Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz

Am 1. August 2024 ist das Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) in Kraft getreten und bringt umfassende Änderungen und Erweiterungen im bestehenden Berufsbildungsgesetz (BBiG) mit sich. Diese Neuerungen zielen darauf ab, die berufliche Bildung moderner und inklusiver zu gestalten. Die wichtigsten Änderungen:

rotes Paragrafenzeichen im Vordergrund

Validierung beruflicher Kompetenzen

Mit dem Gesetz sollen berufliche Kompetenzen, die unabhängig von einer formalen Berufsausbildung mit Abschluss erworben wurden, aber einer solchen vergleichbar sind, festgestellt und bescheinigt werden können. Diese „Validierung“ soll die Kompetenzen im System der beruflichen Bildung anschlussfähig machen. Zu dem Verfahren soll zugelassen werden können, wer das Eineinhalbfache der Zeit, die als Ausbildungsdauer im Referenzberuf vorgesehen ist, in diesem tätig war. Auf Anregung des Bundesrates wurde eine Altersgrenze von 25 Jahren festgelegt.

Die neuen Regelungen zum Feststellungsverfahren sind ab 1. Januar 2025 anzuwenden. Aktuell liegt noch keine „Verfahrensverordnung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vor. Diese Verordnung soll weitere Details des beruflichen Feststellungsverfahrens regeln. Eine Antragsstellung ist daher frühestens ab Januar 2025 möglich.

Weitere Informationen:

Digitaler Ausbildungsvertrag und Empfangsnachweis

Um einen zeitgemäßen, vollständig medienbruchfreien digitalen Prozess zu ermöglichen, ist der in § 11 Absatz 1 BBiG verankerte Ausschluss der elektronischen Form beim Ausbildungsvertrag aufgehoben worden. Zudem wird die Abfassung der wesentlichen Inhalte des Ausbildungsverhältnisses in Textform ermöglicht. Dabei muss sichergestellt sein, dass sich der Vertragstext beim Empfänger abspeichern und ausdrucken (zum Beispiel als PDF) lässt. Dies gilt auch für Vertragsänderungen wie Abkürzungen oder Verlängerung der Ausbildungszeit.

Darüber wird gemäß § 11 Absatz 2 BBiG bei elektronischer Abfassung des Vertragstextes der Empfang an Auszubildende und deren gesetzliche Vertreter und Vertreterinnen zu dokumentieren (Empfangsnachweis) sein. Auszubildende sind verpflichtet, den Empfang des Vertragstextes zu bestätigen. Der Vertragstext und der Empfangsnachweis sind von den Ausbildungsbetrieben für die Dauer von drei Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem das Ausbildungsverhältnis beendet wurde, aufzubewahren.

Die elektronischen Kontaktdaten (zum Beispiel E-Mail) des Auszubildenden, der gesetzlichen Vertreter sowie des Ausbildenden sind verpflichtend anzugeben.
Eine Änderung des digitalen Ausbildungsvertrags im Online-Portal wird derzeit vorbereitet.

Anrechnung der Berufsschulzeit auf die Ausbildungszeit

Die Berufsschulunterrichtszeit einschließlich der Pausen und Wegezeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsstätte wird nach § 15 BBiG auf die Ausbildungszeit angerechnet. Neu ist, dass auch die Wegezeiten ausdrücklich zur Arbeitszeit zählen. Die Regelung ist zusätzlich auf die Teilnahmen an Ausbildungsmaßnahmen und Prüfungen erweitert worden.
  • Auszubildende dürfen vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigt werden.
  • Erwachsene und Jugendliche sind dabei an Berufsschultagen mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche, unter Anrechnung der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit, freizustellen.
  • Die Berufsschulunterrichtszeit am zweiten Berufsschultag oder an Tagen mit bis zu fünf Unterrichtsstunden ist einschließlich der Pausen und der notwendigen Wegezeiten zwischen Berufsschule und Ausbildungsstätte auf die tägliche Arbeitszeit anzurechnen.
  • In Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden (an mindestens fünf Tagen) muss der Auszubildende, unter Anrechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Ausbildungszeit, freigestellt werden.

Mobiles Ausbilden

lächelnde Frau mit Headset am Laptop
Im § 28 Absatz 2 BBiG ist die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen auch digital mobil auszubilden, verankert. Ausbildungsteile können nun unter bestimmten Voraussetzungen digital und mobil durchgeführt werden, was größere Flexibilität und Anpassung an moderne Technologien ermöglicht.
Dafür müssen mindestens drei Bedingungen erfüllt werden:
  • Um die Ausbildungsinhalte zu vermitteln, muss Informationstechnik eingesetzt werden.
  • Die Ausbildungsinhalte, die während mobiler Ausbildung erlernet werden sollen, müssen dafür geeignet sein. Auch die Aufenthaltsorte von Azubi und Ausbildenden während der mobilen Ausbildung müssen geeignet sein.
  • Die Ausbildungsinhalte dürfen nicht schlechter vermittelt werden als im Betrieb. Das heißt: Ausbildende oder Ausbildungsbeauftragte müssen zu betriebsüblichen Zeiten jederzeit erreichbar sein, den Lernprozess steuern und auch die Lernfortschritte weiterhin kontrollieren können.
Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass Ausbildungsinhalte in einem angemessenen Umfang auch im Rahmen mobiler Ausbildung vermittelt werden können. Eine vollständige “mobile Ausbildung” ist dadurch ausgeschlossen.

Zudem erfolgt eine Ergänzung in § 14 BBiG, die die von den Ausbildenden kostenlos zur Verfügung zu stellenden Ausbildungsmittel im Hinblick auf das nun nach § 28 BBiG ermöglichte digitale mobile Ausbilden präzisiert. Hierfür zusätzlich erforderliche Hard- und Software (zum Beispiel Laptop) ist für die Auszubildenden dem Sinn und Zweck dieser Ausbildungsform entsprechend auch außerhalb der Ausbildungsstätte zur Verfügung zu stellen.
Weitere Informationen:
  • Mobiles Ausbilden
  • BiBB-Empfehlung Mobiles Ausbilden

Digitales Ausbildungszeugnis

Ausbildende haben den Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis kann seit dem 1. August 2024 mit Einwilligung der Auszubildenden in elektronischer Form erteilt werden (§ 16 Absatz 1 Satz 2 BBiG).

Haben Ausbildende die Berufsausbildung nicht selbst durchgeführt, so soll auch der Ausbilder oder die Ausbilderin das Zeugnis unterschreiben.

Eröffnung einer virtuellen Prüfungsteilnahme für Prüfende als Option

Gemäß § 42a BBiG kann die IHK bestimmen, dass bei der Abnahme und Bewertung von Prüfungsleistungen, Prüfende unter Einsatz von Videotechnik unter bestimmten Voraussetzungen teilnehmen. Mindestens ein Prüfer/eine Prüferin muss beispielsweise vor Ort in Präsenz anwesend sein.
Die DIHK hatte zum Referentenentwurf des BVaDiG im Dezember 2023 ausführlich Stellung bezogen: DIHK-Stellungnahme Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz