Betriebe sollten sich frühzeitig gegen künftige Pandemien wappnen
Der abgewandelte Sepp-Herberger-Spruch „Nach der Pandemie ist vor der Pandemie“ ist sicherlich etwas flapsig vor dem Hintergrund des großen Leids, das das Coronavirus mit sich gebracht hat. Aber er weist in die richtige Richtung: Die Betriebe sollten sich spätestens jetzt mit guten Konzepten strategisch gegen künftige Ausbrüche wappnen, so Dr. med. Marie-Luise Fritz von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall. Ende Januar bei einer Veranstaltung des SIHK-FachForums Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Pandemien – um das eingangs kurz zu definieren – sind Phasen, in denen ein krankmachender Erreger, der leicht übertragbar ist, gegen den die Bevölkerung keine Abwehrkräfte hat und für den es weder Impfung noch Behandlungsmöglichkeiten gibt, sich weltweit verbreitet. In Pandemie stecken die altgriechischen Wörter „pan“ für „gesamt“ und „demos“, „Volk“. Eine Epidemie hat im Gegensatz dazu ein begrenztes Verbreitungsgebiet (so wie das Epizentrum ein begrenztes Gebiet über einem Erdbebenherd ist).
Corona ist die größte Epidemie seit der Spanischen Grippe 1918
Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte der Epidemien und Pandemien. Pest, Pocken und Cholera fallen jedem sofort ein, aber immer wieder wurden die Menschen von derlei Katastrophen heimgesucht. Aus der neueren Zeit sind vor allem die Hong-Kong-Grippe (1968) mit einer Million Toten, die asiatische Grippe (1957) mit 1,5 Millionen Toten und die Spanische Grippe (1918) mit zwischen 20 und 40 Millionen Toten zu nennen. Damit ist die Corona-Pandemie (bislang schon mehr als zwei Millionen Tote) die verheerendste seit über 100 Jahren.
Es ist kaum zu erwarten, dass wir nicht auf weitere Pandemien zutreiben. Deshalb ist es wichtig, sich strategisch darauf vorzubereiten und schon im Vorfeld ein paar Weichen zu stellen, beim nächsten Mal besser aufgestellt zu sein. Pandemien haben sogar einen Vorteil, der Planenden in die Karten spielt: Sie kommen im Gegensatz zu Großschadensfällen wie Brand, Erdbeben oder Tsunami mit Ansage, haben also in der Regel eine längere Vorlaufzeit.
Die Pandemieplanung sollte immer ein Teil der Gefährdungsbeurteilung sein. Für die Allgemeinmedizinerin und Betriebsärztin Dr. Fritz ist es wichtig, dass für dieses Projekt möglichst viele Kompetenzen genutzt werden. Mit an den Tisch gehören nicht nur die Betriebsärztin bzw. der Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit, sondern etwa auch die Geschäftsleitung, Personalabteilung, Finanzabteilung, das Facility Management, die IT-Abteilung und die Arbeitnehmervertretung. Eingebunden werden sollten auf jeden Fall auch externe Organisationen wie das Gesundheitsamt, die Bezirksregierung oder die Berufsgenossenschaft, die Unternehmen auch bei diesem Thema mit Informationsmaterialien, Rat und Tat zur Seite steht. Auch Bund und Länder geben Empfehlungen zur Pandemieplanung heraus.
Verantwortliche benennen und Plan aufstellen
„Am Ende der Planungsphase sollte ein Pandemieverantwortlicher bzw. ein Pandemieteam sowie gut handhabbarer und pflegeleichter Pandemieplan stehen“, sagt Dr. Fritz: „Der muss kein riesiges, mustergültiges, alle Eventualitäten abdeckendes Opus sein. Er sollte nur die wesentlichen Punkte regeln, die vor, während und nach der Pandemie zu beachten sind.“
Zum Inhalt können hier nur einige wenige Stichworte genannt werden.
Vor dem Ereignis:
- betriebliche und personelle Planung
- Beschaffung von Medizin- und Hygienematerial
- Kommunikation und Information
- vorbereitende medizinische Planung
Während des Ereignisses:
- Aufrechterhaltung des Minimalbetriebs
- Organisatorische Maßnahmen für das Personal
- Externe Information
- Medizinische Maßnahmen
- Maßnahmen für Angehörige und Auslandsmitarbeiter
Nach dem Ereignis:
- Betriebsfunktionen in Normalzustand bringen
- Mitarbeiter über betriebliche Bewältigung der Pandemie informieren
- Pandemiefolgen für den Betrieb auswerten
- Mängel des Pandemieplans analysieren und beseitigen
Der letzte Punkt sollte natürlich auch schon im Vorfeld beachtet werden. Ist ein Pandemieplan erstellt, sollte er jährlich herausgeholt und etwa hinsichtlich der Kontaktpersonen und -daten und der Rechtslage sowie der betrieblichen Gegebenheiten überprüft werden.
Über diese Stichworte hinausgehende Informationen zum Inhalt eines Pandemieplans enthalten viele Veröffentlichungen, die im Netz hinterlegt sind. In der Auswahl werden Sie sicherlich Hinweise finden, die Sie auf dem Weg zu einem Pandemieplan unterstützen.
Ausgewählte Links:
- Handbuch Betriebliche Pandemieplanung (Bundesamt für Bevölkerungsschutz)
- Checkliste für Firmen im Rahmen der Pandemie-Planung (Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW))
- 10 Tipps zur betrieblichen Pandemieplanung (Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW), Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI), Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV))
- Notfall-Handbuch für Unternehmen (SIHK zu Hagen)
- BGHM-Newsroom zu Corona
1-2-2021