Mehr alternative Baustoffe für eine bessere Umwelt
Thüringer Umwelttag der IHKs zu neuen gesetzlichen Regelungen
Ersatzbaustoffe aus mineralischen Abfällen wie Bau- und Abbruchmaterial oder Schlacken und Aschen aus thermischen Prozessen müssen künftig mehr Akzeptanz bekommen. Am 1. August 2023 treten mit der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) neue Regeln in Kraft. Diese bestimmen dann erstmals bundeseinheitlich die Anforderungen an Qualität und Sicherheit dieser Baustoffe. Das ist ein großer Vorteil im Vergleich zu den bisher geltenden 16 unterschiedlichen Länderregelungen. Auf dem heutigen Umwelttag der Thüringer Industrie- und Handelskammern in Gera tauschten sich über 150 Unternehmer, Vertreter von Landesbehörden und Forschungseinrichtungen über die neuen Anforderungen von Ersatzbaustoffen aus.
Die Unternehmer kritisierten, dass damit die Zulassung von Ersatzbaustoffen noch stärker reguliert wird und die Unternehmen insgesamt umfangreichere Vorgaben umsetzen müssen. Zudem forderten sie, dass auch die öffentliche Hand bei Ausschreibungen in Bauprojekten künftig den stärkeren Einsatz von alternativen Baustoffen akzeptieren müsse.
„Ein Problem wird mit der neuen Verordnung weiterhin nicht gelöst“, betont Dr. Wieland Kögel, Geschäftsführer der BIT Tiefbauplanung GmbH und Vorsitzender des IHK-Ausschusses Energie und Umwelt der IHK Ostthüringen. „Die Unternehmer wünschen sich endlich eine spürbare Akzeptanz von Ersatzbaustoffen. Denn aktuell werden diese in Bauprojekten öffentlicher Auftraggeber nicht ausreichend eingesetzt. Das ist nicht länger hinnehmbar, gerade wenn die Politik Recycling und Kreislaufwirtschaft einfordert, aber selbst nicht einsetzt. Die Vorbildrolle des Staates könnte beispielsweise mit einer Quotenregelung für den Einsatz von gütegesicherten Recyclingbaustoffen bei öffentlichen Bauprojekten umgesetzt werden. Denkbar ist auch eine verpflichtende Prüfung der Einsatzmöglichkeiten für Ersatzbaustoffe bei öffentlichen Baumaßnahmen“, so Kögel weiter.
Die Potenziale des Baustoffrecyclings werden aktuell weder qualitativ noch quantitativ ausgeschöpft. Durch die gezielte Nachfrage und den verstärkten Einsatz von Recyclingbaustoffen können die Entsorgungs- und Baustoffkosten langfristig gesenkt werden. Jeder Bauherr kann damit einen aktiven Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. Denn Recyclingbaustoffe schonen nicht nur natürliche Ressourcen, sie sparen auch Deponiekapazitäten und verringern somit die Umweltbelastung. Nachteilig ist allerdings der Prüfaufwand für RC-Baustoffe aus dem größten Abfallstrom, dem Bauschutt sowie Boden und Steinen mit ca. 190 Mio. Tonnen je Jahr (Stand 2018) in Deutschland.
Der Thüringer Umwelttag gab einen Überblick über die wichtigsten Neuregelungen, Änderungen und Anforderungen der Rahmenverordnung, insbesondere der Ersatzbaustoffverordnung. Ebenso erhielten die Teilnehmer praxisnahe Tipps und Empfehlungen aus Wirtschaft und Verwaltung.
Zum Hintergrund:
Mineralische Abfälle sind mit mehr als 260 Mio. Tonnen (2017) der mengenmäßig größte Abfallstrom in Deutschland. Dieser Abfallstrom unterteilt sich in Bau- und Abbruchabfälle (ca. 215 Mio. Tonnen) sowie die sogenannten industriellen Nebenprodukte (ca. 48 Mio. Tonnen), zu denen insbesondere Flugaschen aus Kohlekraftwerken und Eisenhüttenschlacken zählen.
Das Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV) hat im Herbst 2022 und somit vor dem Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung am 1.August2023 eine Novelle der Ersatzbaustoffverordnung angestoßen. Damit sollen notwendige rechtliche Korrekturen und Klarstellungen für einen erfolgreichen Vollzug aktualisiert werden.
Von der Einführung der Ersatzbaustoffverordnung betroffen sind insbesondere Hersteller und Nutzer mineralischer Ersatzbaustoffe. Dazu zählen einerseits u. a. stationäre und mobile Aufbereitungsanlagen für Recycling-Baustoffe, metallerzeugende Industriebetriebe und Abfallverbrennungsanlagen, andererseits vor allem der Straßen- und Schienenverkehrswegebau. Von der Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und der Altlastenverordnung sind aufgrund der dort vorgesehenen Erweiterungen des Regelungsbereichs insbesondere Bauherren und Bauunternehmer in Bezug auf größere Bauvorhaben sowie mit der Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauen befasste Unternehmen betroffen. Mit dem Vollzug der Mantelverordnung insgesamt werden insbesondere die Bau- und Umweltbehörden der Länder befasst sein.
27.06.2023, ba