Gasmangellage - Genehmigungsfragen beim Brennstoffwechsel
- Was umfasst der Brennstoffwechsel (Fuel Switch)?
- Wann ist eine Genehmigung erforderlich?
- Geänderte gesetzliche Bestimmungen für den Fuel Switch
- Biologische Behandlung von Abfällen
- AwSV-Sonderverordnung
- Änderung des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG)
- Was gilt, wenn die Brennstoffumstellung nicht genehmigt werden muss?
Was umfasst der Brennstoffwechsel (Fuel Switch)?
Angesichts der aktuellen, unsicheren Gasversorgungssituation in Deutschland, suchen viele Unternehmen nach Alternativen. Oft sind noch alte Heizöltanks oder Brenner, die sowohl Gas als auch Heizöl bzw. Diesel (Dual Fuel) verfeuern können vorhanden. Andere könnten von Gas- auf Kohle- oder Holzfeuerung umstellen. Auch der Umstieg auf LNG (Liquefied Natural Gas - Flüssigerdgas) oder LPG (Liquefied Petroleum Gas - Flüssiggas) ist möglich. Die Thematik von Grenzwertüberschreitungen aufgrund fehlender Rohstoffe für die Abgasreinigung fällt ebenfalls unter die Regelungen zum Fuel Switch. Die rechtlichen Voraussetzungen sind ebenso vielfältig wie die in der Praxis anzutreffenden Fallkonstellationen. Deshalb sollten sich Anlagenbetreiber zuerst bei ihrer zuständigen Behörde (Immissionsschutzbehörde) erkundigen, ob und wie ein Wechsel auf andere Energieträger möglich ist. Ob Ausnahme, Genehmigung oder Anzeige: Meist muss für diesen Prozess einiges an Unterlagen und Prüfungen vorbereitet werden.
Wann ist eine Genehmigung erforderlich?
Eine Genehmigung der Immissionsschutzbehörde muss bei der Änderung oder Errichtung genehmigungsbedürftiger Anlagen eingeholt werden. Das ist bei folgenden Anlagen der Fall:
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Die Anlage erreicht die Leistungsgrenzen der 4. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSCHV):
Diese Werte finden sich im Anhang 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) und sind je nach Art der Anlage oder Brennstoff sehr unterschiedlich.
Bei Feuerungsanlagen zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser oder Prozesswärme liegt die Schwelle beispielsweise:- - für Kohle oder Holz bei 1 Megawatt (MW),
- - für Heizöl EL und Erdgas bei 20 MW,
- - für Biogas bei 10 MW
- - für Verbrennungsmotor- oder Gasturbinenanlagen bei 1 MW
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Bis 50 MW können die Genehmigungsverfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Alle Einheiten in Feuerungswärmeleistung (thermisch). Für andere Feuerungs- oder Industrieanlagen, die Erdgas einsetzen, gelten gesonderte Schwellenwerte.
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Eine Genehmigungspflicht kann auch bei der Lagerung von Brennstoffen eintreten. Für Flüssiggas ist das beispielsweise schon ab drei Tonnen der Fall.
Die Genehmigungspflicht gilt nur für Anlagen, die länger als zwölf Monate an demselben Ort betrieben werden. Mobile Anlagen oder solche, die nur übergangsweise genutzt werden sollen, benötigen deshalb in vielen Fällen keine Genehmigung.
Auch die wesentliche Änderung einer Anlage kann genehmigungsbedürftig sein. Fällt eine Brennstoffumstellung allerdings unter eine der neuen Ausnahmemöglichkeiten, ist dies in der Regel nicht notwendig (siehe unten).
Geänderte gesetzliche Bestimmungen für den Fuel Switch
Am 26. Oktober 2022 wurden auf Bundesebene – befristet auf zwei Jahre – umfangreiche Erleichterungen für die Genehmigung einer Brennstoffumstellung eingeführt. Bereits zum Juli 2022 sind Änderungen in Kraft getreten. Durch die erfolgten Änderungen des BImSchG, der 4. BImSchV, der 30. BImSchV, der 44. BImSchV sowie der AwsV-Sonderverordnung gilt nun für den Brennstoffwechsel (Fuel Switch) folgende Rechtslage:
§ 31 a-d BImSchG
Um angesichts der aktuellen Lage flexibel reagieren zu können, hat der Gesetzgeber bereits zum Juli 2022 Ausnahmen von den sonst üblichen langen Genehmigungsverfahren beschlossen, die aus Sicht der Wirtschaft allerdings nicht ausreichend waren. In den neuen § 31 a-d des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) wurden Ausnahmen für Schwefeldioxidemissionen beschlossen (allerdings nur bis zu sechs Monaten) sowie Ausnahmen für andere Emissionen (allerdings sind diese auf nur zehn Tage begrenzt). Wenn der Anlagenbetreiber der Behörde nachweist, dass ein längerer Zeitraum gerechtfertigt ist, kann diese Zeitdauer überschritten werden. Durch die ausgerufene Alarmstufe Gas sind die Tatbestandsvoraussetzungen der benannten Regelungen als gegeben anzusehen und müssen vom Anlagenbetreiber nicht gesondert nachgewiesen werden.
