oder europäischen Regeln entsprechen. Warum der Vergleich zwischen den USA und Deutschland hinkt, hat Maik Friebe, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, CPA (USA), Rödl & Partner, Rödl Langford de Kock LLP, Atlanta in einem Interview mit der IHK Hannover, das auf der IHK-Website zur Verfügung steht, bereits erklärt. Hier gibt er auch Antworten auf andere steuerliche Fragen, die deutsche Betriebe im Geschäft mit den USA regelmäßig beschäftigen: Die umsatzsteuerliche Behandlung von Exporten und Dienstleistungen, das US-Gesellschaftsrecht, die W-8-Formulare oder das Check-the-Box Verfahren. Ein Jahr später trifft die IHK Hannover ihn erneut, um zu erfahren, welche steuerlichen Themen deutsche Unternehmen 2024 im Geschäft mit den USA sehr beschäftigen.
Sales und Use Tax als Dauerbrenner
Maik Friebe, Rödl & Partner„Die Sales und Use Tax bleibt ein Dauerbrenner“, meint Friebe. Das sieht auch die IHK Hannover so – Anfragen zur Steuerpflicht in Verbindung mit einer Lieferung von Waren in die USA erreichen die Fachleute dort viele. Die Sache mit dem Nexus bereitet deutschen Betrieben immer wieder Kopfzerbrechen.
Aber von vorne:
Statt Mehrwertsteuer spricht man in den USA von der Sales Tax. Wirklich vergleichbar mit der deutschen Mehrwertsteuer ist sie nicht – wenngleich es sich auch um eine Verkaufssteuer handelt, die bei der Veräußerung von Waren in den meisten US-Bundesstaaten anfällt. Zum Beispiel gibt es in den USA keinen landesweit einheitlichen Steuersatz – die Bundesstaaten entscheiden selbst, auf welche Produkte, in welcher Höhe und ob überhaupt Sales Tax zu zahlen ist.
Grundsätzlich sind erst einmal alle Warengeschäfte deutscher Unternehmen in den USA steuerpflichtig, wenn ein so genannter Nexus vorliegt. Dieser Nexus ist vor allem an eine physische Präsenz geknüpft – das Konzept der steuerlichen Betriebsstätte ist vielen Unternehmen in diesem Zusammenhang bekannt. Ein solcher Nexus, könnte beispielsweise durch ein Büro vor Ort, ein eigenes, aber auch fremdes Warenlager, lokale Mitarbeitende, aber auch durch Cookies auf Servern oder Affiliate Marketing ausgelöst werden. Oder aber auch durch signifikante Umsätze oder die Zahl der Transaktionen eines deutschen Unternehmens in den USA. Einen economic nexus nennt man es dann, den derzeit 46 US-Bundestaaten ab einem bestimmten Schwellenwert an Umsätzen begründet sehen. Ab welchem Schwellenwert, das ist allerdings Sache eines jeden Bundesstaates. Der eine sieht es so, der andere so.
Kompliziert? Ein Beispiel: Eine Warenlieferung eines deutschen Unternehmens, die einen Umsatz von 100.000 US-Dollar bringt, würde im Bundesstaat Nevada der Sales Tax unterliegen. Gleiches gilt, wenn derselbe Betrieb nur einen Umsatz von 1000 US-Dollar erzielen würde – dies aber durch mindestens 200 Geschäftsvorgänge. Im Bundesstaat Kalifornien wäre der Betrieb allerdings nicht zur Einbehaltung und Abführung der Sales Tax verpflichtet. Die Gewinnschwelle liegt aktuell bei 500.000 US-Dollar.
So weit so gut. Macht es aber einen Unterschied, ob die Ware B-2-B oder B-2-C geliefert wird?
