Prüfungspflichten bei Absage eines schwerbehinderten Bewerbers
Bei der Absage eines schwerbehinderten Bewerbers ist besondere Sorgfalt geboten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied nun, dass Arbeitgebern, die schwerbehinderten Bewerbern eine Absage erteilen, ohne vorher die Schwerbehindertenvertretung sowie den Betriebs- und Personalrat zu informieren, der Vorwurf der Diskriminierung zur Last gelegt wird. Für die betroffenen Arbeitgeber besteht sodann die Pflicht und zugleich die Schwierigkeit, diesen Vorwurf zu widerlegen, sodass für sie die Zahlung einer Entschädigung droht.
Konkret ging es um einen schwerbehinderten Bewerber, der sich im August 2019 bei einem Unternehmen auf eine im Internet ausgeschriebene Stelle als „Scrum Master Energy“ bewarb. Auf seine Schwerbehinderung wies er im Rahmen seines Bewerbungsschreibens deutlich hin. Nachdem er per E-Mail eine Absage erhielt, machte er gegenüber der Arbeitgeberin einen Entschädigungsanspruch auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) geltend. Die Absage sowie die Verweigerung der Entschädigungszahlung begründete die Arbeitgeberin gegenüber dem Bewerber damit, dass er die notwendigen Anforderungen an die ausgeschriebene Stelle nicht erfülle. Der Bewerber forderte die Arbeitgeberin sodann dazu auf, ihm zu beweisen, dass sie alle Bewerber gleich behandelt habe. Auf das Verlangen des Bewerbers reagierte die Arbeitgeberin allerdings nicht.
Mithilfe einer Entschädigungsklage vor dem Arbeitsgericht Hamburg (ArbG) verfolgte er daraufhin seinen Entschädigungsanspruch weiter. Der Bewerber machte dabei vor Gericht geltend, dass die Arbeitgeberin die notwendige Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung sowie des Betriebs- und Personalrats über seine Bewerbung unterlassen habe. Die Arbeitgeberin bestritt die Anschuldigung mit dem Argument, dass es sich dabei um eine bloße Behauptung handle. Die Klage wurde daraufhin vom ArbG abgewiesen. Ebenso wies das Landesarbeitsgericht Hamburg (LAG) die anschließende Berufung des Urteils des ArbG zurück. Das BAG hat wiederum die darauffolgende Revision angenommen und einen entsprechenden Entschädigungsanspruch für begründet erklärt.
Obwohl der Bewerber sich seinerseits im Rahmen seines Vorwurfs selbst nur auf eine Behauptung stützte, habe dieser laut des BAG jedoch alles Mögliche getan, um den Anforderungen seiner Beweislast zu genügen. Der Bewerber befinde sich nämlich in einer Position, in welcher ihm lediglich die Berufung auf Behauptungen möglich ist. So hätte allein die Arbeitgeberin den Nachweis erbringen müssen, dass die Ungleichbehandlung nicht aufgrund der Behinderung des Bewerbers erfolgte, sondern aufgrund dessen, dass er den Anforderungen der Stellenausschreibung nicht entspreche. Abschließend betonte das BAG, dass eine derartige Ungleichbehandlung allerdings nur dann gerechtfertigt werden könne, wenn die nicht erfüllten Anforderungen für das Berufsbild unverzichtbar sind, was in diesem Fall jedoch nicht gegeben war (BAG, Urteil v. 14. Juni 2023, Az. 8 AZR 136/22).
Praxishinweis
Der Bewerbungsprozess sollte vom Arbeitgeber in allen Einzelheiten dokumentiert werden, um zu beweisen, dass von einem Bewerber beanstandete Verfahrensfehler nicht begangen wurden. Die Unterlagen des Bewerbungsverfahrens sollten maximal sechs Monate aufbewahrt werden. Die Frist beginnt mit dem Zugang der Ablehnung.
Der Bewerbungsprozess sollte vom Arbeitgeber in allen Einzelheiten dokumentiert werden, um zu beweisen, dass von einem Bewerber beanstandete Verfahrensfehler nicht begangen wurden. Die Unterlagen des Bewerbungsverfahrens sollten maximal sechs Monate aufbewahrt werden. Die Frist beginnt mit dem Zugang der Ablehnung.