§ 31 e BImSchG
Unter bestimmten Voraussetzungen kann mit der Errichtung sowie dem Betrieb der Anlage bereits vor Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung begonnen werden. Der vorzeitige Beginn kann auch bereits vor der Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen. Diese Erleichterungen gelten aber nur im Rahmen der geltenden EU-Vorgaben im Rahmen der Richtlinie 2010/75/EU (IED) oder 2012/18/EU (Seveso-RL).
§ 31 f BImSchG
Die Beteiligung der Öffentlichkeit im Genehmigungsverfahren wird auf eine Woche anstatt des sonst üblichen Monats reduziert. Die Zeit für Einwendungen wird ebenfalls auf eine Woche verkürzt (anstatt der sonst üblichen zwei Wochen). Auf Erörterungstermine soll verzichtet werden.
§ 31 g BImSchG
Es bedarf weder einer Änderungsanzeige nach § 15, noch einer Änderungsgenehmigung nach § 16, wenn der Anlagenbetreiber bei der zuständigen Behörde die Zulassung einer Ausnahme nach den Bestimmungen dieses Paragrafen beantragt. Das betrifft Ausnahmen:
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nach den obigen §§ 31a-d (Abweichungen von Emissionsgrenzwerten der 13. und 44. BImSchV) sowie:
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§ 23 der Verordnung über Großfeuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen
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§§ 6 Abs. 6 und 24 der Verordnung über Verbrennung und Mitverbrennung von Abfällen
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§ 16 der Verordnung über Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen
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§ 11 der Verordnung zur Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen bei der Verwendung organischer Lösungsmittel
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§ 32 der Verordnung über mittelgroße Feuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen
Die Ausnahmen sind jeweils zeitlich befristet.
§ 31 h BImSchG
Anlagen nach der vierten BImSchV, die nicht länger als zwei Jahre betrieben werden und ein Fassungsvermögen von 200 Tonnen nicht überschreiten, sind im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG zu genehmigen. Die Genehmigung ergeht zeitlich befristet. Störfallbetriebe sind von der Regelung ausgeschlossen.
§ 31 i BImSchG
Abweichungen von den Anforderungen der Nr. 5 der TA Luft sollen im Zusammenhang mit der Gasmangellage zugelassen werden. Es bedarf weder einer Anzeige nach § 15, noch einer Änderungsgenehmigung nach § 16, wenn der Betreiber Abweichungen nach diesem Paragrafen beantragt. Anforderungen der Richtlinie 2010/75/EU (IED) bleiben hiervon unberührt.
§ 31 j BImSchG
Auf Antrag des Betreibers sollen Überschreitungen von Immissionsrichtwerten nach Nummer 7.1 der TA Lärm zugelassen werden. Es bedarf auch hier weder einer Anzeige nach § 15, noch einer Änderungsgenehmigung nach § 16.
§ 31 k BImSchG
Die obigen Regelungen sind auch auf bereits begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Verfahren anzuwenden. Ein Verfahrensschritt, der bereits begonnen, aber noch nicht abgeschlossen wurde, ist neu zu beginnen, wenn er nach den neuen Regelungen durchgeführt wird. Abweichend sollen bereits begonnene Verfahren nach alten Regelungen beendet werden, wenn es dadurch schneller abgeschlossen werden kann.
Biologische Behandlung von Abfällen
Bei Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen können zur Vermeidung von Anlagenstillständen auch Abweichungen von genehmigten Emissionswerten nach der 30. BImSchV zugelassen werden.
AwSV-Sonderverordnung
Für den Wechsel des Brennstoffes oder die Erhöhung von Lagerkapazitäten wurden, auf zwei Jahre befristete, abweichende Vorschriften durch eine Änderung der Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) erlassen. Die Änderungen umfassen die Errichtung, wesentliche Änderung, Inbetriebnahme und erneute Inbetriebnahme einer stillgelegten Anlage außerhalb von Schutzgebieten. Neu ist:
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Die Anzeigepflicht (§ 2 BG-V) nach § 40 Absatz 1 AwSV (6 Wochen vor Errichten oder wesentlichen Änderung) entfällt. Jedoch müssen Sachverständigenprüfungen vor Inbetriebnahme durchgeführt werden
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Eignungsfeststellungen (§ 3 BG-V) können nach § 63 Absatz 1 WHG entfallen, wenn Anlagenteile doppelwandig sind und über ein Leckanzeigesystem verfügen oder einwandig und in Rückhalteeinrichtungen errichtet werden.