„Durchaus“, erklärt Maik Friebe. „Die Sales Tax wird nämlich auf der Stufe der Endverbraucherinnen und Endverbraucher erhoben. Der Verkauf von Waren an Produktionsunternehmen oder Wiederverkäufer und Wiederverkäuferinnen kann somit komplett oder zumindest teilweise – das hängt von den Gesetzgebungen der Bundesstaaten ab – von der Sales Tax befreit werden. Hierfür gibt es das sogenannten „Sales Tax Exemption Certificate“. Im Privatkundengeschäft gibt es diese Befreiung nicht. Hier ist das Unternehmen zur steuerlichen Registrierung in den USA, dem Einbehalten und Abführen der Sales Tax verpflichtet.“
…womit wir automatisch auf einen Vertriebskanal zu sprechen kommen, über den viele deutsche Unternehmen ihre Waren auch an Privatleute verkaufen. Das World Wide Web – oder besser gesagt, elektronische Marktplätze wie Amazon, Ebay & Co. oder natürlich auch den eigenen Onlineshop.
Friebe: „Ja, der Verkauf von Waren über das Internet unterliegt grundsätzlich der Sales Tax. Insofern wären Betriebe verpflichtet sich über die Regelungen der Sales Tax in den jeweiligen Bundesstaaten der Kunden und Kundinnen zu informieren und diese gegebenfalls einzubehalten, bzw. die entsprechenden Meldungen dazu zu machen und abzuführen. In vielen US-Bundesstaaten gibt es allerdings inzwischen Gesetze, denen zufolge Marktplatzanbietende im Namen ihrer Drittanbietenden die Sales Tax auf durch sie abgewickelte Transaktionen erheben und abführen müssen. Heißt: Große Plattformen wie Amazon und Co. übernehmen diese Aufgabe in der Regel für deutsche Unternehmen. Das vereinfacht die Sache, sollte im Vorfeld aber abgeklärt und sichergestellt werden. Es kann nämlich durchaus einen Unterschied machen, ob Waren über Amazon und Etsy oder über Walmart oder Shopify in den USA vertrieben werden. Die eine Plattform gilt als sogenannter ,Marketplace Facilitator‘, die andere vielleicht nicht. Der eine Bundesstaat kennt die Regelung zum Gesetz; der andere legt diese Transaktion anders aus. Grundsätzlich gibt es unter den Bundesstaaten allerdings viele Gemeinsamkeiten. Komplizierter wird es, wenn Produkte über den eigenen Webshop in die USA verkauft werden. In diesem Fall könnte das deutsche Unternehmen gezwungen sein, diese Schritte selbst zu gehen. Das hängt einmal wieder vom Steuergesetz des Bundesstaates ab. Der legt dann auch fest, ob die Sales Tax Filings monatlich, quartalsweise, halbjährlich oder jährlich erfolgen müssen“, erklärt Friebe. „Unternehmen sind daher gut beraten sich über die aktuelle Gesetzeslage in den jeweiligen Bundesstaaten auf dem Laufenden zu halten und ihre individuelle Steuerpflicht anhand der verkauften Produktart, der Nexus-Voraussetzungen und der Marketplace-Gesetze zu prüfen.Fragen zur Sales und Use Tax kommen aber auch von Dienstleistern und Dienstleisterinnen. Dienstleistungen sind in der Regel in den USA gar nicht steuerbar. Dennoch gibt es Ausnahmen. Eine ist der bereits erwähnte Economic Nexus. Dann gibt aber auch in den einzelnen US-Bundesstaaten bestimmte Sonderregelungen. Bei Software as a Service (Saas) zum Beispiel.“
W-8BEN, WE-8BEN/E, W-IMY – immer wieder Thema
„Ein zweiter Kassenschlager sind die W-8-Formulare. Immer häufiger finden Unternehmen diese Formulare den Auftragspapieren ihrer amerikanischen Kundinnen und Kunden beigefügt. Selbsterklärend sind sie jedoch nicht. ,Disregarded entity‘ oder ,corporation‘, ,active NFFE‘ oder ,passive NFFE‘, ,U.S. taxpayer identification number (TIN)‘ oder ,Foreign TIN‘ et cetera pp. Es existieren Ausfüllanleitungen auf der Webseite des IRS. Doch auch diese helfen vielen deutschen Unternehmen nur in begrenztem Umfang. Und oftmals – wir sind darauf bereits in unserem letzten Gespräch eingegangen – sind Unternehmen prinzipiell gar nicht verpflichtet, diese Formulare auszufüllen, da sie von den Melde- und Offenlegungspflichten gegenüber der US-Steuerbehörde vielfach nicht betroffen sind. Im Zweifel rate ich aber dazu, lieber ein Formular zu viel als zu wenig auszufüllen, insbesondere wenn konkret danach gefragt wird. So können US-amerikanische Kunden im Fall einer Betriebsprüfung nachweisen, dass keine Quellensteuer auf das Geschäft mit dem deutschen Betrieb hätte abgeführt werden müssen. Und um die Quellensteuer geht es am Ende des Tages meistens.“, erklärt Maik Friebe.
Von Gründungsstaaten und US-Rechtsformen
Das Geschäft zwischen Deutschland und den USA boomt – die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in den USA haben laut Financial Times im vergangenen Jahr einen Rekord erreicht. Mehr und mehr Unternehmen denken über eine Gründung in den USA nach. Aber wie und wo? Auch das US-Gesellschaftsrecht wird Thema des am 9. April stattfindenden Workshops sein.
Friebe:„ Nicht einfach zu beantworten. Nach wie vor hört man von steuerlich attraktiven Gründungsstaaten. Manche raten zu Delaware, andere meinen vielleicht Wyoming sei die eierlegende Wollmilchsau. Warum es meiner Meinung nach wenig sinnvoll ist, bei der Standortwahl auf die Steuerhöhen der einzelnen Bundesstaaten zu schauen, habe ich bereits in unserem letzten Gespräch erläutert. Sales und Income Tax fallen in der Regel am Erfüllungsort an. Unternehmen sollten also eher darauf schauen, in welchen Bundesstaaten der Großteil ihrer Kundinnen und Kunden sitzen. Das verspricht sowohl vertriebstechnisch als auch steuerlich die größten Vorteile. Und dann spielen natürlich auch noch andere Aspekte eine Rolle. Die Infrastruktur. Die Verfügbarkeit von Personal. Der Ausbildungsstand et cetera pp.“, antwortet Maik Friebe. „In Erwägung zu ziehen sind natürlich auch mögliche Fördermittel in den einzelnen US-Bundesstaaten und vor allem den örtlichen Kommunen und Gemeinden. Hier gibt es wirklich attraktive Programme.“
In den USA existiert kein bundeseinheitliches normiertes Gesellschaftsrecht. Die Gesetzgebungskompetenz obliegt auf diesem Gebiet einmal wieder den Bundesstaaten. Jeder Bundesstaat hat seine eigenen Regelungen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Und damit auch seine eigenen Steuerarten und -höhen. In Bezug auf die Rechtsform ist für viele die LLC das Nonplusultra; genauso viele verteufeln sie und raten zur Gründung einer Corporation. In unserem letzten Gespräch (Auf ein Gespräch zum Thema Steuern im US-Geschäft - IHK Hannover) gab es Ihrerseits bereits einige Anmerkungen hierzu:
„Ja. Die Klassiker sind hier ganz klar die Corporation (Inc) und die Limited Partnership (LP). Hier werden wir im Rahmen des Workshops noch einmal auf die Vor- und Nachteile zu sprechen kommen. Dies übrigens auch mit Blick auf die US-Wahlen in diesem Jahr. Kann oder wird es zu tiefgreifenden Veränderungen kommen? Im Moment sieht alles nach einem Duell zwischen dem amtierenden US Präsidenten Joe Biden und dem Ex-Präsidenten Donald Trump aus. In der Agenda von Biden sind nach wie vor Steuererhöhungen für Kapitalgesellschaften und auch Privatpersonen vorgesehen. Trump würde vermutlich weniger in die Steuerlandschaft eingreifen.“, antwortet Maik Friebe.
Stand: 19.11.2024