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Wesentliche Änderungen (§ 4 BG-V) sind mit Sachverständigengutachten und keinen oder geringfügigen Mängeln möglich. Die Beseitigung erheblicher oder gefährlicher Mängel muss vorher bestätigt worden sein.
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Für bereits stillgelegte Anlagen (frühere Heizöltanks) (§ 5 BG-V) soll eine Eignungsfeststellung mit den ursprünglichen Unterlagen einschließlich der ursprünglichen Genehmigung dieser Lageranlage durchgeführt werden können. Die Eignungsfeststellung kann entfallen, wenn ein Sachverständigengutachten zu treffende Maßnahmen festlegt und ihre Durchführung bescheinigt.
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Abfüllflächen (§ 6 BG-V) können abweichend von der AwSV auf Asphalt- oder Betonbauweise betrieben werden. Allerdings muss dies auf hydrologisch günstigen Standorten und mindestens zehn Meter vom Oberflächengewässer entfernt erfolgen. Außerdem müssen organisatorische Maßnahmen "in Abstimmung mit Sachverständigen" getroffen werden: Verschließen von Kanaleinläufen, Bereitstellen von Bindemitteln, Auffangbehältern und durchgehende Überwachung. An die Tankfahrzeuge werden besondere Anforderungen gestellt (§ 7 BG-V). Diese Anlagen dürfen zudem nur für maximal zwölf Monate beziehungsweise länger nur mit Genehmigung der Behörde betrieben werden.
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Wiederkehrende Prüfpflichten (§ 8 BG-V) können bis zu zwölf Monaten verschoben werden.
Änderung des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG)
Zur Erleichterung des Brennstoffwechsels sollen für den Anlagenbetrieb befristete Ausnahmen von den Vorgaben der Betriebssicherheitsverordnung gelten. Weiter wurde mit dem § 30a eine Neuregelung aufgenommen. Demnach kann die grundsätzlich vorher einzuholende Erlaubnis für die Errichtung oder die Änderung überwachungsbedürftiger Anlagen erst nach der Umsetzung beantragt werden. Allerdings jedoch maximal drei Monate nach Erteilung der Prüfbescheinigung, welche im Rahmen einer zwingenden Inbetriebnahmeprüfung zu erwerben ist.
Was gilt, wenn die Brennstoffumstellung nicht genehmigt werden muss?
Für das Errichten einer neuen Feuerungsanlage unterhalb der Leistungsschwelle der 4. BImSchV kann ein Baugenehmigungsverfahren notwendig werden. Das kann auch für das Errichten eines Gebäudes für einen Heizöltank gelten. Je nach Bauordnung des Bundeslandes werden diese Anlagen bis zu einer bestimmten Größe (Heizöl beispielsweise bis zehn Kubikmeter) jedoch freigestellt. Dann reicht meist eine Anzeige. Unternehmen sollten sich zu den notwendigen Schritten beim zuständigen Bauamt oder bei einem Schornsteinfeger erkundigen.
Wenn keine Genehmigung für den Einsatz eines anderen Brennstoffes in einer bestehenden Anlage notwendig ist, muss sie für Anlagen von 1 bis 50 MW dennoch angezeigt werden (§ 6 44. BImSchV). Bei vielen Öl- oder Gasfeuerungsanlagen ab 4 Kilowatt ist die Einhaltung der geltenden Grenzwerte zudem von einer Schornsteinfegerin oder einem Schornsteinfeger durch Messungen festzustellen.
Neben den immissionsschutzrechtlichen Vorschriften sind bei Heizöltanks auch wasserrechtliche Pflichten zu beachten: Die meisten Heizöltanks (außerhalb von Schutzgebieten beispielsweise ab einem Kubikmeter) müssen vor Inbetriebnahme von einem Sachverständigen geprüft werden. Das Errichten oder die Änderung ist sechs Wochen zuvor anzuzeigen.
Flüssiggastanks müssen zudem vor Inbetriebnahme auf ihre Betriebssicherheit geprüft werden. Je nach Anlage sind dazu sogenannte befähigte Personen, TRF-Sachkundigen oder zugelassene Überwachungsstellen zu beauftragen.
Für beide Anlagen gelten im Fall des Brennstoffwechsels Ausnahmen (siehe oben – AwsV-Sonderverordnung).
Zusätzlich müssen Vorgaben an die Standsicherheit, Brandschutz, Betriebssicherheit oder den Arbeitsschutz eingehalten werden.